Duisburg. . Während die Staatsanwaltschaft weiter gegen 26 Beschuldigte beim Korruptions-Skandal ums Landesarchiv ermittelt, wird der Landtag wohl keinen neuen Untersuchungsausschuss einberufen. Die Aufklärung von technischen Sachfragen soll in einen Unterausschuss des Landtages verklappt werden.

Landmarke oder Symbol für Korruption: Noch steht nicht fest, ob der Turm des neuen Landesarchives NRW am Innenhafen, der derzeit von Bauarbeitern ein rot-geziegeltes Giebeldach aufgesetzt bekommt, am Ende nur eine kolossale Landmarke oder doch ein Stein gewordenes Symbol für Korruption in diesem Staate werden wird. Während an der Schifferstraße die Bauarbeiten für das 200-Millionen-Euro-Projekt, das einmal mit Baukosten von knapp 40 Millionen Euro angepriesen wurde, bautechnisch in seine Fertigstellungsphase einschwenkt, laufen im Hintergrund die Dinge ein wenig auseinander.

Denn: Nach der für Rot-Grün so überaus erfolgreich verlaufenen Landtagswahl vom vergangenen Sonntag zeichnet sich jetzt ab, dass die kommende Regierungskoalition keine rechte Neigung mehr verspürt, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema Bau-und Liegenschaften/Landesarchiv wieder zum Leben zu erwecken.

Peinliche Befragung erspart

Am 14. März, jenem Tag, an dem der Landtag überraschend aufgelöst wurde, verschwand auch der Untersuchungsausschuss in der Versenkung. Und dort soll er jetzt wohl bleiben. „Das politische Nachkarten gegen die Vor-Vorgängerregierung Rüttgers“, sagte Nadja Lüders (MdL/SPD), Sprecherin jenes Ausschusses zur NRZ, „das will hier keiner mehr hören.“

Dies wäre eine frohe Botschaft für Adolf Sauerland (CDU), den abgewählten Oberbürgermeister, wie auch für Ex-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU). Sie beide hatten bereits eine Vorladung zur Einvernahme vor dem Untersuchungsausschuss vorliegen. Diese peinliche Befragung wird ihnen jetzt wohl erspart bleiben. Inhaltlich, so sagt ein Beobachter, habe der Ausschuss, der im Herbst 2011 konstituiert wurde, nichts zutage gefördert. Keine einzige Frage zu den „Machenschaften des landeseigenen Baubetriebes BLB“ um vier Bauprojekte sei geklärt: Was genau ist da passiert? Warum sind die Kosten in Duisburg so explodiert? Wer hat davon profitiert? Warum hat niemand eine Notbremse gezogen?

