Duisburg. Um auf die Spur von Straftätern zu kommen, hat die Duisburger Polizei über Wochen die IP-Adressen von Besuchern ihrer Homepage speichern lassen. Dreimal kam die heute verbotene Ermittlungsmethode in Duisburg zum Einsatz. Das Prinzip: Täter verraten sich durch häufigen Zugriff.
Wer beobachtet regelmäßig und auffallend häufig die Fahndungsseiten der Polizei im Internet? Offenbar die Täter selbst, weil sie wissen wollen, was die Behörden bereits über sie in Erfahrung gebracht haben. Das ist zumindest der Grundgedanke einer Ermittlungsmethode der Polizei.
Bei der sogenannten „Homepage-Überwachung“ werden Besucher von Fahndungsseiten registriert, damit ungewöhnlich häufige Zugriffe erkennbar werden. Über die IP-Adressen lässt sich dann der Inhaber des Internet-Anschlusses ermitteln. Und der könnte als Verdächtiger ins Fadenkreuz geraten.
Obsolete Methode
Die Duisburger Polizei hat dieses Ermittlungsinstrument in den vergangenen zehn Jahren bei drei Fällen eingesetzt. „Es geht bei der Homepage-Überwachung nicht darum, dass Klick-Verhalten der Bevölkerung auszuspionieren, sondern darum, einen Täter zu fassen“, sagt Polizeisprecher Stefan Hausch der NRZ. „Wenn man bei einem Fall im Trüben fischt, kann sich durch dieses Verfahren ein neuer Ermittlungsansatz ergeben. Natürlich muss der Verdächtige dann aber durch weitere Sachbeweise überführt werden.“
Üblicherweise lassen sich die Beamten bei ihrer Ermittlungstaktik ungern in die Karten schauen. In diesem Fall ist der Einblick allerdings wenig brisant, weil die Methode eigentlich obsolet geworden ist: Das Bundesjustizministerium hat die Homepage-Überwachung im Februar 2009 verboten; unter anderem, weil sie gegen das Datenschutzgesetz verstößt. Dennoch wird sie von Ermittlern genutzt: Das Polizeipräsidium Mönchengladbach setzte sie 2010 im Mordfall „Mirco“ ein und überwachte die Internet-Nutzer über einen Zeitraum von 16 Wochen.
Fehlende Rechtsgrundlage
Dass die landesweit 19 Homepage-Überwachungen seit 2001 jetzt überhaupt ans Licht kommen, basiert auf einer Anfrage des Landtagsabgeordneten Dirk Schatz von der Piratenpartei. Innenminister Ralf Jäger hatte die Fälle daraufhin offengelegt. In zwei Fällen hatten die Hinweise aus der Überwachung zusammen mit anderen Spuren zur Festnahme von zwei Tätern geführt.
„Homepage-Überwachung“: Die Drei Fälle in Duisburg
Die drei Fälle von Homepageüberwachung in Duisburg liegen zwischen fünf und acht Jahre zurück. Die Behörde hatte ihre Internetseite im Jahr 2004 drei Wochen lang überwacht, um einem Sexualtäter auf die Spur zu kommen. In den Jahren 2006 und 2007 wurden über eine sowie über vier Wochen die Besucher der Fahndungsseite registriert, weil die Behörde hoffte, dass sich die Täter in zwei Fällen von Brandstiftung per Mausklick verraten könnten.
Allerdings führte die Methode in allen drei Duisburger Fällen nicht zum Erfolg.
„Da es keine Rechtsgrundlage für die Überwachung von Homepages gibt, ist sie auch nicht zulässig“, sagte Dirk Schatz. Und auch den Einsatz im Mordfall „Mirco“, den das Amtsgerichts Krefeld anordnete und sich dabei auf §100g der Strafprozessordnung stützte, zieht der Piraten-Abgeordnete in Zweifel. Der Paragraf beziehe sich explizit auf „Beschuldigte“, die Homepage-Überwachung richte sich „aufgrund der Art der Durchführung fast nur gegen unschuldige Personen“, so Dirk Schatz.
Ermittlungen zu den Mafia-Morden
Über den Einsatz der Methoden lässt sich von Fall zu Fall streiten. Aus Sicht der Ermittler erschwert die derzeitige Rechtslage die Arbeit. Beispiel: der Zugriff auf Handy-Verbindungsdaten. „Dadurch haben wir bei den Ermittlungen zu den Mafia-Morden enorm viel Erkenntnisse gewinnen können“, sagt Polizeisprecher Hausch. Allerdings erklärte das Bundesverfassungsgericht die sogenannte „Vorratsdatenspeicherung“ im März 2010 für verfassungswidrig.
Bis dahin waren die Netzanbieter verpflichtet, Verbindungsdaten sechs Monate lang zu speichern. „Das geht zur Zeit nicht. Uns fällt es schwer, an die entsprechenden Daten zur Aufklärung von Verbrechen zu kommen“, sagt Hausch. „Hätten wir auf diese Daten bei einem Fall wie den Mafia-Morden keinen Zugriff, wäre das fatal.“