Duisburg. .

„Es soll kälter werden nächste Woche“, sagt Kurt Schreiber. Er macht sich Sorgen. Nicht wegen Glatteis, Zugverspätungen oder den anderen Dingen, die den meisten Menschen bei dieser Meldung in den Sinn kommen. „Wir müssen gucken, wie wir durchkommen, damit kein Unglück passiert.“ Schreiber ist Vorsitzender des Vereins „Gemeinsam gegen Kälte Duisburg“. Täglich sind Mitarbeiter in einem Betreuungsmobil unterwegs, um wohnungslosen Menschen zu helfen.

Temperaturen sanken plötzlich

„Wir hatten zum Glück genug Gelegenheiten, die Leute darauf vorzubereiten, dass es kalt wird“, sagt Schreiber. In diesem Jahr sanken die Temperaturen nicht plötzlich. „So weit wir das überblicken können, muss im Moment keiner in Duisburg auf offener Straße schlafen“, erklärt Schreiber.

Jeweils zwischen 20 und 30 Besucher hat das Betreuungsmobil, wenn es morgens im Süden, im Norden und in der Stadtmitte Halt macht. „Gerade mussten wir Handschuhe nachkaufen, weil wir alle ausgegeben hatten“, erzählt der Sozialarbeiter im Ruhestand. „Warme Sachen haben wir immer dabei. Aber auch ein Kaffee ist morgens für die Leute wichtig. Und sie brauchen jemanden, mit dem sie reden können.“

Kontaktcafé für Straßenkinder

Das gilt auch für Micha, der fast täglich zu Pro Kids kommt, einem Kontaktcafé für Straßenkinder in der Stadtmitte. Mit seinen 26 Jahren ist er kein Kind mehr, Hilfe braucht er aber trotzdem. Wenigstens habe er gerade ein Dach über dem Kopf, erzählt Micha. „Ich kann bei einem Freund schlafen – auch für den Rest des Winters, hat er mir gesagt.“ An eine eigene Wohnung kann er im Moment nicht denken. „Ich habe genug andere Probleme, die ich lösen muss. Was nützt mir die Wohnung, wenn ich die sofort zumülle und dann wieder rausfliege.“ Ein Alkoholentzug sei zum Beispiel wichtiger. Und solange er im Winter bei Freunden unterkommt, seien die Nächte ja kein Problem.

Das hat er gerade aber tagsüber. „Ich schnorre nämlich“, sagt Micha. Bei der Kälte sei das nicht nur anstrengender, es dauere auch länger. „Gestern habe ich mit einem Freund fünf Stunden gebraucht, um sechs Euro zu schnorren.“

"Im Winter zerstreue sich die Gruppe"

Im Sommer, erzählt Micha, rollt er einfach seinen Schlafsack an einer ruhigen Stelle aus. „Das machen viele. Dann schlafe ich gerne draußen.“ Man kenne sich, sei nicht allein. Im Winter zerstreue sich die Gruppe aber. „Ein paar Bekannte schlafen in einem Haus, das renoviert werden soll.“ Ihre Zelte und Schlafsäcke hätten nicht mehr genügend Schutz vor der Kälte draußen geboten. „Aber wenigstens“, sagt Micha und lacht bitter, „müssen wir keine Miete und keinen Strom zahlen“.