Duisburg. Fast drei Jahre nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten fürchtet ein Opferanwalt, dass es eventuell nie zu einer Anklage kommen wird. Die komplexe Ereignis-Kette sei für die Beweisführung äußerst schwierig, sagt Kriminologieprofessor Thomas Feltes. Er stellt deshalb eine Forderung auf.

Die Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten vor knapp drei Jahren in Duisburg könnte nach Auffassung eines Kriminologen wegen der schwierigen Beweisführung ohne strafrechtliche Aufarbeitung bleiben. "Die Staatsanwaltschaft wird nur dann Anklage erheben, wenn sie mit 99-prozentiger Sicherheit mit einer Verurteilung rechnet", sagte Thomas Feltes, Professor für Kriminologie an der Ruhr-Universität Bochum, der Nachrichtenagentur dpa. Feltes vertritt den Angehörigen eines Todesopfers der Loveparade-Katastrophe im Juli 2010 in strafrechtlichen Belangen.

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"Für eine Verurteilung muss ich zweifelsfrei nachweisen, dass die Person wesentlich zum Tod oder zu Verletzungen beigetragen hat", so Feltes. Aufgrund der komplexen Kette von Ereignissen bei der Katastrophe sei diese Beweisführung äußerst schwierig. Er selbst habe seinen Mandanten daher auf die Möglichkeit vorbereitet, dass es gar nicht zur Anklage kommen werde.

Ein Strafverfahren sei nicht dazu da, Ereignisse aufzuklären, sondern individuelle strafrechtlich-relevante Schuld festzustellen, so Feltes weiter. "Wird das Verfahren eingestellt, kann man daraus keine politische oder moralische Unschuld ableiten." Das Aufklärungsinteresse der Angehörigen bleibe daher riesig.

Opferanwalt fordert einen unabhängigen Untersuchungsausschuss

Feltes forderte die Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses. "Das ist der einzig mögliche Weg, auch politische Verantwortlichkeiten zu klären. Welche Rolle spielten Polizei, Innenminister und Duisburger Stadtspitze? Solche Fragen könnten in einem solchen Ausschuss am besten geklärt werden."

Ein halbes Jahr nach dem Unglück hatte der Düsseldorfer Landtag einen Untersuchungsausschuss mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren abgelehnt.

Bei dem Technofest in Duisburg am 24. Juli 2010 war eine Massenpanik ausgebrochen. 21 Menschen kamen ums Leben, mehr als 500 wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 15 Beschuldigte, darunter Mitarbeiter der Stadt Duisburg. Anklage hat die Behörde noch nicht erhoben. Sie macht keine Angaben dazu, wann mit einem Ergebnis der Ermittlungen zu rechnen ist. (dpa)