Duisburg.

„Ich hab Rücken!“ Der Spruch klingt für Germanisten und andere Sprachästheten heiter. Doch den Betroffenen ist allzu oft gar nicht zum Lachen zu Mute. Denn Millionen Deutsche leiden unter heftigen, stechenden Rückenschmerzen, viele quälen sich mit einem Bandscheibenvorfall.

Ein Fall für Professor Dr. Michael Zimmermann, Chefarzt der Neurochirurgie am Evangelischen und Johanniter Klinikum Niederrhein. Der 50jährige Neurochirurg, der im Fahrner Krankenhaus jährlich bis zu 1800 Patienten operiert, referierte beim WAZ-Medizinforum vor rund 100 Bürgern über diese Volkskrankheiten.

"Stoßdämpfer des menschlichen Körpers"

„Die Bandscheibe ist der Stoßdämpfer des menschlichen Körpers“, erläuterte Professor Zimmermann. „Wie alle anderen Organe altert auch die Wirbelsäule, verliert mit den Jahren an Spannkraft und Elastizität. Dabei entstehen im äußeren Faserring der Bandscheibe kleine Risse, durch die Gallertmasse austritt, die auf den Ischias-Nerv drückt In den meisten Fällen kann Zimmermann schon anhand der Symptome einen Bandscheibenvorfall lokalisieren.

Auf leisen Sohlen

Der Mediziner hielt seinen gut besuchten Vortrag in der Eingangshalle der Klinik. Niemand wollte ihn dabei stören. Also schlichen Patienten, Ärzte, Pfleger und Besucher dabei ganz leise durch das Foyer. Wie auf Zehenspitzen. Für ihre Wirbelsäulen machte das aber keinen Unterschied. Denn sie werden dabei genauso beansprucht wie beim normalen Laufen, so Professor Zimmermann.

In 90 bis 95 Prozent aller Fälle helfen schon kombinierte konservative Behandlungen, wie Wirbelsäulen- Gymnastik, Physiotherapien und/oder eine Schmerzbehandlung mit dem Wirkstoff Diclofenac. Dabei kann ein „Cocktail“ aus Kortison und Schmerzmitteln direkt an den betroffenen Nerven im Wirbelkanal injiziert werden, die so genannte PRT.

Zurückhaltung bei Operationen

Bei Operationen ist der Fachmann dagegen eher zurückhaltend: „Ein operativer Eingriff ist nur bei Lähmungen der Beine oder Füße sowie in hartnäckigen Fällen angezeigt, in denen die konservative Therapie wirkungslos gewesen ist. Die Entscheidung pro oder contra Operation ist in jedem Fall eine Risiko-Nutzen-Analyse, bei der genau abgewogen werden muss.“

Die OP des Bandscheibenvorfalls wird heute minimal-invasiv unter einem Mikroskop vorgenommen, damit entfällt ein Großteil der früheren Risiken. Trotzdem bleiben auch bei einer modernen Operation in Einzelfällen Gefahren wie Blutungen und Infektionsrisiken Und bei 5 bis 10 Prozent der operierten Patienten kann es durchaus auch zu einem weiteren Bandscheibenvorfall kommen. Auch zu Versteifungsoperationen geht der Chirurg auf kritische Distanz. Häufig ist eine Versteifungsoperation nicht erforderlich.“

Rückenmuskulatur aufbauen

Die klassischen Rückenschmerzen werden durch die Beanspruchung und Degeneration der Wirbelsäule hervorgerufen, durch Haltungsschäden, die eher durch häufiges Sitzen und Stehen als durch Heben oder Tragen hervorgerufen werden. Zimmermann rät zum Aufbau der Rückenmuskulatur: „Jeder kann auch durch Schwimmen, Spazierengehen, Walking oder Jogging vorbeugen.“

Rückenschmerzen - was tun?

