Duisburg. . Der Vorsitzende rief selbst bei der Drogenberatung an, um die Sozialprognose für einen Autoknacker zu überprüfen. Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt, weil ihr die vom Gericht ausgestellte günstige Prognose nicht ausreichend begründet erschien.
Zwei Autos hatte ein 34-jähriger Marokkaner am 2. September 2010 am Rathaus Hamborn geknackt und wurde prompt erwischt. Dafür verurteilte ihn das Amtsgericht den Drogensüchtigen zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe. In zweiter Instanz musste sich das Landgericht mit dem Fall beschäftigen.
Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt, weil ihr die vom Amtsgericht ausgestellte günstige Prognose für die Entwicklung des Angeklagten nicht ausreichend begründet erschien. Schließlich sei der 34-Jährige ein „Bewährungsversager“ und der zweite Autoaufbrauch ein „Diebstahl mit Waffen“ gewesen.
„Ich hatte so etwas ja noch nie gemacht“
Das allerdings nur, weil der Marokkaner ein Fahrtenmesser neben einer Sonnenbrille, einem Fernglas und vier Euro Bargeld beim ersten Autoaufbruch erbeutet hatte. „Ich hatte so etwas ja noch nie gemacht“, entschuldigte sich der Angeklagte. „Aber ich war auf Entzug.“
Inzwischen, so der 34-Jährige habe er erfolgreich eine sechsmonatige Drogentherapie abgeschlossen, die er auf eigenen Wunsch hin so weit weg von Zuhause wie möglich absolviert habe. Er ziehe gerade aus seiner bisherigen Wohnung in Neumühl, um das alte Umfeld hinter sich zu lassen. Er habe gute Aussichten auf einen Job und gehe regelmäßig zur Drogen-Nachsorge.
Staatsanwaltschaft hatte ein Einsehen
Der Vorsitzende machte sich ungewöhnliche Mühe, diese Angaben zu überprüfen. Gemeinsam mit den übrigen Verfahrensbeteiligten zog er sich ins Richterzimmer zurück und nahm dort telefonisch Kontakt zur zuständigen Mitarbeiterin der Drogenberatung auf. Auch dort hatte man offenbar den Eindruck gewonnen, dass es der Angeklagte ernst damit meine, nun sein Leben zu ändern.
Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin ein Einsehen und zog ihre Berufung zur Erleichterung des 34-Jährigen zurück.