Baustelle Landesarchiv

Seit dem symbolischen Spatenstich im April 2010 wächst am Innenhafen in Duisburg mit dem neuen Landesarchiv NRW Duisburgs höchstes Gebäude. Das Foto zeigt den Baufortschritt nach zwei Jahren, genauer am 10. Mai 2012.
Seit dem symbolischen Spatenstich im April 2010 wächst am Innenhafen in Duisburg mit dem neuen Landesarchiv NRW Duisburgs höchstes Gebäude. Das Foto zeigt den Baufortschritt nach zwei Jahren, genauer am 10. Mai 2012. © Stephan Eickershoff
Jetzt, wo der Archivturm seine endgültige Höhe von 76 Metern erreicht hat, ist der Neubau Duisburgs höchstes Gebäude.
Jetzt, wo der Archivturm seine endgültige Höhe von 76 Metern erreicht hat, ist der Neubau Duisburgs höchstes Gebäude. © Stephan Eickershoff
Nun werden auch die ersten roten Dachpfannen aufgebracht. Im Anschluss wird der gesamte Turm rot verklinkert.
Nun werden auch die ersten roten Dachpfannen aufgebracht. Im Anschluss wird der gesamte Turm rot verklinkert. © Stephan Eickershoff
Der Eingang zum Archiv im Turm.
Der Eingang zum Archiv im Turm. © Stephan Eickershoff
2013 soll der spektakuläre Bau an den Mieter übergeben werden. Eröffnung soll dann 2014 sein.
2013 soll der spektakuläre Bau an den Mieter übergeben werden. Eröffnung soll dann 2014 sein. © Stephan Eickershoff
Unter anderem auch das Original der nordrhein-westfälischen Landesverfassung.
Unter anderem auch das Original der nordrhein-westfälischen Landesverfassung. © Stephan Eickershoff
21 Stockwerke ist der fensterlose Turm hoch.
21 Stockwerke ist der fensterlose Turm hoch. © Stephan Eickershoff
Bis der Turm seine endgültige Höhe erreicht hatte, wuchs er von Tag zu Tag um drei bis vier Meter.
Bis der Turm seine endgültige Höhe erreicht hatte, wuchs er von Tag zu Tag um drei bis vier Meter. © Stephan Eickershoff
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© Stephan Eickershoff
Dann soll das neue Landesarchiv genau so aussehen.
Dann soll das neue Landesarchiv genau so aussehen. © NRZ
So sah die Baustelle noch am 8. Mai 2012 aus. Hier war von den roten Dachpfannen noch nichts zu sehen.
So sah die Baustelle noch am 8. Mai 2012 aus. Hier war von den roten Dachpfannen noch nichts zu sehen. © Maximilian Löchter
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© Hans Blossey
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Luftbilder von Mitte März 2012.
Luftbilder von Mitte März 2012. © Hans Blossey
140 Meter ist die „Schlange“ lang, der wellenförmige und ebenerdige Anbau, der an den alten Speicher angefügt ist. Luftbilder von Mitte März 2012.
140 Meter ist die „Schlange“ lang, der wellenförmige und ebenerdige Anbau, der an den alten Speicher angefügt ist. Luftbilder von Mitte März 2012. © Hans Blossey
Die nun folgenden Luftbilder zeigen die Großbaustelle im Februar  2012.
Die nun folgenden Luftbilder zeigen die Großbaustelle im Februar 2012. © Hans Blossey
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Das neue Landesarchiv vom Turm der Salvatorkirche gesehen.
Das neue Landesarchiv vom Turm der Salvatorkirche gesehen. © Lars Fröhlich
Das Bauwerk am 28. Oktober 2011.
Das Bauwerk am 28. Oktober 2011. © Stephan Eickershoff
Rechts neben dem Landesarchiv wird zurzeit (Foto vom 25. November 2011) auch der Neubau der Zentrale für polizeitechnische Dienste hochgezogen (LZPD).  Daneben befindet sich die Hitachi-Zentrale.
Rechts neben dem Landesarchiv wird zurzeit (Foto vom 25. November 2011) auch der Neubau der Zentrale für polizeitechnische Dienste hochgezogen (LZPD). Daneben befindet sich die Hitachi-Zentrale. © Stephan Eickershoff
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© Stephan Eickershoff
Wenn das Landesarchiv fertig ist, soll es soll das größte Archiv in Deutschland sein.
Wenn das Landesarchiv fertig ist, soll es soll das größte Archiv in Deutschland sein. © Stephan Eickershoff
Der Lehnkering-Speicher und die Baustelle des neuen NRW - Landesarchiv Anfang November 2011.
Der Lehnkering-Speicher und die Baustelle des neuen NRW - Landesarchiv Anfang November 2011. © Stephan Eickershoff
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Der Neubau von der Schwanentorbrücke aus gesehen. Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Der Neubau von der Schwanentorbrücke aus gesehen. Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011.
Baustellen-Bilder vom 11. Oktober 2011. © Gerd Wallhorn
Ein Foto vom 20. Juli 2011. Der Archivturm ist erst wenige Meter hoch. In der Folgezeit wuchs er um drei bis vier Meter pro Tag.
