Duisburg. .

Lesungen in drei Sprachen, aufstrebende Jung-Autoren und ein Stargast, der wie gewohnt kein Blatt vor den Mund nahm: Das 6. Fest des jüdischen Buches lockte am Sonntag zahlreiche Gäste ins jüdische Gemeindezentrum im Innenhafen. Zudem unterstrich das Festival seinen offenen Charakter: „Ich schätze, dass etwa 70 Prozent der Gäste Nicht-Juden waren“, bilanzierte Veranstalterin Tanya Smolianitski zufrieden.

Umstrittenes Thema beim größten jüdischen Literaturfestival Deutschlands: Die Erinnerung an den Holocaust, von der Starautor Henryk M. Broder in seinem gleichnamigen Buch fordert „Vergesst Auschwitz“.

„Es kann kein verordnetes Vergessen geben. Aber wenn wir die Wahl zwischen Erinnern und Vergessen haben, sollten wir lieber vergessen“, sagte Broder in seinem Vorwort. Eine provokante These, die der Autor jedoch erklärte: „Wir sollten stattdessen versuchen, neue Genozide zu verhindern.“ Broder warnte in dem Zusammenhang eindringlich vor einem drohenden Krieg zwischen Iran und Israel sowie dessen Folgen.

"Antisemitismus des reinen Herzens"

Während seiner gut einstündigen Lesung setzte sich Broder mit den politischen Verhältnissen in Deutschland auseinander und schoss vor allem gegen die Linkspartei und deren Vorsitzenden Gregor Gysi. In scharfen Worten kritisierte er ihren „Antisemitismus des reinen Herzens“ und verurteilte die Scheinheiligkeit, mit der linker Antisemitismus abgetan werde: „So wie es in der DDR niemals Arbeitslosigkeit, Unrecht oder Neonazis gab, so gibt es in der Linkspartei keine Antisemiten“, stellte Broder sarkastisch fest.

Der Autor nahm zudem auch den Duisburger Lokalpolitiker und Ratsmitglied der Linkspartei Hermann Dierkes aufs Korn, den er als „aufrechten Antisemiten“ bezeichnete. Bereits die Reue der Linken sei Heuchelei: „Sie ist so wertvoll wie ein gebrauchtes Taschentuch – man kann es nur noch recyclen“, sagte Broder.

Abwechslungsreiches Programm

„Wir haben ein sehr abwechslungsreiches Programm zusammengestellt“, erklärte Tanya Smolianitski. „Das war nicht so einfach, denn wir hatten in den vergangenen Jahren schon viele Autoren zu Gast.“ Besonders gut kamen junge Autoren beim Publikum an, etwa Susan Jane Gilman oder auch Katharina Höftmann, die über ihr Leben zwischen Berlin und Tel Aviv las.

Henryk M. Broder bezog zum Ende seiner Lesung noch einmal klar Stellung zum Konflikt zwischen Israel und Iran sowie die Rolle der deutschen Politik: „Der Bundestag sollte die Bundesregierung auffordern, ihre diplomatischen Beziehungen zum Iran abzubrechen oder zumindest abzukühlen, solange bis der Iran erklärt hat, wie genau er Israel vernichten will“, forderte Broder, der für seine Worte viel Beifall, aber auch vereinzelte skeptische Blicke erhielt. Doch auch die umstrittenste Lesung nahm ein versöhnliches Ende: „Ich hoffe inständig, dass ich in meinem Buch irre“, sagte Broder.