Duisburg. .

Zur Geschichte türkischer Einwanderer der ersten Generation in Duisburg gibt es jetzt das passende Buch: Fakir Baykurts Roman „Halbes Brot“ wurde von Sabine Adatepe ins Deutsche übersetzt. Sie stellte das Buch am Montag in der Stadtbibliothek vor und las drei Passagen daraus. Die Hamburgerin ist Turkologin, lebte vier Jahre in Istanbul und arbeitet als freie Übersetzerin.

Der lange in Duisburg lebende und 1999 verstorbene Fakir Baykurt gilt in der Türkei mit seinem Spätwerk als einer der bedeutendsten Vertreter türkischer Literatur, wie Yilmaz Holtz-Ersahin in seiner Einführung betonte.

Teil einer Trilogie

Geschrieben für seine Landsleute schiebt der Roman „Halbes Brot“, den Baykurt als letzten Teil einer Duisburg-Trilogie verfasste, mit der nun vorliegenden Übersetzung für den deutschen Leser einen Vorhang beiseite. Er gibt damit den Blick frei auf eine – nicht ganz – normale Familiengeschichte aus dem Stadtteil Hochfeld.

Szenarien wie die Pauluskirche und Personen (Oberbürgermeister Josef Krings) sind dem Duisburger Leser des Buches bekannt, wodurch der Lesestoff sehr schnell eine persönliche Beziehung zu den Protagonisten der Handlung entstehen lassen kann.

Türkische Kultur in Deutschland

Fakir Baykurt erzählt vom Leben der starken Frau Kezik Acar, die mit ihren drei Kindern nach dem Tod ihres Mannes, der bei einem Eisenbahn-Unglück in der Türkei ums Leben kam, nach Deutschland gezogen ist. In Duisburg wachsen die Kinder auf, hier arbeitet sie als Spülfrau und bringt es zu bescheidenem Wohlstand. Ihre große Liebe bleibt der verstorbene „Eisenbahner Mustafa“. Und als sie erkennt, dass ihr Lebensmittelpunkt und der ihrer Kinder Duisburg bleiben wird, beschließt sie, dessen Gebeine aus dem Heimatdorf nach Duisburg zu holen, um sie hier auf dem Friedhof beizusetzen.

Dort will auch sie nach ihrem Tode bestattet werden. Und so macht sie sich mit Hilfe ihrer Kinder auf den Weg, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sie überzeugt den Bürgermeister, der sich – aus wahltaktischen Gründen – für den ersten moslemischen Friedhof einsetzt, reist in ihr Heimatdorf, setzt sich dort über geltende Konventionen hinweg und schafft es mit Hilfe eines Bekannten beim Zoll tatsächlich, die Gebeine ihre geliebten Ehemanns nach Duisburg zu bringen.

Die Frau in der Rolle des Familienoberhaupts und als zentrale Figur des Romans erscheint konträr zu dem, was heute oft die Schlagzeilen beherrscht, wenn es um Zwangsehe und Kopftuchdebatte geht. Doch auch Baykurt ließ die Ehe seiner Protagonistin organisieren, aber gut gehen. Er geht aber an der Diskussion nicht vorbei, klammert das Thema nicht aus, wenn er den Bürgermeister mit seiner Hauptperson diskutieren lässt.

Ein lesenswertes Buch, das abseits offizieller 50-Jahr-Feiern zum Anwerbeabkommen eine Geschichte erzählt, die sich so nicht zugetragen hat, aber zugetragen haben könnte.
Fakir Baykurt: „Halbes Brot“, Dialog Edition,
431 Seiten, 16,80 Euro