Essen. . Immer häufiger entfernen sich Autofahrer nach einem Unfall vom Tatort. Die Polizei in NRW spricht mancherortes bereits vom „Volkssport Unfallflucht“. Vor allem bei den Fällen von Fahrerflucht mit Verletzten registriert die Polizei in vielen Städten an Rhein und Ruhr hohe Steigerungsraten.
Die Polizei in den Ruhrgebietsstädten spricht bereits vom „Volkssport Unfallflucht“ und von „einem Tiefpunkt der Moral der Fahrer“, denn immer häufiger entfernen sich Autofahrer nach einem Unfall vom Tatort. Nach den bislang vorliegenden Zahlen hat Fahrerflucht im vergangenen Jahr besonders dann zugenommen, wenn Menschen verletzt oder sogar getötet worden sind. Die Aufklärungsquoten in solchen schweren Fällen blieben aber mit rund 75 Prozent hoch. Bei Sachschäden sind es nur rund 40 Prozent.
Aus vielen Städten an Ruhr und Rhein meldet die Polizei hohe Steigerungsraten bei Fahrerflucht mit Verletzten: Witten 42 Prozent, Dortmund 24 Prozent, Märkischer Kreis 42, Kreis Wesel 15 Prozent, Duisburg 19 Prozent, Essen 14 Prozent.
Eindeutiger Trend erkennbar
Noch liegen die endgültigen Zahlen für die Entwicklung in ganz Deutschland nicht vor. Sie werden erst Anfang Juli vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Neben den Daten aus Ruhrgebietstädten weist auch der Trend in vielen Bundesländern in eine Richtung.
Auf Anfrage der WAZ gaben die zuständigen Innenminister der Länder ihre Ergebnisse bekannt. In NRW stieg 2011 die Zahl der Fälle von unerlaubtem Entfernen vom Tatort um zwei Prozent auf fast 118 000. Gleichzeitig legten Unfälle mit Fahrerflucht, bei denen Menschen zu Schaden kamen, überproportional um fünf Prozent auf 5615 Fälle zu.
Verantwortungsbewusstsein sinkt
Eine besonders starke Zunahme von Fahrerflucht mit Verletzten melden die Bundesländer Sachsen (plus 13,2 Prozent), Rheinland-Pfalz (9,9 Prozent), Baden-Württemberg (8,1 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (7,8 Prozent) und Sachsen-Anhalt (5 Prozent).
Der zuständige Bochumer Hauptkommissar Mario Honsdorf geht davon aus, dass in seiner Stadt bei jedem fünften Unfall mit Sachschaden der Verursacher sich aus dem Staub macht. Für Günther Overbeck, Leiter der Direktion Verkehr bei der Polizei Dortmund, „ist das Verantwortungsbewusstsein und die Moral der Fahrer auf dem Tiefpunkt“.
Psychologen sprechen von Panikreaktionen
Psychologen sehen in Unfallflucht oft eine Panikreaktion. Der Verursacher will seine Tat nicht wahrhaben und fährt deshalb scheinbar „normal“ weiter. Juristisch gilt Fahrerflucht als Straftat. In schweren Fällen drohen drei Jahre Haft. 2010 wurden in Deutschland 25 000 Fälle von Unfallflucht mit Verletzten registriert. Dabei starben 77 Menschen.