Duisburg. Vor drei Monaten zog eine 24-Jährige in Duisburg-Walsum in ihre erste eigene Wohnung. Doch an den Wänden blüht dort mittlerweile nur der Schimmel. Was folgt, ist das alte Lied: Der Vermieter gibt seiner Mieterin dafür die Schuld. Mieterverein rät: bloß nicht kündigen!
Stefanie Lawrenz (24) sehnt den Frühling herbei. Um sie herum blüht es in den heimischen vier Wänden in Walsum aber schon seit Wochen. Nur, dass die Wohnung keine Blumen zieren, sondern der Schimmel an den Decken sprießt.
„Die erste eigene Wohnung - und dann so etwas“, ärgert sich die Auszubildende. Im Dezember zog sie mit ihrem Freund in die 58 Quadratmeter große Zweieinhalbzimmer-Wohnung unter dem Dach an der Schillerstraße. „Bei der Wohnungsbesichtigung war uns in zwei Ecken kleinerer Schimmelbefall aufgefallen“, so die junge Frau. Der Vermieter habe beruhigt: Das sei nur, weil die Wohnung lange leer gestanden habe. Als das Paar einzog, seien die Stellen übertüncht gewesen.
Immobilien-Büro Fischer gibt Mietern die Schuld
„Doch nach wenigen Wochen kam der Schimmel aus allen Ecken“, so Stefanie Lawrenz. „Nach dem ersten Schnee wurde es ganz übel.“ Inzwischen sind die Zimmerdecken mehr oder weniger mit schwarzem Schimmel überzogen. Dort, wo Wände und Decken zusammenstoßen, blühen Kulturen in vielen Farben zwischen grau-blauen Flocken, wie man sie sonst nur von Brot kennt. Ihre Bemühungen, beim Verwalter der Immobilie Abhilfe zu schaffen, seien bislang erfolglos gewesen, erzählt Stefanie Lawrenz. „Da hieß es nur, wir würden nicht genug lüften und heizen.“
Das Immobilien-Büro Fischer in Dinslaken verwaltet die Wohnung im Auftrag der Eigentümerin, schloss den Mietvertrag ab. Christian Fischer ist sicher: „Das ist Mieterverschulden!“ Das habe er schriftlich. Auf 20 Seiten. Schließlich habe ein Gutachter die Wohnung besichtigt. „Wir sind daran interessiert, so etwas zukünftig zu vermeiden. Das ist nämlich kostspielig.“ Der „Sachverständige für Schimmelbefall“ ist übrigens ein Malermeister aus Dinslaken, der als „Kooperationspartner“ auf der Homepage des Immobilienbüros auftaucht und das entsprechende TÜV-Zertifikat durch mehrtägige Schulungen erhielt.
Mieterin fürchtet um ihre Gesundheit
Stefanie Lawrenz hat das Gutachten nie gesehen. „Wir heizen tüchtig und lüften mehrfach täglich“, betont sie. Daran könne es kaum liegen. Das meint auch Nachbarin Inge Seitz. „Ich hatte die Wohnung früher und habe auch mit Schimmel gekämpft.“ Und nach ihrem Umzug in die Etage darunter - die beiden anderen Wohnungen im Haus stehen leer - geht es dort nun auch los: An den Außenwänden in Schlafzimmer und Küche ist in Deckennähe Schimmel zu sehen. „Ich habe auch nur zu hören bekommen, dass ich nicht genug heize und lüfte.“
Stefanie Lawrenz fürchtet um ihre Gesundheit, weil sie Asthma hat. Sie würde ausziehen, hätten sie und ihr Freund nicht die gesamte Barschaft in die neue Wohnung gesteckt.
Gang zum Gericht als letzte Option
„Bloß nicht kündigen“, rät Peter Hess vom Mieterschutzbund Duisburg. Denn dadurch würde ein Mieter alle Ansprüche, zum Beispiel für die Erstattung von Umzugskosten, verlieren. „Als erstes sollte man beim Vermieter schriftlich Mängelbeseitigung verlangen und sich Mietminderung vorbehalten“, rät der Experte. Das könne als Grundlage für weitere Schritte dienen, zum Beispiel um das Wohnungsamt der Stadt einzuschalten, bei dem eine Fachstelle den Verfall von Wohnraum zu verhindern suche. Und bei Mietminderung: das Geld zurücklegen. „Sonst gibt es Probleme, falls man doch zahlen muss.“
Probleme mit Schimmel wegen falschen Mieterverhaltens erlebe auch er immer wieder, so Hess. „Es gibt viele Leute, die Fenster auf Kipp stehen lassen, statt fünf mal am Tag je fünf Minuten zu lüften.“ Aber gewisse Rückschlüsse auf die Ursache lasse die Art des Schimmelbefalls zu: „Wenn der Schimmel sich zuerst an der Decke ausbreitet und das nahezu flächendeckend, würde ich auf einen Baumängel tippen.“
Mieterbund hilft Mitgiledern, wenn's zur Klage kommt
Den Gang zum Anwalt sieht Hess als letztes Mittel. Jede Klage sei mit einem Risiko behaftet. Besser sei der Versuch, sich außergerichtlich zu einigen. Dabei helfe zum Beispiel der Mieterschutzbund. „Wir lösen 90 Prozent aller Fälle ohne Prozess.“ Es sei egal, ob jemand erst Mitglied werde, wenn der Schadensfall schon eingetreten sei. „Wenn er Mitglied ist, helfen wir.“
Und in Sachen Gesundheit hat Peter Hess einen schwachen Trost für Stefanie Lawrenz: „Schimmel wird erst gefährlich, wenn er austrocknet und Sporen abwirft.“