Duisburg. Vom Kyoto-Protokoll bis zur dritten Handelsperiode. Das Konzept hinter dem europäischen Klimaschutz-Instrument.

Unternehmen, die Kohlenstoffdioxid in die Luft pusten, brauchen seit 2005 für jede Tonne des klimaschädlichen Gases eine spezielle Berechtigung. Diese „Verschmutzungsrechte“ gibt’s vom Staat oder an Börsen.

Das klingt erst einmal simpel. Doch wer wissen will, wie das ganze System genau funktioniert, was seine Schwächen, was seine Stärken sind, landet schnell in einem scheinbar undurchdringlichen Vokabel-Dickicht. Da ist die Rede von „Backloading“ und „Offsets“, vom „Cap“ und von der „DEHSt“. Ein Erklärungsversuch.


„Emissionshandel“ – was bedeutet das eigentlich?
Der Betreiber einer emissionshandelspflichtigen Anlage (das waren im Jahr 2012 in Deutschland 1627) erhält vom Staat eine bestimmte Menge an kostenlosen Emissionsberechtigungen, so genannten Zertifikaten. Ein Zertifikat entspricht einer Tonne Kohlendioxid (= CO2). Ein Unternehmen mit 100.000 Zertifikaten dürfte also 100.000 Tonnen CO2 produzieren. Wer mehr ausstößt als er dürfte, muss Zertifikate kaufen, wer weniger ausstößt, kann Zertifikate verkaufen. Diese werden an Börsen, über Makler oder direkt zwischen den Konzernen gehandelt. Fehlen einem Konzern am Ende des Jahres Zertifikate, müssen diese nachgereicht werden, außerdem wird eine Strafe fällig.


Wer bekommt kostenlose Berechtigungen?

Seit diesem Jahr wird ein Großteil der Zertifikate nicht mehr kostenlos vergeben, sondern versteigert. Übergangsweise erhalten Industriesektoren, die im „starken internationalen Wettbewerb“ stehen, jedoch weiterhin kostenlose Berechtigungen. Die Festsetzung erfolgt anhand komplizierter Richtwerte („Benchmarks“). Stromproduzenten sind seit diesem Jahr grundsätzlich von der kostenfreien Zuteilung ausgenommen.

Wie funktioniert die Zuteilung?
Die Obergrenze der insgesamt zulässigen Emissionen („Cap“) wird jeweils für einen bestimmten Zeitraum im Voraus festgelegt. Seit diesem Jahr basiert die Berechnung der Zuteilungsmengen durch die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) auf tatsächlichen Emissionswerten. Die ermittelte Menge wird dann von der EU um einen Faktor X, der jedes Mal neu festgelegt wird, gekürzt.


Was ist der Hintergrund des Emissionshandels?

Im Kyoto-Protokoll von 1997 verständigten sich die EU-Staaten auf gemeinsame Klimaschutzziele. Bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 wollten sie die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen um acht Prozent (gegenüber den Werten von 1990) senken. Um diese Ziele zu erreichen, wurde 2003 für bestimmte Branchen der grenzüberschreitende Emissionshandel eingeführt. 2005 begann die erste Handelsperiode. Sie ging bis 2007. Die zweite Handelsperiode umfasste die Jahre 2008 bis 2012. Die dritte Handelsperiode hat in diesem Jahr begonnen und geht bis 2020.


Wie geht es weiter?

Um die Unternehmen dazu zu bringen, stärker in klimaschonende Technologien zu investieren, wird die EU die Anzahl der kostenlosen Zertifikate in den kommenden Jahren schrittweise senken. Auch die Gesamtmenge, das Cap, wird reduziert. Ab 2027 soll es gar keine kostenfreie Zuteilung mehr geben. Zusätzlich soll das System auf andere klimaschädliche Emissionen, wie z.B. Lachgas, ausgedehnt werden. Ebenso wird der Kreis der zertifikatspflichtigen Verursacher erweitert.

Darüber hinaus überlegt man, Zertifikate, die eigentlich jetzt schon versteigert werden sollten, bis 2019/2020 zurückzuhalten. („Backloading“) Dadurch soll der Preis der Berechtigungen wieder steigen. Bisher entwickelte sich dieser nämlich kontinuierlich nach unten: von 28 Euro pro Zertifikat (2008) zu aktuell unter fünf Euro.

Noch günstiger sind internationale Zertifikate („Offsets“), die Unternehmen erhalten, welche außerhalb der EU ihre Emissionen verringern oder in entsprechende Projekte investieren. (gls)