Duisburg. . Eine “schleichende Sozialdemokratisierung“ wirft Jürgen Aust, Mitglied im Landesvorstand der NRW-Linken, seinen Duisburger Parteikollegen vor. Es gibt unter anderem Streit wegen der Linie der Linkspartei bei den Häuserabrissen im Rahmen der Grüngürtel-Planung.

Ein Riss geht durch die Duisburger Linken, und Grund ist die Beteiligung an der rot-rot-grünen Koalition im Rathaus. Eine „schleichende Sozialdemokratisierung“ warf unlängst Jürgen Aust, Mitglied im Landesvorstand der NRW-Linken, seinen Partei-„Freunden“ in den Duisburger Fraktionen von Rat und Bezirksvertretung vor. Er verglich die Linke-Linie in Duisburg mit der „Berliner Linie“ der Linken-Vorgängerin PDS in Berlin und Brandenburg, wo durch Koalitionen mit der SPD „gegen ein paar Zugeständnisse in Randbereichen“ eine „neoliberale Politik“ mitgetragen worden sei.

Eine ähnliche Haltung sieht Aust bei den Duisburger Linken vor allem im Rat, weil dort sowohl die Planungen für den Grüngürtel Bruckhausen als auch für das Factory Outlet Center in Hamborn, jeweils verbunden mit Häuserabrissen, mitgetragen werden. Weiterer Vorwurf: Die Ratsfraktion habe nicht wie von der Partei beschlossen, eine linke Kandidatin fürs Amt des Planungsdezernenten vorgeschlagen, sondern einen SPD-Mann. Dass die Linke ohne Koalition mit SPD und Grünen überhaupt nicht zu einem Vorschlagsrecht gekommen wäre, ist Aust in einem Beitrag für die „Sozialistische Zeitung“ keine Erwähnung wert.

Zwischen Anspruch und Möglichkeit

Die Linke ist – wenn man ihre unrühmlichen Wurzeln in PDS und SED außer Acht lässt – eine junge Partei. Und sie macht in Duisburg das mit, was alle Parteien in ihrer Jugendzeit mitgemacht haben, nämlich das Ringen zwischen Anspruch und Möglichkeit.

Die Kritiker werfen der Linken-Fraktion Abweichungen von der reinen Lehre vor, die Fraktion beruft sich darauf, in Verantwortung für die Stadt und die Menschen Linken-Positionen zumindest in Teilen umzusetzen.

Die Linken sollten jetzt für sich klären: Müssen’s stets 100 Prozent Umsetzung des eigenen Anspruchs sein oder sind 90, 50, auch 10 Prozent nicht besser als 0 Prozent? Totalopposition wäre sicher bequemer, aber auch völlig ohne Wirkung.

Im selben Organ hat der Vorsitzende der Linke-Ratsfraktion jetzt die „ergebnisorientierte linke Kommunalpolitik“ verteidigt und sich gegen „Propagandismus“ ausgesprochen, wie er von Teilen des Duisburger Linke-Kreisverbandes gefordert werde. Die Arbeit der Fraktion, so Dierkes weiter, sei „im Westen Neuland“ und habe „experimentellen Charakter“. Dabei seien Fehler unvermeidbar„Wir lösen kommunalpolitisch nicht Hartz IV und den gesetzlichen Mindestlohn“, wandte sich Dierkes gestern gegenüber der WAZ gegen die Kritiker der Fraktionsarbeit vor Ort

Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Fraktion

Innerhalb der Gesamtfraktion, die die Mitglieder von Rat und Bezirksvertretungen umfasst, habe man erst kürzlich ein „Selbstverständnispapier“ erarbeitet und zwar „einvernehmlich“. Darin heißt es: „In der Kommunalpolitik können und müssen wir auf vielen Gebieten Gestaltungsspielräume wahrnehmen – im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaft.“

Zugestanden wird, dass es in dieser Frage „gravierende Differenzen“ gibt, was Kommunalpolitik und politische Verantwortung zu bedeuten hat. Und: „Wir gehen davon aus, dass diese Meinungsverschiedenheiten nicht schnell zu überwinden sind.“ Gegenüber der WAZ war Dierkes optimistischer: „Das kriegen wir hin.“