Essen. Nach dem Streit um den Werbespruch „For You. Vor Ort“ erklärt sich das Unternehmen nun ausführlich im Internet. Die Aussage über das Bildungsniveau der Kunden sei missverstanden worden. Die Nutzer sind jedoch verärgert.
For You. Vor Ort. Ein Unternehmensmotto, das laut einem persönlichen Brief der Schlecker-Unternehmenskommunikation auf Kunden mit „niederem bis mittlerem Bildungsniveau“ zugeschnitten ist. Viele Kunden fühlen sich davon beleidigt. Nun erklärt sich Schlecker.
„Wer so von seinen Kunden denkt, braucht diese auch nicht als Käufer!“ kommentiert ein User den Artikel, ein anderer schreibt „Das war ein Eigentor ohne Gleichen (...) Da gehe ich doch im Leben nie wieder hin.“ Viele Kommentare haben einen ähnlichen Tenor. Der ohnehin angeschlagene Ruf des Drogisten hat durch den Brief noch weiter gelitten.
Einfache Menschen bilden „das Rückgrat unserer Gesellschaft“
Nun hat sich Schlecker eingeschaltet. In einem Blogeintrag wird der Brief von Florian Baum, Leiter der Unternehmenskommunikation des Drogerie-Kette an den Verein für Sprachpflege e. V. noch einmal ausführlich erklärt. Patrick Hacker, von der Düsseldorfer Kommunikationsagentur komm.passion schreibt für Schlecker: „Ja, wir stehen zu diesem Motto, wie wir auch zu einer unserer wichtigsten Zielgruppen stehen: Menschen mit einfachem bis mittlerem Bildungsniveau. Menschen also, die ganz normal einen Haupt- oder Realschulabschluss gemacht haben und heute in vielfältigen Berufen das Rückgrat unserer Gesellschaft bilden – zum Beispiel als Handwerker, Briefträger, Krankenschwestern, Büroangestellte oder auch als Hausfrauen und -männer“
Dabei zeigt sich das Unternehmen empört von der Internetdebatte - und schiebt den Schwarzen Peter zurück. Nicht Schlecker, sondern die Internetnutzer hätten ein niedriges Bildungsniveau mit „unterbelichtet“ und „dumm“ gleichgesetzt und sich damit „zynisch“, „unverschämt“ und „arrogant“ verhalten.
Im Gespräch mit der derWesten bekräftige Patrick Hacker diese Position. Eine „soziologische Einordnung“ der Kunden sei nichts Verwerfliches, sondern eine ganz normale Unternehmenspraxis. Der „falsche Zungenschlag“ sei nicht durch Florian Baum, sondern durch die Medien in die Debatte gebracht worden.
Schlecker-Image ohnehin angekratzt
Und mit Schlecker findet die Debatte tatsächlich ein dankbares Opfer. Der Ruf des Unternehmens ist ohnehin angekratzt. Immer wieder weisen Nutzer in ihren Kommentaren auf die früheren Skandale der Drogerie-Kette hin. „Es ist schon lange bekannt, dass Schlecker seine Mitarbeiter aufs Übelste ausbeutet.“ kommentiert ein User den Artikel. Die Kritik an den schlechten Arbeitsbedingungen zieht sich durch fast alle Kommentare.
Dabei schaltet sich der Kommunikationsbeauftragte Hacker immer wieder ein. Die Kommentierenden hätten augenscheinlich „aktuelle Entwicklungen nicht auf dem Schirm“. Mittlerweile werde Schlecker sogar von Gewerkschaften für den Umgang mit den Mitarbeitern gelobt. Die lebhafte Teilnahme an der Diskussion ist, so Hacker, Teil einer neuen Schlecker-Strategie.
Offen, Ehrlich, Transparent - die neue Strategie
Offen, ehrlich, transparent wolle man nun sein - auch weil man wisse, dass in der Vergangenheit vieles nicht gut gelaufen sei. „Wer schweigt, nimmt hin, dass er missverstanden wird“, so Hacker weiter. Dies wolle man künftig nicht mehr in Kauf nehmen, sondern sich aktiv beteiligen, mit Blog-Einträgen, Kommentaren - so wie es aktuell vorgemacht wird.
„Diese Offenheit hätten uns viele nicht zugetraut“ klopft sich der Kommunikationsexperte auf die Schulter. Auf diese Weise könnte man viel Respekt und Glaubwürdigkeit gewinnen. Allein, bei den Kommentaren unter dem Artikel, ist diese Wirkung noch nicht zu beobachten. „Da kann es nur eine Antwort geben: Mit den Füßen abstimmen.“ reagiert ein Nutzer genervt. „Dann kommen diese Oberschlauen vom hohen Roß herunter.“