Ein Foto vom 20. Juli 2011. Der Archivturm ist erst wenige Meter hoch. In der Folgezeit wuchs er um drei bis vier Meter pro Tag. © Stephan Eickershoff
Um keine Verkehrsteilnehmer zu gefährden wurde die Straße nach dem Unwetter gesperrt. Einen noch schlimmeren Sturm - nämlich den der Entrüstung - hat das Projekt da längst hinter sich.
Um keine Verkehrsteilnehmer zu gefährden wurde die Straße nach dem Unwetter gesperrt. Einen noch schlimmeren Sturm - nämlich den der Entrüstung - hat das Projekt da längst hinter sich. © Stephan Eickershoff
Nach schon dubiosen Verkaufspraktiken des Gebäudes und Geländes sind die Baukosten explodiert. Ursprünglich hatte das Land mit 80 Millionen Euro Kosten für das Landesarchiv kalkuliert, im Februar 2011 sind es schon 160 Millionen Euro sein.
Nach schon dubiosen Verkaufspraktiken des Gebäudes und Geländes sind die Baukosten explodiert. Ursprünglich hatte das Land mit 80 Millionen Euro Kosten für das Landesarchiv kalkuliert, im Februar 2011 sind es schon 160 Millionen Euro sein. © Matthias Graben
Im diesem Zusammenhang durchsuchen Staatsanwaltschaft,Polizei und Steuerfahnder mehrere Male Büros von Firmen, die mit dem Bau betraut sind und wurden unter anderem auch im Duisburger Rathaus vorstellig.
Im diesem Zusammenhang durchsuchen Staatsanwaltschaft,Polizei und Steuerfahnder mehrere Male Büros von Firmen, die mit dem Bau betraut sind und wurden unter anderem auch im Duisburger Rathaus vorstellig. © Mark Keppler
Sieben Monate nach dem Spatenstich. Die Baustelle Ende Novemer 2010. Der mittlere Teil des Daches ist schon abgetragen.
Sieben Monate nach dem Spatenstich. Die Baustelle Ende Novemer 2010. Der mittlere Teil des Daches ist schon abgetragen. © Stephan Eickershoff
Knapp ein halbes Jahr später war dann Baubeginn.
Knapp ein halbes Jahr später war dann Baubeginn. © Friedhelm Geinowski
Am 6.Oktober 2010 arbeiten Handwerker auf dem Dach des RWSG-Speichers am Schwanentor.
Am 6.Oktober 2010 arbeiten Handwerker auf dem Dach des RWSG-Speichers am Schwanentor. © Friedhelm Geinowski
So sah das Gelände während der Feierlichkeiten zum offiziellen ersten Spatenstich am 12. April 2010 aus.
So sah das Gelände während der Feierlichkeiten zum offiziellen ersten Spatenstich am 12. April 2010 aus. © Stephan Eickershoff
So sah das Gelände während der Feierlichkeiten zum offiziellen ersten Spatenstich am 12. April 2010 aus.
So sah das Gelände während der Feierlichkeiten zum offiziellen ersten Spatenstich am 12. April 2010 aus. © Stephan Eickershoff
So sah das Gelände während der Feierlichkeiten zum offiziellen ersten Spatenstich am 12. April 2010 aus.
So sah das Gelände während der Feierlichkeiten zum offiziellen ersten Spatenstich am 12. April 2010 aus. © Stephan Eickershoff
Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers und Architekt Prof. Laurids Ortner, der dem ehemaligen Landesvater ein Modell des neuen Archivs überreicht.
Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers und Architekt Prof. Laurids Ortner, der dem ehemaligen Landesvater ein Modell des neuen Archivs überreicht. © Stephan Eickershoff
Am 12. April war dann Spatenstich an der  Schifferstrasse im Duisburger Innenhafen.
Am 12. April war dann Spatenstich an der Schifferstrasse im Duisburger Innenhafen. © Stephan Eickershoff
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© Stephan Eickershoff
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Diese eine oder andere Frage hätte man sich gerne vom Ex-OB, dem Ex-Baudezernenten der Stadt oder dem Ex-Kulturstaatssekretär beantworten lassen. Jetzt wird allem Anschein nach der politische Kampf abgeblasen und die Aufklärung von technischen Sachfragen in einen Unterausschuss des Landtages verklappt.

So einfach indes kann es sich die Staatsanwaltschaft Wuppertal nicht machen: Sie ackert sich seit dem 26. Juli 2010 durch ein Gebirge von Akten, ermittelt mittlerweile gegen 26 Beschuldigte wegen des Verdachtes der „Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit“. Unter ihnen: Der Ex-Geschäftsführer der landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebe, die Essener Projektentwickler Kölbl/Kruse und Duisburgs Ex-OB Sauerland. In Kern, so sagte gestern Oberstaatsanwalt Tilman Baumert, gehe es bei vier BLB-Projekten (Landesarchiv, Polizeipräsidium Köln, FH Köln, Schloss Kellenberg, Jülich) um so genannte „kaufmännisch sinnlose Entscheidungen“. Wenn man solche Entscheidungen trotzdem tätige, stoße man sehr häufig auf Korruption! Auch in diesen Fall? Baumert: „Das wissen wir noch nicht.“ Wann weiß er es? „Auch das wissen wir noch nicht.“