Duisburg. . Die Duisburger Polizei ist besorgt: Wurden der Polizei in Duisburg vor zehn Jahren 2600 Unfallfluchten bekannt, sind es nun 3300. Bei jedem fünften Verkehrsunfall hat sich der Verursacher aus dem Staub gemacht. „Die Moral der Verkehrsteilnehmer ist auf dem Tiefpunkt“, so der Verkehrsdienstleiter.

Volkssport Fahrerflucht: Bei jedem fünften Verkehrsunfall auf Duisburgs Straßen macht sich der Unfall-Verursacher dann meist unerkannt aus dem Staub. „Die Moral der Verkehrsteilnehmer“, so klagt Arno Eich, derzeit Leiter der Verkehrskommissariate der Polizei Duisburg, „befindet sich auf einem absoluten Tiefpunkt.“

Ein Blick in die Statistik des jüngsten Verkehrsberichtes der Duisburger Polizei bestätigt eine Einschätzung, die in diesen Tagen die für die Polizei zuständigen Länderminister für ganz Deutschland getroffen haben: Wurden der Polizei in Duisburg vor zehn Jahren 2600 Unfallfluchten bekannt, sind es jetzt 3300. Ein rasanter Anstieg von 30 Prozent der Delikte in der Stadt. Und die Zahl der zugelassenen Autos, so sagt der Verkehrsexperte der Polizei, sei in Duisburg in dieser Zeit praktisch auf gleichem Niveau geblieben. Was ist da los auf den Straßen?

Auch die Polizei hat da nur Vermutungen parat, aber sie klingen plausibel. Eich: „Da gibt es zum einen den wirtschaftlichen Aspekt. Wir haben es zunehmend mit Autos zu tun, die gar nicht angemeldet und versichert waren und die von Fahrern gesteuert wurden, die keinen Führerschein haben.“ Allein 500 Delikte dieser Art zählte die Polizei im vergangenen Jahr. Zum anderen befinden sich aber nach Einschätzung der Ordnungshüter immer mehr Menschen auf einem rücksichtlosen Ego-Trip. Verantwortung übernehmen? Fehlanzeige!

Zwei Beispiele:

14. März 2012: Bei dem Versuch, auf dem für Autos gesperrten Bereich der Bissingheimer Straße einem entgegen kommenden Auto auszuweichen, stürzt eine 50-jährige Radfahrerin und verletzte sich schwer. Der Fahrer fährt davon. Die Radlerin muss auf die Intensivstation eines Krankenhauses.

Duisburgs Verkehr in Zahlen

  • Einwohner: 489.559
  • Zugelassene Kfz: 245.122
  • Pkw/Kombi: 213.133
  • Lkw: 10.547
  • Kräder/Motoroller: 18.187
  • Anhänger: 18.092
  • Straßenlänge: 1234 km
  • Einpendler: 71.000
  • Auspendler: 63.000 (Quelle: Polizei Duisburg)

15. März 2012: Ein Radfahrer überquert bei Rot die Straße. Nach einem Zusammenstoß mit dem Auto eines 78-Jährigen an der Kreuzung Bahnhofstraße/Westender Straße in Meiderich, kommt der Radfahrer zu Fall, steht auf und humpelt unerkannt vom Unfallort. Sein zerstörtes Rad lässt er zurück.

Verkehrspsychologen sehen in solchen Unfallflucht oft eine Art „Panikreaktion“. Der Verursacher will seine Tat nicht wahrhaben und fährt scheinbar „normal“ weiter. Doch Unfallfluchten dieser Art können nach Einschätzung der Fahnder sehr viel leichter aufgeklärt werden, als der anonyme, unbemerkt gebliebene „Rempler“ in der öffentlichen Tiefgarage oder auf Großparkplätzen.

Eich: „Bei Unfallfluchten mit verletzten Personen gibt es mehr Spuren und persönliche Wahrnehmungen.“ Das bedeutet: Knapp drei von vier solcher „Ego-Trips“ (70 %) konnten bislang aufgeklärt werden.

„Was geht mich das an?“

Bei der Masse der Fahrerfluchten - mehr als 50 % der Delikte spielen sich im ruhenden Verkehr ab - sieht die Aufklärungsquote aber deutlich schlechter aus: Abgebrochene Außenspiegel, Delle im Kotflügel, böse Kratzer an der Fahrertüre und keinerlei Spuren oder Zeugen in Sicht? Die Aufklärungsquote liegt hier bei etwas über 40 %. Das heißt: Von den 3309 Unfallfluchten des vergangenen Jahres 2011 in Duisburg wurden nur 1424 aufgeklärt. Übrigens: die Wahrscheinlichkeit Opfer einer ungeklärten Unfallflucht in Duisburg zu werden ist nach Lage des Verkehrsberichtes 2011 in der Innenstadt - und zwar im Dellviertel und in Hochfeld - besonders groß.

Und: Wenn der Leiter der Verkehrskommissariate Arno Eich von „Ego-Trip“ spricht, dann meint er damit keineswegs nur den der rüden Auto-, Radfahrer oder Fußgänger. „Ich meine auch die Menschen, die am Rande stehen, zuschauen, die eine Beobachtung machen und die sich dann sagen ‘Was geht denn das mich an?’ So was nenne ich Ego-Trip.“