Viele Menschen leiden an Rückenschmerzen. Dabei kann man einfach vorbeugen. Sehr wichtig ist, dass die Rückenmuskulatur durch Bewegung gestärkt wird. (Foto: imago)
Viele Menschen leiden an Rückenschmerzen. Dabei kann man einfach vorbeugen. Sehr wichtig ist, dass die Rückenmuskulatur durch Bewegung gestärkt wird. (Foto: imago) © imago
Zum Beispiel sollte man öfter die Treppe statt den Fahrstuhl  nehmen... (Foto: imago)
Zum Beispiel sollte man öfter die Treppe statt den Fahrstuhl nehmen... (Foto: imago) © imago stock&people imago
...das Fahrrad statt dem Auto benutzen... (Foto: imago)
...das Fahrrad statt dem Auto benutzen... (Foto: imago) © imago
...oder kleine Strecken einfach zu Fuß gehen. (Foto: imago)
...oder kleine Strecken einfach zu Fuß gehen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Muskelverspannungen sind die häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen. (Foto: imago)
Muskelverspannungen sind die häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen. (Foto: imago) © imago
Kassiererinnen leiden besonders häufig unter Muskelverspannungen, da durch das Drehen vom Fließband zur Kasse immer dieselben Muskeln belastet werden. (Foto: imago)
Kassiererinnen leiden besonders häufig unter Muskelverspannungen, da durch das Drehen vom Fließband zur Kasse immer dieselben Muskeln belastet werden. (Foto: imago) © imago
Ebenfalls schädlich für die Muskulatur ist langes Sitzen, zum Beispiel am Schreibtisch. (Foto: imago)
Ebenfalls schädlich für die Muskulatur ist langes Sitzen, zum Beispiel am Schreibtisch. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Auch die Arbeit am Computer ist ein Problem. Beim Tippen ziehen viele Menschen automatisch die Schultern hoch. Das ist jedoch schlecht für die Muskulatur. (Foto: imago)
Auch die Arbeit am Computer ist ein Problem. Beim Tippen ziehen viele Menschen automatisch die Schultern hoch. Das ist jedoch schlecht für die Muskulatur. (Foto: imago) © imago
Psychische Probleme und Sorgen wirken sich ebenfalls negativ auf die Muskulatur aus. (Foto: imago)
Psychische Probleme und Sorgen wirken sich ebenfalls negativ auf die Muskulatur aus. (Foto: imago) © imago
Eine gesunde Ernährung ist wichtig für den Muskelaufbau. (Foto: imago)
Eine gesunde Ernährung ist wichtig für den Muskelaufbau. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Übergewicht ist ebenfalls schlecht für den Rücken, da mehr Gewicht auf Bandscheiben und Knochen drückt. (Foto: imago)
Übergewicht ist ebenfalls schlecht für den Rücken, da mehr Gewicht auf Bandscheiben und Knochen drückt. (Foto: imago) © imago
Bettruhe ist bei Rückenschmerzen keine Lösung. Je mehr man sich bewegt, desto schneller verschwinden die Schmerzen. (Foto: imago)
Bettruhe ist bei Rückenschmerzen keine Lösung. Je mehr man sich bewegt, desto schneller verschwinden die Schmerzen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Betroffene sollten Sport treiben. Aber Vorsicht: nicht alle Sportarten helfen. Rücken- und Kraulschwimmen sind sehr gut, Brustschwimmen dagegen überdehnt die Halsmuskulatur. (Foto: imago)
Betroffene sollten Sport treiben. Aber Vorsicht: nicht alle Sportarten helfen. Rücken- und Kraulschwimmen sind sehr gut, Brustschwimmen dagegen überdehnt die Halsmuskulatur. (Foto: imago) © imago
Der Verein
Der Verein "Aktion Gesunder Rücken" warnt davor unbedacht Schmerzmittel einzunehmen, da diese auch Nebenwirkungen haben. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Treten die Schmerzen unerträglich stark auf, sollte man zum Arzt gehen. (Foto: imago)
Treten die Schmerzen unerträglich stark auf, sollte man zum Arzt gehen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Bekanntlich lindert Wärme den Schmerz. Kleidung kann den Rücken warm halten. Ein Bad oder ein Besuch in der Sauna helfen ebenso. (Foto: imago)
Bekanntlich lindert Wärme den Schmerz. Kleidung kann den Rücken warm halten. Ein Bad oder ein Besuch in der Sauna helfen ebenso. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Meist verschwinden die Rückenschmerzen innerhalb von sechs Wochen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist ein Arztbesuch sinnvoll. (Foto: imago)
Meist verschwinden die Rückenschmerzen innerhalb von sechs Wochen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist ein Arztbesuch sinnvoll. (Foto: imago) © imago stock&people imago
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