Duisburg. . 16 Monate muss ein 27 Jahre alter Mann ins Gefängnis, der im Juli im Duisburger Stadtteil Wanheim eine Siebenjährige in ein Gebüsch ziehen wollte. Das Eingreifen einer mutigen 85-Jährigen, die dabei verletzt wurde, sorgte damals republikweit für Schlagzeilen. Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht verzieh die Seniorin ihrem Peiniger.

Republikweit sorgte das Eingreifen einer mutigen 85-Jährigen am 8. Juli für Schlagzeilen. In Wanheim hatte sie beobachtet, dass ein ihr unbekannter Mann ein Nachbarskind in ein Gebüsch ziehen wollte. Als sie dazwischen ging, landete sie mit einem gebrochenen Arm im Krankenhaus. Mittwoch musste sich der Täter, ein 27-jähriger Mann, der zuletzt in Ruhrort lebte, vor dem Amtsgericht verantworten.

Der Vorfall ereignete sich auf einem Spielplatz an der Gustavsburger Straße. „Mir kam das komisch vor, dass der Mann so freundlich mit dem Kind sprach und ihm Geld gab“, erinnerte sich Elisabeth S. im Zeugenstand. Als der Mann das Mädchen (7) an den Händen nahm, griff die frühere Buchhalterin ein.

„Ich habe das Kind gerufen. Es ließ den Mann los. Der kam auf mich zu und hat mir eine Ohrfeige gegeben.“ Dann entriss er der Rentnerin ein Schlüssel-Etui, verdrehte ihr dabei den Arm. „Er hat reingeschaut und es mir dann vor die Füße geworfen. Der hat wohl gedacht, da wäre Geld drin.“ Die 85-Jährige erlitt einen Trümmerbruch des rechten Unterarms, lag elf Tage im Krankenhaus. Der 27-Jährige wurde in der Nähe von der Polizei gefasst.

Ihr Rat: „Machen Sie was Gutes mit Ihrem Leben.“

Der Angeklagte räumte die Tat rückhaltlos ein. Er betonte aber nachdrücklich, kein sexuelles Motiv gehabt zu haben, als er das Kind angesprochen habe. Als die Rentnerin eingriff, sei er in Panik geraten. „Das ist wohl schwer zu erklären“, so sein Verteidiger.

Die Sicht der Nachbarn

Der Fall der mutigen, 85-Jährigen Heldin aus Wanheim, die ein 7-jähriges Mädchen wohlmöglich vor einer grauenhaften Straftat gerettet hat, sorgte im gesamten deutschsprachigem Raum für großes Aufsehen. Die Richter konnten dem Angeklagten kein sexuelles Motiv nachweisen. Nachbarn aus Wanheim sehen das anders. Eine Frau berichtete, dass der Angeklagte zuvor schon versucht habe, ihr Kind mit Geld zu locken. Jedoch sei ihre Tochter daraufhin sofort nach Hause gelaufen. Die Mutter dieses Kindes glaubt fest daran, dass der 27-Jährige die Kinder misshandeln wollte.

Der Angeklagte hatte sich bereits aus der Untersuchungshaft heraus brieflich an die Rentnerin gewandt. „Hiermit entschuldige ich mich für das, was ich Ihnen angetan habe“, hieß es in dem Schreiben. „Das Unrecht, was Sie verhindern wollten, wollte ich nicht begehen. Wenn es aber so aussah, haben Sie alles richtig gemacht.“

Im Gerichtssaal wiederholte der 27-Jährige seine Entschuldigung. Und Elisabeth S. vergab ihm. „Ich bin ein christlich eingestellter Mensch“, meinte sie und riet dem Angeklagten: „Machen Sie was Gutes mit Ihrem Leben.“

Wegen Nötigung, versuchtem Raub und Körperverletzung verurteilt

Eine Heldin will die 85-Jährige übrigens nicht sein. Von Interviews und Kameras wollte sie nichts wissen. „Ich mag nicht im Mittelpunkt stehen.“ Der Richter dankte ihr ausdrücklich für ihr Eingreifen: „So etwas ist wichtig, in einer Zeit, in der viel zu viele Menschen wegsehen.“

Ein sexuelles Motiv war dem Angeklagten nicht nachzuweisen. So blieb es bei einer Verurteilung wegen Nötigung, versuchten Raubes und Körperverletzung. Vergeblich hatte der Verteidiger für seinen Mandanten, der erst kurz vor der Tat aus dem Gefängnis entlassen worden war, eine Bewährungschance gefordert. Angesichts der Gesamtumstände und der Vorstrafen sah das Gericht dafür keinen Raum. Nun muss der 27-Jährige 16 Monate hinter Gitter.