Duisburg. .

„Almanya – Willkommen in Deutschland“ zählt zu den Überraschungs-Hits des Kino-Jahres 2011. Die beiden „Macherinnen“ äußerten sich im WAZ-Interview.

Der ebenso lustige wie rührende Streifen lockte seit dem Start 1,2 Mio in Deutschlands Lichtspielhäuser. Beim Sommerkino im Landschaftspark Nord war er der Auftaktfilm, steht als einziger dreimal auf dem Spielplan, alle Vorstellungen sind ausverkauft. Am Rande der Eröffnung stellten sich Regisseurin Yasemin Samdereli und ihre fürs Drehbuch verantwortliche Schwester Nesrin Samdereli den Fragen von WAZ-Redakteur Thomas Richter.

Wissen Sie noch, wo Sie Ihren fertigen Film das erste Mal im Kino gesehen haben?

Yasemin: Natürlich! Das war in München, wo er morgens um zehn in einer Preview den deutschen Kino-Betreibern gezeigt wurde. Uns wurde gesagt: Seid nicht traurig, wenn viele mitten im Film rausgehen, das tun die immer. Aber was soll ich sagen: Da waren 800 Leute im Saal, alle haben sich köstlich amüsiert. Und alle sind sitzen geblieben.

Nesrin: Das war grandios. Wir haben nachher so viel Lob bekommen. Da wussten wir zum ersten Mal: Ja, der Film funktioniert wirklich.

Und wo waren Sie, als sie hörten, dass Ihr Film soeben die Eine-Million-Besucher-Marke geknackt hatte?

Nesrin: Da saßen wir in einem Taxi und waren irgendwo bei Hagen unterwegs.

Yasemin: Plötzlich kam eine SMS vom Chef unserer Verleihfirma Concorde. Ich weiß noch: Laut gejubelt und gekreischt haben wir nicht, wir wollten ja nicht den Taxifahrer erschrecken (lacht). Aber wir haben beide breit gegrinst.

Und was fühlten Sie in diesem besonderen Moment?

Nesrin: Unglaube und Erstaunen. Es konnte ja wirklich niemand ahnen, dass unser Film so gut laufen würde.

Yasemin: Auch Erleichterung, wir wussten ja, dass der Film gut unterwegs war. Und wenn man so nah dran ist, dann will man auch die Million schaffen. Das ist ja doch eine magische Schwelle.

Nesrin: Wir haben dann erst einmal unsere Eltern und Freunden angerufen. Sie waren alle ganz stolz und haben sich so sehr für uns gefreut. Ich empfand das aber auch als Auszeichnung für unser Filmteam. Das waren gut 50 Leute. Und jeder hatte seinen Anteil zum Erfolg beigetragen.

Viele Kritiker hatten im Vorfeld befürchtet, dass der Film kein klares Zielpublikum habe und keinen kommerziellen Erfolg haben könne. Ist das nun ein Film für Deutsche oder für Türken?

Yasemin: Wir hatten schon ein deutschsprachiges Publikum im Blick. Vor allem die jungen Türken, die hier geboren und aufgewachsen sind, sollten sich wiederfinden.

Nesrin: Ich finde, dass wir zuallererst eine Geschichte aus höchst subjektiver Perspektive erzählen wollten. Da hatten wir noch gar kein bestimmtes Publikum im Visier. Es sind ja viele eigene Erinnerungen und Erlebnisse eingearbeitet. Wir haben mehrere Jahre am Drehbuch geschrieben. Als es dann fertig war, haben wir sehr schnell Produzenten gefunden. Aber die Suche nach Geldgebern war schwierig. Insgesamt hat es zehn Jahre gebraucht, bis die Idee ein fertiger Kinofilm war.

Wird Ihr Film irgendwann auch im TV gezeigt?

Yasemin: Ja, wir dürfen nur noch nicht verraten wann und in welchem Sender.

Nesrin: Im Oktober startet er zunächst einmal in den türkischen Kinos. Wir sind sehr gespannt, wie das da funktioniert. Aber wir hatten aufgrund des Erfolges hier schon ganz viele Anfragen von türkischen Medien erhalten.

Gab es eine Publikums-Analyse, ob mehr deutsche oder mehr türkische Besucher den Film gesehen haben?

Yasemin: Nee, genaue Statistiken kenne ich nicht. Aber ich war ein paar Mal undercover im Kino, um zu schauen, wie das Publikum reagiert. In Dortmund saßen im Cinestar in der Vorstellung 80 Prozent Türken und 20 Prozent Deutsche. In der Schauburg waren es fast nur Deutsche. Wichtig ist, dass alle Spaß hatten und zum Nachdenken kamen.

Hat sich durch den Erfolg Ihr Privatleben verändert?

Yasemin: Mich hat in Berlin mal eine Frau in der U-Bahn erkannt. Es ist aber nicht so, dass ich ständig angequatscht werde. Aber sogar mein strenger Hausmeister hat den Film geguckt und mir gratuliert.

Nesrin: Auf jeden Fall. Denn meine Nachbarn sind nun viel freundlicher als vorher (lacht).