Duisburg. . In den nächsten Tagen entscheiden die Parteien über Empfehlungen für die Stichwahl am 1. Juli. Breite Enttäuschung herrscht über die historisch schlechte Wahlbeteiligung von 32,84 Prozent.
Um 18.10 flimmerte die ersten Auszählungswerte auf die beiden Großleinwände im leergeräumten Ratssaal – und die Überraschung war parteiübergreifend: Sören Link lag mit 51, 6 Prozent klar vorn, Jubel bei der SPD.
Die Lage änderte sich minütlich, der Norden der Stadt, SPD-Hochburg seit ewigen Zeiten, hatte offensichtlich schneller gezählt und Link zeitweise auf über 54 % gebracht. Uneinholbar? Die Gesichter bei der CDU wurden länger und länger. „Das war’s“, hieß es mürrisch, während sich SPD-Vize Bärbel Bas umarmend im Genossenkreis wohl fühlte. Um 18.38 Uhr jubelten dann aber erstmals vereinzelte Nicht-Sozialdemokraten: Link rutschte unter der 50-Prozent-Marke, die Stichwahl zeichnet sich ab.
18.49 Uhr betritt Link den Ratssaal, beklatscht von seinen Anhängern. Er trägt rote Krawatte, seine Freundin Sonja rote Schuhe. Er ist der Sieger, der Kandidat mit den besten Chancen am 1. Juli. Es gibt viel Schulterklopfen im proppenvollen Ratssaal. Die Wahllokale, sie waren den Tag über deutlich leerer: Die niedrige Wahlbeteiligung schlug allen auf den Magen. Link hat sie alle geschlagen, nur die breite Masse der Nichtwähler nicht.
Schaut man bei SPD und CDU auf die Gewinne und Verluste im Vergleich zur letzten OB-Wahl 2009, muss man von einem Erdrutsch sprechen: Während Link das Ergebnis von Jürgen C. Brandt von 2009 um 10,09 Prozent übertraf, büßte CDU-Kandidat Lensdorf 23,5 Prozent gegenüber der Sauerland-Wiederwahl ein.
Insgesamt legte Link in allen Duisburger Stadtbezirken zu, Benno Lensdorf verlor überall, mindestens mit knapp 20 Prozent. Bezogen auf die Stadtbezirke hatte Sören Link in Walsum das beste Ergebnis mit 62,08. Sein schlechtestes mit 41,7 Prozent lag im Bezirk Mitte. Benno Lensdorf holte sein bestes Ergebnis im Bezirk Süd mit 25,93 %, sein schlechtestes lag in Walsum bei 16,43 Prozent. Michael Rubinstein konnte im Bezirk Mitte sein bestes Ergebnis mit 15,84 % holen.
Die Grünen-Kandidatin Ingrid Fitzek holte im Bezirk Mitte ihr bestes Ergebnis. Claudia Leiße, Ratsfrau der Grünen, war enttäuscht über das Abschneiden: „Kleine Parteien haben es immer schwer. Dass sich so wenig Bürger an der Wahl beteiligt haben, ist ein Signal an die Politik. Viele sind aus Protest nicht zur Wahl gegangen. Sie haben sich mehr versprochen, als sie Adolf Sauerland abgewählt haben.“
Bis auf Michael Rubinstein mussten sich die parteilosen Kandidaten teils mit einigen hundert Stimmen begnügen, zusammen erreichten sie nicht einmal zehn Prozent. Da hatten sich manche den politischen Neuanfang anders vorgestellt. Auch mit Blick auf ganz Rechts: Den Kölner Pro NRW-Mann bekam über 2000 Stimmen.
Auch interessant
„Wir haben einen großen Abstand zwischen dem SPD-Kandidaten Sören Link und der CDU erwartet“, meinte FDP-Chef- Holger Ellerbrock. „Natürlich hätten wir uns eine Stichwahl zwischen Link und Rubinstein gewünscht.“ Johannes Pflug, Bundestagsabgeordneter der SPD, erklärte: „Ich finde, dass Sören Link im ersten Wahlgang überraschend gut abgeschnitten hat. Dass es eine Stichwahl geben wird, damit habe ich gerechnet. In der Stichwahl werden sich die Stimmen aufsplitten, aber der Vorsprung von Sören Link ist für Benno Lensdorf uneinholbar. Ich hoffe nur, dass die Wahlbeteiligung nicht noch schlechter wird.“
Der nächste Wahlgang findet am 1. Juli statt. Die Grünen werden sich eine mögliche Empfehlung für Link mit Zusagen und Zugeständnissen „abkaufen“ lassen. Die SPD steuere wieder auf absolute Mehrheiten, meint Grünen-Kreissprecher Matthias Schneider eher besorgt. Bei aller rot-rot-grünen Kooperation – das wäre für ihn zu viel des Guten.
Ob es angesichts der rot-rot-grünen Rathaus-Koalition eine Wahlempfehlung der Linken für den Sozialdemokraten Link geben werde, werde am heutigen Montag von den Parteigremien entschieden. „Aber,“ so Linken-Ratsfrau und OB-Kandidatin Laakmann, „es spricht das eine oder andere dafür.“ Man werde sicherlich nicht dem Kooperationspartner „ohne Not vor den Kopf hauen“.