Duisburg. Wenn im August der Rechtsanspruch für Unter-Dreijährige auf einen Kindergartenplatz greift, fehlen bis zur 32-prozentigen Versorgungsquote noch 650 Plätze. Die Stadt entwickelt derzeit Notfallpläne: Gruppen in Containern oder leerstehenden Schulen sind denkbar.

Allein in Rheinhausen sind derzeit drei städtische Kindergärten in Containern untergebracht. In Walsum gehen Kleinkinder zur Schule. Über ein Dutzend Kitas werden derzeit um-, aus-, angebaut. Und doch fehlen, um ab August 32 % der Unter-Dreijährigen in Kindergärten unterzubringen, noch 650 Plätze. Wie viele Plätze wirklich fehlen, ist Kaffeesatzleserei – der Elternwille wird sich nicht an Quoten halten.

Jugendamt und Immobilienmanagement Duisburg (IMD) sammeln derzeit Ideen, um Notgruppen gründen zu können. Am 15. März stehen die Anmeldezahlen für alle Einrichtungen, schon Mitte Februar hofft Thomas Krützberg, Leiter des Jugendamtes, einen groben Überblick über die Menge der unversorgten Kinder zu haben. Sie sollen bei Tagespflegepersonal unterkommen. Aber auch Container-Kindergärten oder Zwischenlösungen in leerstehenden städtischen Gebäuden sind Optionen. Geplant sei natürlich keine Käfighaltung, wie Krützberg augenzwinkernd betont, die Lösungen würden allen Ansprüchen gerecht. Schließlich müsse der Landschaftsverband Rheinland alle Einrichtungen genehmigen, auch wenn es sich nur um Zwischenlösungen handelt.

Bedarf in Stadtteilen unterschiedlich

15 Millionen Euro hat das IMD für den U3-Ausbau in seinem Haushalt 2013 eingeplant. Am kostengünstigsten: Container. „Die sind einfach, schnell, pfiffig, und brauch ich ihn hier nicht mehr, kann ich ihn woanders hinstellen, wo gerade mehr Bedarf ist“, beschreibt Krützberg.

Denn der ist stadtweit sehr unterschiedlich – und nur eingeschränkt vorhersagbar. In den letzten zehn Jahren sank die Zahl der 0- bis 6-Jährigen nach Angaben der Stadt Duisburg von 29.527 auf 24.633 Kinder, die Zahl der Geburten sank von 4803 auf 4078 Kinder. Die Nachfrage nach Kindergartenplätzen stieg zuletzt jedoch.

Ansprüche sind gleichrangig

Der größte Mangel herrscht derzeit in Walsum, wo manche Kindergärten Wartelisten mit über 180 Kindern für 20 Plätze haben. Entspannt ist die Lage in Homberg, wo die Quote laut Krützberg erfüllt wird. Der Bezirk ist in der Stadt allerdings auch der bevölkerungsärmste.

Die Sorge, dass der gesetzliche Anspruch auf einen Kindergartenplatz für die Über-Dreijährigen vor dem neuen U3-Anspruch zurücktreten muss, ist seiner Ansicht nach nicht gegeben: „Die Ansprüche sind beide gleichrangig, da wird nichts aufgerechnet.“ Für Duisburg bedeutet das: weitere Baumaßnahmen auch nach dem Stichtag 1. August.

Gemütlicher Kindergarten-Container 

Bauzäune schlängeln sich durch den Busch, ein kleines Schild am Schultor zur Gerhart-Hauptmann-Schule weist auf 32 Container, die derzeit als Unterkunft für den Städtischen Kindergarten Breslauer Straße in Rheinhausen Bergheim dienen.

Während der alte Kindergarten für 2,2 Mio Euro von drei auf fünf Gruppen wächst, dabei energetisch saniert und überhaupt aufgehübscht wird, spielen 65 Kinder in hellen, freundlichen, durchaus großzügig bemessenen Räumen. Sogar eine Turnhalle passt hinein.

Nur wenig Kompromisse

Zwei Container sind mit niedrigen WCs und Waschbecken, Wickeltisch und Dusche ausgestattet. Im Frühstücksraum duftet es nach selbst gebackenen und höchst liebevoll dekorierten Amerikanern. Ein Container wurde kurzerhand zur Matsch-Schleuse ernannt: Hier kommen die Kinder in den vollgemodderten Gummistiefeln rein und schlüpfen dann in die Hauspuschen.

Die Gruppenräume sind mit grünen oder roten Teppichen ausgelegt, die Puppenecke ist mit viel Tüll gestaltet. Im spielerischen Alltag dürfte schnell vergessen sein, dass es ein Provisorium ist. Ulrich Kropp, der beim Jugendamt als Sachgebietsleiter den U3-Ausbau verantwortet, gefällt die Lösung sichtlich. Für etwa ein Jahr soll sie Bestand haben, dann ziehen die Kinder zurück in den Kindergarten - und die Container können anderswo Bedarfe stopfen.

Christiane Threimer-Lindermann und ihre Mitarbeiter sind zufrieden, sie mussten nur wenige Kompromisse machen: Etwa bei der Akustik, die ein bisschen lauter ist, und bei den Wasseranschlüssen, die mancherorts fehlen. Ansonsten sei an alles gedacht, lobt sie: kindersichere Steckdosen, Klemmschutz, Brandschutz

Vor der Tafel mit Bauklötzen spielen

Die Don-Bosco-Grundschule in Walsum ist zusammengerückt, hat Platz gemacht für 73 Kinder des Herz-Jesu-Kindergartens, die sich für ein halbes Jahr in drei Klassenzimmern ausbreiten. Die Schüler wichen dafür in Fachräume aus.

Vor der Tafel der 4b liegt der Bauteppich, wo Kinder eine lange Brücke aus Holzklötzen konstruiert haben. Die 4a ist abgedunkelt, leise meditative Musik erklingt, Schlafenszeit für einige Zwerge. „Daran sieht man, dass sich die Kinder wohlfühlen, sonst würden wir sie nicht zum schlafen kriegen“, glaubt Leiterin Tanja Nühlen. Klar, warmes Wasser fehlt, Nebenräume auch, wirklich kuschelig ist es nirgends. „Aber wir haben uns super arrangiert, freuen uns über den Mehrwert, dass wir die Aula als Turnhalle nutzen können“, sagt Nühlen.

Keine Lösung auf Dauer

Mit Höckerchen werden die Schulklos kleinkindtauglich. Da die Türen zu schwer sind, muss ohnehin jedes Mal eine Erzieherin helfen. Mit Unter-Dreijährigen hätte der Ausweichort Schule nicht funktioniert. Ein Außengelände ist zwar vorhanden, aber ohne große Spielmöglichkeiten. Sie improvisieren mit Fahrzeugen, Sandmuscheln — und freuen sich auf den Umzug in die eigenen vier Wände im Juni.

Das Nebeneinander von Groß und Klein klappt reibungslos: Die Kleinen bestaunen die Großen, die Großen spüren sowas wie Verantwortung, kümmern sich, beschreibt Schulleiter Jürgen Altenbeck. Auf Dauer sei das allerdings keine Lösung, weil die Schule wächst und bald mehr Raum benötigt. Leer steht die Gemeinschafts-Grundschule nebenan, die schnell für drei Kindergarten-Gruppen umgebaut werden könnte, ist Altenbeck sicher.