Duisburg.

Gibt es in Duisburg eine Parallelgesellschaft? Wie viel haben Migranten und Deutsche in der Freizeit miteinander zu tun? Klar, sitzen sie in der Schule nebeneinander, aber wie viel unternehmen sie tatsächlich in der Freizeit gemeinsam? Die WAZ hat sich auf die Spurensuche in der Bücherei, in der Musikschule, aber auch im Sportverein begeben.

In der Bücherei

Pippi Langstrumpf, Astrid Lindgrens Kinderheldin, gibt es auch auf Türkisch: „Pippi Uzuncorap“ heißt das Mädchen, das sich die Welt macht, wie es ihr gefällt. Astrid Lindgrens Geschichten wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt – in einigen davon kann man sich die Bücher in der internationalen Bibliothek ausleihen. Etwa zehn Prozent der Nutzer haben einen Migrationshintergrund. „Wir haben einen großen Bestand türkischer, russischer, polnischer und italienischer Literatur“, erklärt Yilmaz Holtz-Ersahin. „Wir orientieren uns daran, in welchen Sprachen es einen Förderbedarf gibt und welche Sprachen die Kinder an den Schulen lernen.“ Rund 20 000 Krimis, Romane und Kinderbücher in fremden Sprachen stehen in den Regalen. Grundsätzlich fantasieren türkische Kinder genauso wie deutsche und mögen die gleichen Geschichten. „Den Eltern sind die gleichen Werte wichtig. Sie leihen Bücher aus, bei denen es darum geht, wie toll Freundschaften sind.“

Im Sportverein

„Es gibt keine Zahlen, wie viele Migranten in den Duisburger Sportvereinen aktiv sind, wir wissen aber, dass sie nicht nur Fußball spielen“, sagt Christoph Gehrt-Butry, Breitensportreferent beim Stadtsportbund. Natürlich gebe es einige Vereine, in denen Trainer Migrationshintergrund hätten oder andere Führungspositionen besetzen, doch komplett türkische Vereine gebe es nicht. „Ein Beispiel, wo Integration gut funktioniert ist der SV Rhenania Hamborn.“ Bei dem bundesweiten Projekt „Integration durch Sport“, das auch von Duisburger Vereinen umgesetzt wird, sollen vor allem Mädchen und Frauen dazu bewegt werden, eine Sportart auszuprobieren. Dank gemeinsamer Erfolge, aber auch Niederlagen, soll ein Gemeinschaftsgefühl, gleich welcher Herkunft die Sportler sind, geschaffen werden.

Im Jugendzentrum

Ein Drittel aller Jugendlichen, die die Duisburger Jugendzentren besuchen, haben einen Migrationshintergrund. „Wir machen aus Überzeugung keine separaten Angebote für Jugendliche mit Migrationshintergrund“, betont Jugendamtsleiter Thomas Krützberg. Allerdings hätten 40 Prozent der Mitarbeiter, die in der offenen Jugendarbeit tätig sind, selbst Migrationshintergrund. Und falls es doch mal Stress geben sollte, gibt es klare Regeln. „Wer schlägt, fliegt raus.“

In der Musikschule

Seitdem das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ in Grundschulen angeboten wird, kommen viele Jungen und Mädchen, die sonst den Weg nicht zur Niederrheinischen Musik- und Kunstschule gefunden hätten, mit Instrumenten in Berührung. „Die türkischen Eltern legen mittlerweile genauso viel Wert auf Bildung und musische Erziehung“, weiß Johanna Schie, Leiterin der Musik- und Kunstschule. Vor allem Baglama sei ein beliebtes Zupfinstrument. In Orchestern spielen dann auch Gitarristen und andere „Zupfer“ gemeinsam.

Im Kleingarten

Turgay Diker ist der Vorsitzende des Verbands Duisburger Kleingartenvereine in Duisburg . Foto: Stephan Eickershoff
Turgay Diker ist der Vorsitzende des Verbands Duisburger Kleingartenvereine in Duisburg . Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool

Auch die Kleingartenkolonie ist keine deutsche Oase mehr. Der Vorsitzende aller Duisburger Kleingärtner heißt Turgay Diker. Seine Wahl war für viele eine Überraschung. „Vielleicht bauen die Deutschen mehr Kartoffeln an und die anderen Zucchini oder Khaki“, vergleicht Diker. Außerdem wollen die Deutschen lieber Ausspannen und die Familien nutzen die Fläche, um für den Eigenbedarf Gemüse anzubauen. Ob man den Gärtnern mit ausländischen Wurzeln wohl mit deutscher Gründlichkeit kommen muss? „Mit den Regeln muss man es ja vielleicht nicht immer so genau nehmen“, sagt Turgay Diker und lächelt.