Duisburg. .

Noch thront der blaue Koloss auf Stützen am Südufer des Vinckekanals. Fast 90 Meter lang und 13 Meter breit, bringt die Stahlkonstruktion mehr als 700 Tonnen auf die Waage. Im Dezember soll sie als Behelfsbrücke zwischen Tausendfensterhaus und ehemaligen Kaiserhafen ihren eigentlichen Platz einnehmen. Denn die alte Brücke soll erneuert werden.

Doch um die beiden Ufer zu verbinden, muss der Stahlriese erst einmal bewegt werden. Dazu bedarf es einer besonderen Technik: „Zwei selbstfahrende Tieflader nehmen die Brücke an Land auf und fahren sie an den Kanal heran“, erklärt Brückenbau-Projektleiter Reiner Kleine-Nathland von den Wirtschaftsbetrieben Duisburg. Die beiden Wagen fahren so weit, bis die Brücke 30 bis 40 Meter frei über dem Wasser schwebt. Dieses spektakuläre Verfahren ist nötig, weil die Uferbegrenzung in Ruhrort schräg abfällt und die Lader nicht ganz ans Wasser kommen. Auf dem Kanal wird die Behelfsbrücke von einem schwimmenden Ponton aufgenommen. Die Lader schieben das Stahlungetüm mit Hilfe des Pontons auf die andere Seite. Gemeinsam bringen sie das Bauwerk in die endgültige Position. „Wir hoffen, dass das Verschieben höchstens einen Tag dauern wird“, so Kleine-Nathland.

Zwei Bauabschnitte

Zu der großen Brücke über den Kanal kommt noch eine deutlich kürzere Verbindung über den Vinckeweg. Die knapp zwölf Meter lange Brücke ist bereits eingebaut. Die Kosten für die neuen Brückenteile belaufen sich auf ungefähr 25 Millionen Euro. Es ist aber nur der erste Bauabschnitt. In einem zweiten Bauabschnitt sollen auch die restlichen drei Teile des Oberbürgermeister-Lehr-Brückenzuges erneuert werden. Die Planungen hierfür sind bereits angelaufen.

Diese Methode bietet zwei große Vorteile gegenüber dem klassischen Brückenbau. Zum einen könnten so die Kosten gesenkt werden, wie Bauleiter Andreas Chmielarczyk erläutert: „Die Behelfsbrücke ist nur gemietet. Wenn wir mit dem Projekt fertig sind, wird die sie wieder abgebaut, abtransportiert und woanders erneut benutzt.“ Eine komplette Brücke zu bauen, sei teurer. Zum anderen stört der bisherige Bau weder die Schifffahrt noch den Verkehr. „Die Brücke wurde in sieben Einzelteilen über Straßen hier angeliefert“, beschreibt der Projektleiter den Ablauf. Zusammengebaut wurde sie ebenfalls an Land, direkt neben der Ruhrorter Straße.

„Auf dem Gelände behindern wir niemanden, und die Schiffe können auch weiter fahren“, so Kleine-Nathland. Eng für Autofahrer und die Straßenbahn wird es erst, wenn die alte Verbindung abgerissen wird. Konnten sie bisher nebeneinander her fahren, steht auf der Behelfsbrücke nur noch eine Spur pro Fahrtrichtung zur Verfügung. Die müssen sich Kraftwagen und Nahverkehr teilen. Natürlich kann es dadurch zu Verzögerungen kommen, meint Kleine-Nathland. Sobald das Bauwerk steht, soll es aber deutlich schneller als bisher zwischen Tausendfensterhaus und ehemaligem Kaiserhafen hin und her gehen.

Die neue Brücke wird breiter sein als die alte, mit einer eigenen, höhergelegenen Trasse für die Straßenbahn. „Das Ganze dient auch der Beschleunigung der Linie 901“, so der Projektleiter. Denn auf der alten Oberbürgermeister-Lehr-Brücke darf die Straßenbahn nicht ihr volles Tempo fahren.

Doch auch ohne den Wunsch nach einer schnelleren Bahnspur wäre die Zeit für einen Neubau bald gekommen. Die alte Brücke gilt zwar nicht als akut einsturzgefährdet, doch ihre Belastungsgrenze ist fast erreicht. Bereits 1959 wurde sie errichtet. „Damals hat niemand mit dem Lkw-Aufkommen von heute gerechnet“, sagt Kleine-Nathland. „Man hätte die alte Brücke zwar instand setzen können, aber dann wären Bahn und Lastwagenverkehr nur eingeschränkt möglich gewesen.“ Außerdem wäre dann immer ein gewisses Risiko für die Brücke geblieben – und somit auch für die vielen Menschen, die sie täglich überqueren. Ende 2014 soll das Projekt abgeschlossen sein und der Verkehr schneller fließen.