Duisburg. . Um ihre selbst gesteckten Öko-Ziele zu erreichen, will die Bahn AG künftig entlang ihrer Gleisstrecken Sonnenstrom produzieren. Dazu sollen auf den rund 1050 Kilometer langen Lärmschutzwänden Solarmodule montiert werden. Eine erste Teststrecke gibt es jetzt in Ruhrort.
Die Deutsche Bahn will entlang ihrer Gleisstrecken künftig Sonnenstrom produzieren. Die Photovoltaik-Anlagen sollen dort angebracht werden, wo sie ohnehin niemanden stören dürften: auf Lärmschutzwänden. Bundesweit gibt es zwei Teststrecken, eine davon in Ruhrort. Seit Anfang des Monats laufen die Arbeiten in der Nähe des neuen Containerbahnhofs.
Die Solarmodule werden auf zwei Schutzwände montiert, sagt Bahn-Sprecher Jürgen Kugelmann auf NRZ-Nachfrage: 382 Module auf einer 430m langen Gabionenwand sowie weitere 249 auf einer 500m langen Alu-Wand. „Die insgesamt 631 Solarmodule liefern 146.000 Kilowattstunden Strom, der ins Duisburger Netz eingespeist wird“, sagt Kugelmann. Ab Dezember soll der Strom fließen.
Potenzial ist gewaltig
Der Test soll unter anderem den Nachweis erbringen, dass die Solarmodule den Lärmschutz nicht beeinträchtigen und den Schall nicht auf angrenzende Häuser reflektieren. Mitte 2012 sollen die Erkenntnisse vorliegen. Die Bahn will daraus schließen, inwieweit sich auch andere Standorte für die Solarstromerzeugung eignen.
Das Potenzial ist jedenfalls gewaltig. Rechnet man die Länge der Lärmschutzwände entlang der deutschen Bahnstrecken zusammen, kommt man auf stolze 1050 Kilometer. Die von Kommunen oder privaten Bauträgern errichteten Wände sind dabei noch nicht einmal eingerechnet. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat die Bahn AG rund 332 Kilometer Schallschutzwände errichtet. Kosten: rund 400 Millionen Euro.
Den Linken geht es nicht schnell genug
Der Solarstrom von der Lärmschutzwand soll helfen, dass die Bahn AG ihre selbst gesteckten Öko-Ziele erreicht: Bis 2020 will sie den Anteil erneuerbarer Energien im Bahnstrommix von derzeit 20 auf bis zu 35 Prozent erhöhen, bis 2050 soll die Bahnstromversorgung komplett auf regenerativen Energien basieren.
Den Linken geht das nicht schnell genug. „Über wenige Pilotprojekte ist die ökologische Kombination von Lärmschutz und Solarstrom nicht hinausgekommen“, kritisierte die Abgeordnete Dagmar Enkelmann jüngst im Bundestag. Während Firmen und Kommunen händeringend nach freien Flächen für Solaranlagen suchten, lasse die Bahn die Potenziale „links liegen“.
Die Privatwirtschafthat Lunte gerochen
In der Tat ist die Idee nicht neu. Bereits 2003 ging an der Bahnstrecke in Vaterstetten bei München erstmals eine Photovoltaikanlage an einer Lärmschutzwand in Betrieb. Das Problem: Die Bahn AG kann daraus kaum Erkenntnisse ziehen, weil nicht sie, sondern ein Privatunternehmen die Anlage betreibt. Zeitgleich zu Ruhrort baut die Bahn auch in Nürnberg eine eigene Anlage. Finanziert wird das Projekt aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung.
Allerdings hat auch längst die Privatwirtschaft Lunte gerochen: Eine Firma aus Kaufbeuren bietet nach eigenen Angaben als weltweit erster Hersteller „ökologische Lärmschutzwände mit Energiegewinnungsfunktion“ an. Damit könnten Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen bereits nach 15 Jahren Geld verdienen, wirbt die Firma. Die Öko-Lärmschutzwände würden mindestens 80 Jahre halten und seien für den Einsatz an den Strecken der Bahn AG freigegeben, heißt es.