Duisburg. .

Karl Pavan sitzt in seinem Gärtchen. Der Tisch ist gedeckt, Kaffee mit Milch, ein Stückchen Kuchen. Der Meidericher genießt den sonnigen Tag. Und er erzählt mit milder Stimme. Aber was er sagt, rumpelt in diese Idylle hinein: „Wer nicht kämpfen kann, nicht leiden kann, der muss gar nicht erst anfangen. Ich muss auch kämpfen, immer.“ Am Sonntag startet Karl Pavan zum 28. Mal beim Marathon in Duisburg. Er ist 87 Jahre alt.

Pathos schwingt nicht mit, wenn Pavan das Motto ausgibt. Nur anders geht es eben nicht. „Irgendwann machen sich die Schmerzen bemerkbar. Aber die gehen weg. Dann kommen Zweifel. Du blöder Hund könntest jetzt auf dem Sofa liegen. Auch die gehen weg. Man darf nur nicht aufgeben!“ So kommt Karl Pavan ins Ziel. Als letzter Läufer, aber das macht ihm nichts. Denn dazwischen erlebt er auch Schönes. „Manchmal fange ich einfach an zu träumen, das ist das Beste.“

Ein französischer Freund seit 2004

In den 60er Jahren begann Karl Pavan als Mittdreißiger damit, dem Deutschen Sportabzeichen hinterherzujagen. Beim Laufen scheiterte er, die 3000 Meter schaffte er nicht. „Ich hab’ sofort mit dem Rauchen aufgehört. 14 Tage später hat es dann geklappt“, erzählt er. Als 1981 der Startschuss zum ersten Duisburg-Marathon fiel, wollte Pavan selbstverständlich mitlaufen. Dass er damals als Letzter ankam, wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Er trainierte, und „fünf oder sechs Mal bin ich dann auch nach drei Stunden und 45 Minuten angekommen“. Dieser guten Zeit jagt er längst nicht mehr hinterher – nur noch dem Gefühl, das man beim Zieleinlauf hat. „Es ist so schön.“ Auch heute noch, wo er wieder als Letzter ankommt. „Die Zuschauer sind weg, aber es warten immer 30, 40 Leute auf mich. Alle, die da stehen, lade ich dann zum Bier ein!“

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Ein Pils wird am Sonntag wieder an Michel Descombes gehen. Seit 2004 ist der französische Läufer an Pavans Seite. „Ich hatte damals Krämpfe, 17 Kilometer vor dem Ziel. Da kam Michel.“ Er sagte zum Duisburger, dass er die Arme heben, dabei durchatmen solle. Und wenn er weiterlaufe, würde er ihn bis zum Ziel im Stadion begleiten. Pavan lief, Descombes hielt Wort. Seitdem sind sie Freunde.

"Ein bisschen älter geworden"

Zweimal, verrät Pavan, der dabei gleich etwas leiser spricht, haben sich die beiden verlaufen. „In Großenbaum hätten wir links gemusst, sind aber geradeaus. Da haben wir jemanden gefragt, um die Strecke zu finden, das waren fast zwei Kilometer mehr.“ Und einmal in Meiderich, „da müsste ich mich ja auskennen“. „Wir sind aus Versehen Hobbyläufern hinterher, die gar nicht beim Marathon waren. Da haben wir abgekürzt. Das sind Sachen, die mache ich nicht gerne“, sagt er ernst. Es waren aber nur ein paar hundert Meter, der Umweg durch Großenbaum gleicht das leicht aus.

Bis er 90 ist, möchte Karl Pavan noch starten. „In den letzten zwei Jahren hab’ ich gemerkt, dass ich ein bisschen älter geworden bin. Aber wenn sich Michel auch anmeldet, sind wir schon zwei. Dann klappt’s.