Google Maps ließ Dachgarten auf Rathaus Duisburg auffliegen
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Duisburg. .
Von vorvorgestern sind die Satellitenbilder, die das Duisburger Rathaus bei Google Maps zeigen. Diese virtuelle Realität irritiert und amüsiert User aber heute noch: Sie zeigen Verwaltungsangestellte beim Sonnenbad auf dem Vordach des Rathauses.
Nanu! „Ist das ein Gag oder eine Freizeitfläche?“, fragte sich jüngst verdutzt ein 51-Jähriger aus Duissern, als er eine Runde über Duisburg drehte. Nicht im Flugzeug, sondern am PC: mit den Satellitenbildern von Google. Aus der Vogelperspektive hatte er bei Google Maps ein Paar gesehen, das sich in der Nachmittagssonne räkelt. Was Privatsache wäre, sonnten sich die beiden nicht auf dem Vordach des Duisburger Rathauses - und noch dazu an solch exponierter Stelle auf einer mit Blumenkübeln, Esstisch und Liegestuhl ausgestatteten Grünfläche, an der viele Kleingärtner Freude hätten.
Diese Entdeckung und die Erklärung dazu veranschaulichen viererlei: dass das Privatvergnügen auf einem öffentlichen Gebäude keine Privatsache ist, wie Google uns ausspäht und dadurch die Welt auch gegenständlich verändert. Und viertens, dass Google Maps vielerorts von vorvorgestern ist.
Aber der Reihe nach:
Als der besagte User aus Duissern die Aufnahmen entdeckte, spekulierte er wild: „Ist das ein neues Bürgerbüro mit Wellnessbereich? Oder ein Gesprächsbereich oberhalb der ‘stillen Treppe’ für renitente Mitarbeiter?“ Andere Erklärungsversuche passen freilich bestens ins Klischeebild, das mancher Bürger von der Arbeitsatmosphäre in den Amtsstuben der deutschen Bürokratie haben.
„Dort oben gibt es keine Büros“
Vielleicht auch deshalb sagt Stadtsprecher Frank Kopatschek befragt danach, was denn nun da oben an der Spitze der Verwaltung so grünt, als allererstes: „Dort oben gibt es keine Büros.“ Nach Recherchen im Rathaus liefert er die vollständige Erklärung: Im Obergeschoss hat der Hausmeister eine Dienstwohnung angemietet. Weil die aber keinen Balkon hat, es aber hoch droben ein Dachfenster über dem Vordach des Rathauses gibt, hatte sich’s der Handwerker auf dem Flachdach gemütlich gemacht; irgendwann 2006 müsse das gewesen sein, so Kopatschek.
Ob von dieser Freizeiteinrichtung niemand im Rathaus etwas wusste oder ob sie dort geduldet wurde, ist nicht überliefert. Von unten, aus Sicht der Bürger, versperren eine Brüstung und Zierzinnen die Sicht auf das Flachdach über den Rathaus-Balkonen. Aber Google-User sehen mehr: Frank Kopatschek berichtet von mehreren Anrufen neugieriger Bürger bei der Stadtverwaltung. Sie hatten die nicht amtlich genehmigte Dachterrasse bereits nach dem Start von Google Maps (2005) bei virtuellen Rundflügen entdeckt. Nach den Nachfragen verschwand das Provisorium. Kopatschek: „Da ist nichts mehr.“ Sollten Google-User seinerzeit die erholsame Nutzung enthüllt haben, dürften dem armen Kleingärtner die Ordnungshüter im Rathaus aufs Dach gestiegen sein. Unterm Strich gilt: „Das Flachdach“, so Kopatschek, „darf er so nicht nutzen.“
Mindestens fünf Jahre alte Bilder
Bei näherer Betrachtung der Bilder von Luftbild-Fotograf Hans Blossey ist übrigens erkennbar, dass das einst begrünte Flachdach im Juli 2009 geräumt war. Auch auf einem Luftbild aus dem Herbst 2010 sieht man über dem Rathaus-Eingang ebenfalls: nichts Außergewöhnliches, nur Alltagsgrau statt Kunstrasen und Zierholz. Google, der Spaßverderber.
Die Luftbilder bestätigen einmal mehr: Die Satellitendaten des Internet-Giganten sind teilweise fünf, sechs Jahre alt. Die PR-Agentur des Unternehmens erklärt dazu: „Google Maps verwendet dieselben Satellitendaten wie Google Earth. Google Earth erwirbt das beste Bildmaterial, das erhältlich ist. Das Durchschnittsalter liegt bei einem bis drei Jahren.“
Die Aufnahme der Sonnenanbeter auf dem Rathaus-Vordach müssten aus dem Jahr 2005 oder 2006 stammen. Darauf lassen nicht nur die Zeitangaben von Frank Kopatschek schließen, sondern auch die Google-Maps-Ansichten aus der näheren Umgebung des Rathauses: Darauf ist von City Palais (Grundsteinlegung: 2005) und Forum (eröffnet 2008) allenfalls das Fundament zu sehen.
In diesem Fall also hinkt Google der Zeit hinterher. Auch einige Mitarbeiter der Stadtverwaltung würden sich über aktuelle Satellitenbilder vom Duisburger Rathaus gewiss freuen.
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