Duisburg. Wenn das Sperrwerk Marientor sich bei Hochwasser nicht richtig schließen lässt, könnte dies womöglich die Altstadt, den Innenhafen und die U-Bahn unter Wasser setzen. Einen Notfallplan, wie ihn Städte eigentlich vorhalten müssen, gibt es in Duisburg aber noch nicht. Genau den fordert die Bezirksregierung nun ein.

Sollte sich das Sperrwerk am Marientor nicht schließen lassen, will die Stadt die Schleuse im Zweifel mit riesigen Sandsäcken dicht machen. Die sandgefüllten „Bigbags“ sind das letzte Mittel, wenn sich das Tonnen schwere Sperrtor trotz aller Maßnahmen nicht an die richtige Stelle bringen lässt und die halbe Innenstadt droht abzusaufen.

„Die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings hochgradig klein“, sagte Stadtdirektor Peter Greulich zur WAZ-Mediengruppe. „Das wäre nicht der Plan B, sondern Plan D oder E.“ Denn zuvor müsste sowohl der elektrische als auch der manuelle Antrieb versagen und das Tor sich auch per Seilzug nicht herauszerren oder per Hydraulikpressen verschieben lassen.

Für den Ernstfall fordert die Bezirksregierung jetzt von der Stadt „kurzfristig“ ein Notfallkonzept ein. Denn einen Gefahrenabwehrplan für den Hochwasserfall, wie ihn Städte vorhalten müssen, gibt es in Duisburg bisher überhaupt nicht, wie Stadtdirektor Greulich bestätigte: „Wir arbeiten bereits daran“.

Auch interessant

Ob das Bollwerk gegen das Rheinwasser schließt oder nicht, bleibt weiterhin die Gretchenfrage bei dem gewaltigen Stahlkoloss am Marientor, der die Altstadt, den gesamten Innenhafenbereich und auch das innerstädtische U-Bahnnetz vor Hochwasser schützt. Bei der letzten Probe im November versagte das über 85 Jahre alte und denkmalgeschützte Bauwerk den Dienst. Die Bezirksregierung hatte die Stadt daraufhin per Ordnungsverfügung angewiesen, das Sperrtor schnellstmöglich zu schließen. Zum „Schutz der Bevölkerung in einem grundsätzlich denkbaren Hochwasserfall im Winter“ sollte die Wasserverbindung zwischen Außen- und Innenhafen bis zum April abgeriegelt werden. Die Stadt wies die Anordnung zurück: Das Tor ließe sich wegen des zu geringen Wasserstands derzeit gar nicht schließen, zudem sei der Schaden längst behoben.

In der kommenden Woche wird man wohl Klarheit haben: Der Rheinpegel, derzeit noch bei vier Metern, soll rasant steigen und bis Dienstagmorgen bereits bei 6,80 Meter liegen. Der Stadtdirektor ist sich sicher: „Das Sperrtor ist nach unserer Überzeugung funktionsfähig, es besteht keine Gefahr.“

Allerdings waren in den vergangenen Wochen erneut Reparaturen notwendig. Niet-Stellen seien undicht, zwei Rohre nicht verschlossen gewesen, zudem mussten Pumpen umgerüstet werden. „Das Tor ist gründlichst durch unsere Ingenieure als auch durch externe Prüfer untersucht worden“, sagt Greulich. Bei dem „musealen Schätzchen“ könne es jedoch immer unvorhersehbare Probleme geben. Aber: „Vor einem Jahr war der Zustand des Tores deutlich schlechter.“

Auch wenn das Tor schließt, wird es nicht bis April zu bleiben. „Das Tor ist nicht dafür gebaut worden, um für einen langen Zeitraum geschlossen zu bleiben.“ Fällt der Pegel unter den Wasserstand im Innenbereich, würde das Tor dem Innendruck nicht standhalten. „Es ist nur für den umgekehrten Fall gebaut worden“, sagt Greulich.

Wie die Bezirksregierung auf Anfrage mitteilte, hat sie die Ordnungsverfügung vom November gestern auch aus diesem Grund abgeändert. Stattdessen habe man der Stadt „alternative Planungen für den Hochwasserfall aufgegeben“. Die Erfolgsaussichten für die Probeschließung klingen aus der Behörde in Düsseldorf deutlich verhaltener als aus dem Duisburger Rathaus: Aussagen „zur definitiven Funktionsfähigkeit des Tores“ könne man derzeit nicht machen. Gerade deshalb wurde das ohnehin vorgeschriebene Notfallkonzept angemahnt.

Perspektivisch müsse man sich aber irgendwann auch mit der Frage beschäftigen, wie es mit dem alten Sperrwerk weitergeht, sagte Greulich. Selbst wenn das Tor vorerst repariert ist, sei „das kein Zustand“ für die nächsten zehn Jahre. Es sei eine politische Debatte, der er nicht vorgreifen wolle. Die Alternativen: Entweder den Innen- vom Außenhafen mit einer Maueranlage abkoppeln und sich vom Marina-Hafen und dem Steiger Schwanentor verabschieden. Oder die Stadt baut ein neues Sperrtor. Geschätzte Kosten: 40 bis 60 Millionen Euro.