Duisburg. . Die Erwartungen der Duisburger Gastronomen mit EM-Rudelguck-Angebot sind simpel: Die deutsche Fußball-Elf muss gut spielen und es soll heiß werden.
Die 72. Spielminute: Kopfball Gomez – und Toooor für Deutschland! Die Arme fliegen in die Luft, spontaner Jubel bricht aus, „Jaaaaa“ dröhnt es erleichtert durch den Biergarten an der Koloniestraße. Selbst Jedermann-Geschäftsführerin Silvia Schneider-Welskop wirkt gelöst, „dabei bin ich gar kein großer Fußball-Fan“. Sie freut sich mit den Gästen. Rund 150 belegten hier am Samstagabend nahezu alle Stühle. Das erste Europameisterschafts-Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Portugal wollten sie gemeinsam im Neudorfer Café anschauen: Rudelgucken - draußen, vor der großen Leinwand oder drinnen, vor einem der Bildschirme.
Die angespannte Fan-Stimmung ist nach dem Treffer verflogen. Die Kehlen sind feucht, der Himmel ist trocken. „Aber es ist ganz schön kalt jetzt draußen“, mokiert sich ein Fan. Fußball ist eben kein Murmelspiel- und das gilt nicht nur für die Samstags-Vorstellung der Nationalelf. Auch für die Zuschauer hieß es am Wochenende: Nur die Harten kommen in den Garten, den Biergarten.
Von Spiel zu Spiel ausgebucht
Silvia Schneider-Welskop hat trotz windigen 15 Grad keinen Grund zu klagen: „Wir waren draußen schon lange vor dem Spiel ausreserviert. Und auch drinnen sind alle Plätze belegt. Manche Gäste musste ich sogar wegschicken, weil wir keinen Tisch mehr frei hatten.“ Vor zwei Jahren bei der Fußball-WM war die Situation hier ähnlich. „Da waren wir auch von Spiel zu Spiel ruckzuck ausgebucht“, sagt Thomas Brinkmann, der gemeinsam mit Silvia Schneider-Welskop das Café Jedermann in Neudorf und in Duissern betreibt. Für die EM wünschen sich die beiden nun, dass sich die friedlich-freudvolle Fan-Begeisterung für das Public Viewing wie zu WM-Zeiten einstellt. „Aber das hängt natürlich davon ab, wie weit die deutsche Elf im Turnier kommt und wie das Wetter wird.“ Klar ist für die Gastronomen: „Bei Sommertemperaturen ist die Stimmung noch besser.“ Und sicher ist: der Durst größer.
Nicht überall im Stadtgebiet sind Haus und Garten der Gaststätten mit Rudelguck-Angebot am Samstagabend allerdings so gut besucht wie in Neudorf. „Noch Plätze frei mit direktem Blick auf das Deutschlandspiel“ steht auf dem Papier am Webster. Im schwarz-rot-gold geschmückten Inneren des Lokals sind vor den Leinwänden noch einige Stühle frei. Und draußen herrscht gähnende Leere. Grund: kein Bildschirm! Nebenan herrscht dagegen Hochbetrieb: das Filmforum überträgt das EM-Spiel draußen und drinnen auf Flachbildschirmen. Einen Meter weiter im Grammatikoff hockt der nur selten in Trikot und Nationalfarben gekleidete Fußball-Fan-Pulk ebenfalls unter freiem Himmel vor der Großleinwand. „Man, man, man, man, man“, klingt es frustriert aus dem Zuschauermund in der Halbzeit. Die Begeisterung der Rudelgucker hält sich in Grenzen. Das Spiel der deutschen Elf und die frischen Temperaturen verleiden die Hochstimmung. Dennoch sind die Fans zahlreich erschienen. Stühle und Bänke sind voll – mancher Gast ebenfalls.
Im Steinbruch auf der Lotharstraße tummeln sich dagegen rund 300 gut gelaunte Fans, um das EM-Spiel gemeinsam zu erleben. Trikot und Deutschlandfahne auf der Wage bezeugen die patriotischen Gefühle für die deutsche Elf. Im Finkenkrug auf dem Sternbuschweg ist man dagegen internationaler ausgerichtet: Jedes EM-Spiel wird hier übertragen. „Wir sind auf studentisches Publikum ausgerichtet“, sagt Geschäftsführer Roland Jahn. Zur Fußball-EM gibt’s Biersorten aus jedem Teilnehmerland, EM- und Kiew-Burger. „Ein Konzept, das sich schon bei der WM bewährt hat.“ Über mangelnden Zulauf kann man auch hier nicht klagen. „Bei EM oder WM ist immer noch ein bisschen mehr los.“ Rund 300 Gäste sind es am Samstag.
„Als ich vor 27 Jahren angefangen habe, wäre das gar nicht denkbar gewesen. Damals war so etwas ja noch völlig verpönt“, sagt Roland Jahn. Die Zeiten ändern sich. Der Gastronom erhofft sich nun mehr Gäste vom Public Viewing. „Alleine schon deshalb, weil wir viel in die Technik investiert haben.“ Doch vor allem muss es aus gastronomischer Sicht bei den Spielen der heimischen Elf gut laufen. „Je weiter Deutschland kommt, desto mehr Publikum haben wir.“
„Es war einfach zu kalt“
Dass die deutschen Fußballer es weit bei der EM schaffen, hofft auch Roger Achterath. Der Geschäftsführer des Restaurants- und Biergartens Seehaus in Wedau sieht den Public Viewing-Erfolg für die Gastronomie vom Spiel der Nationalelf abhängig. Und vom Wetter. „Beim Russland-Spiel waren 20 Leute hier. Es war einfach zu kalt.“ Zwar gebe es einen Trend, dass die Menschen wieder eher zu Hause mit Freunden und Familie die Spiele guckten, meint Achterath, „aber wenn es richtig warm ist, kommen die Menschen gerne hierher.“ Und weit mehr als die rund 150, teils in Fahnen gehüllten, hart gesottenen Deutschland-Fans, die am Samstag patriotischste Stadionatmosphäre im Biergarten am Bertasee verbreiteten. Was wünscht sich der Gastronom nun für die EM? „Richtig heiße Sommertemperaturen, so um die 30 Grad“, meint Achterath. Und was wünscht er sich für die deutsche Elf? „Finale!“ Ohhhho!