Duisburg. .
Hat Sie das Einheitsblau auch so irritiert? Getränkehersteller Rheinfelsquellen verpasste den Flaschen seiner drei Mineralwassersorten vor einem Jahr einheitlich blaue Verschlüsse. Warum die Walsumer alles wieder rückgängig gemacht haben, lesen Sie hier.
Irgendwann im Herbst 2010 erlebten viele Kunden des Duisburger Getränkeherstellers Rheinfelsquellen ihr „blaues Wunder“: Wer, wie gewohnt, im Supermarkt nach den Wasserflaschen mit blauen Schraubverschlüssen griff – bis dahin eindeutiges Erkennungszeichen für das „stille“ Mineralwasser „Rheinfels Quelle Naturelle“ ohne Kohlensäure –, der konnte zu Hause mitunter eine prickelnde Überraschung erleben. Erst beim Öffnen und Zischen bemerkten viele Verbraucher: (vermeintlich) richtiger Deckel, falscher Inhalt. Statt stillem Wasser war nun Sprudel in der Flasche – mit besonders viel Pech war sogar Zitronenlimo drin.
Andere Rheinfels-Trinker wiederum suchten in den Getränkemärkten an Rhein und Ruhr vergeblich nach den ihnen bekannten minzgrünen und silbergrauen Verschlüssen, den Erkennungszeichen für das feinperlige „Medium“ beziehungsweise das kohlensäurereiche „Klassik“. Die Verwechslungsgefahr verwirrte die Verbraucher, das Getränke-Chaos war perfekt: „Jetzt hab’ ich mich beim Einkaufen vergriffen und die falschen Flaschen gekauft“, ärgerten sich zunächst die einen. „Gibt es jetzt nur noch eine Sorte Mineralwasser bei Rheinfels?“, fragten sich die anderen.
Nein, kein Kunde hatte sich versehentlich vergriffen, und niemand musste sich auf eine neue Wassersorte einstellen. Nur die Rheinfelsquellen H. Hövelmann GmbH & Co. KG hatte sich vergriffen – und zwar im Farbton: Der Mineralwasserhersteller aus Duisburg-Walsum vereinheitlichte vor etwa einem Jahr plötzlich und ohne Erklärung die Farben der Deckel auf seinen Kunststoff-Mehrwegflaschen. Ob „Medium“, „Klassik“ oder „Lemon“– alle hatten nun einheitlich blaue Verschlüsse. Diese waren zuvor nur „Naturelle“ vorbehalten gewesen.
Die Kunden beschwerten sich über Gleichmacherei
„Wir wollten damit die Zusammengehörigkeit der Sorten zu einer Marke verdeutlichen und so das Markenbild stärken“, sagt Thomas Münzer, zuständig für die Pressearbeit bei Rheinfels. „Wir dachten eigentlich, dass die unterschiedlich gestalteten Etiketten auffällig genug und durch die offen gestalteten Kästen gut zu erkennen sind.“ Doch einige Kunden habe die „optische Gleichförmigkeit“ verwirrt. „Wir haben Verbraucherzuschriften bekommen. Manche Kunden haben sogar Mitarbeiter auf der Straße darauf angesprochen.“
Wie sich nämlich nach der großen Gleichmacherei herausstellte, unterscheiden viele Verbraucher die Sorten nicht anhand der Etiketten, sondern beim Blick ganz oben auf den Flaschenhals. Selbst als die Kunden die neue Farbenlehre verstanden hatten und beim Einkauf auf die Etiketten achteten, verloren spätestens zu Hause all jene den Überblick, die mehrere Sorten eingekauft hatten: Wenn die Durstigen von oben in den Wasserkasten oder auf die liegenden Flaschen im Kühlschrank schauten, sahen sie die Etiketten nicht auf den ersten Blick – sondern wieder nur die einheitlich blauen Verschlusskappen.
Auch wenn es sich in diesem Wasser-Fall eher um einen regionalen Sturm in der Wasserflasche als um ein Walsumer Watergate handelte – die Beschwerden der Verbraucher waren eindeutig. Ihnen reichten die Etiketten nicht als Erkennungsmerkmal der einzelnen Sorten. Hat Rheinfelsquellen von den Kunden also eins auf den Deckel bekommen? „Ich sehe das nicht als Beschwerden“, sagt Münzer, „sondern eher als Hinweise der Kunden an uns.“ Die Hinweise seien zudem überschaubar gewesen. „Die kann man an zwei bis vier Händen abzählen.“
Rheinfels vertraut auf „gesunden Menschenverstand“
Nichtsdestotrotz: Die Hinweise oder Beschwerden haben bei den Rheinfelsquellen zumindest zu einem Umdenken geführt. Seit Anfang September dieses Jahres schrauben die Walsumer wieder Verschlüsse in unterschiedlichen Farben auf Flaschen mit Wasser der Sorten „Klassik“, „Medium“ und „Naturelle“. So ist beim feinperligen „Medium“ mit wenig Kohlensäure gewissermaßen wieder alles im „grünen Bereich“. Auch „Naturelle“, „Klassik“ und „Lemon“ bekommen wieder ihre traditionellen Deckelfarben Blau, Silbergrau und transparentes Hellgrau. Man habe eingesehen, „dass die ‚neuen‘ Flaschen aus bestimmten Perspektiven schlechter zu unterscheiden waren“, erklärt Münzer. Die Wünsche der Verbraucher hätten bei Rheinfels schließlich einen „sehr hohen Stellenwert“.
Dass der Walsumer Wasserlieferant seine Verbraucher vor der nächsten Änderung um Rat fragt, hält Münzer dennoch nicht für notwendig: „Nur manchmal gibt es vorher Verbrauchertests.“ In der Regel genüge der gesunde Menschenverstand – über eine solche Änderung im Design entscheide die Marketingabteilung gemeinsam mit der Geschäftsführung. „Im Normalfall funktioniert das auch“, sagt Münzer. In diesem Fall aber habe Rheinfelsquellen dazu gelernt. „Wir lassen uns gerne eines Besseren belehren.“
Die Verschluss-Verwirrung dauert an
So ganz versiegt ist die Quelle der Verwirrung in den Getränke- und Supermärkten aber noch nicht: Weil das Mineralwasser so lange haltbar ist, könne es noch einige Zeit dauern, bis die Flaschen mit dem Einheitsdeckel von gestern komplett aufgebraucht seien, sagt Münzer. Wann das soweit sein wird, wisse er nicht. Informationen über die Lagerbestände im Handel habe er nicht, und Produktionszahlen zu einzelnen Sorten hält Rheinfels unter Verschluss. In der Übergangsphase können den Verbrauchern im Handel also Flaschen derselben Sorte mit verschiedenen Deckelfarben unterkommen.
Wer das „blaue Wunder“ von Walsum verpasst hat oder es noch einmal in seiner ganzen Pracht erleben möchte, der sollte die Internetseite des Herstellers Rheinfelsquellen besuchen. Dort sind immer noch die Flaschen mit den Verschlüssen im Einheitsblau abgebildet.