Duisburg. .

Die Herz-Jesu-Kirche in Neumühl wurde über Nacht geschlossen, weil die Gewölbedecke unsicher sein soll. Es gibt nicht wenige Neumühler, die vermuten, dass nun im Vorfeld Fakten geschaffen werden sollen, um das Kirchengebäude abstoßen zu können.

In Neumühl geht die Angst um. Etliche der 5800 Mitglieder der kath. Herz-Jesu-Gemeinde befürchten, dass ihr am Montag in einer Blitzaktion geschlossenes Gotteshaus dauerhaft dicht bleiben könnte. Der Kirchenvorstand hatte am vergangenen Sonntagabend die „vorübergehende Schließung“ beschlossen. Begründung: „Die Gewölbedecke entspricht nicht mehr den Sicherheitsanforderungen.“

Bei einer Begehung des Gotteshauses Ende Mai hat ein Statiker des Bistums Essen festgestellt, dass die Gewölbedecke nicht durch so genannte „Abhänger“ zusätzlich gesichert sei. Da man das Risiko nicht eingehen will, dass durch eventuell herabfallenden Putz jemand verletzt wird, hat man sich zu dieser drastischen Maßnahme durchgerungen.

Die Gewölbedecke der Herz-Jesu-Kirche in Neumühl ist angeblich nicht sicher. Foto: Friedhelm Geinowski/WAZFotoPool
Die Gewölbedecke der Herz-Jesu-Kirche in Neumühl ist angeblich nicht sicher. Foto: Friedhelm Geinowski/WAZFotoPool © WAZ FotoPool

Die Entscheidung kommt für die Gläubigen zu einem Zeitpunkt, an dem über Strukturveränderungen in der Großpfarrei St. Norbert, verkürzt gesagt: zwei weitere Kirchenschließungen diskutiert wird. Die Folge: So mancher Neumühler glaubt, dass nun im Vorfeld Fakten geschaffen werden sollen, um das Kirchengebäude in naher Zukunft abstoßen zu können. „Das ist so ähnlich wie bei der Rhein-Ruhr-Halle und dem Hamborner Tropenhaus“, sagt der Neumühler Politiker Karlheinz Hagenbuck (SGU). „Man erzählt, dass die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist und rechnet vor, dass die Sanierung teuer wird. Zu teuer, um das Gebäude erhalten zu können“, schiebt er nach. Er wittert ein abgekartetes Spiel des Bistums. Der SPD-Politiker Heiko Blumenthal ist ebenfalls aufgeschreckt: „Eine endgültige Schließung wäre bitter und ein falsches Zeichen für den Ortsteil.“

Gemeinde ist im Aufwind

Pater Tobias, der seit zweieinhalb Jahren für Neumühl zuständige Pastor, ist auch nicht glücklich über die plötzliche Schließung, bietet seine Dienste aber weiterhin an: „Wir weichen mit unseren Gottesdiensten in die Sakristei und ins Agnesheim aus“, sagte er am Mittwoch im Gespräch mit der Redaktion.

Die meisten Gläubigen

Die Gemeinde Herz-Jesu ist mit 5800 Gläubigen die mit Abstand größte in der Großpfarrei St. Norbert. Zu dem Gemeindeverbund, der bis 2006 neun Gotteshäuser besaß, gehören heute noch die Kirchen St. Norbert (Obermarxloh), St. Peter und Paul (Marxloh), St. Konrad (Fahrn) sowie St. Barbara und St. Hildegard (beide Röttgersbach). In Herz Jesu finden die Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten sowie Gemeindeveranstaltungen zunächst einmal in der Sakristei und im Agnesheim statt. Bis zu 200 Personen finden in letzterem Platz. Die Gottesdienste finden wie gewohnt statt: samstags 18.15 Uhr, sonntags 9.30 und 11 Uhr, Holtener Straße.

Gut 700 Gläubige kommen jedes Wochenende in seine Messen, die Gemeinde ist im Aufwind. Seit Pater Tobias dort die Seelsorge übernommen hat, ist die Zahl der Taufen und Hochzeiten stark angestiegen, es gibt sogar Kircheneintritte. Der Ordensmann von der Abtei Hamborn hat die Gemeinde kräftig auf Trab gebracht. Er segnet Fahrzeuge, veranstaltet Gemeindefeste, lädt die Gläubigen zur lebendigen Krippe ein, bietet ihnen immer wieder hochkarätige Konzerte.

Deckensanierung allein soll etwa 250.000 Euro kosten

Man kann wohl sagen: Die von der Mitgliederzahl her größte Gemeinde im Verbund St. Norbert (Gesamtzahl der Gläubigen: 21.700) ist auch die aktivste.

Umso unverständlicher wäre für die Neumühler, wenn ausgerechnet diese Kirche für immer geschlossen würde. Was derzeit aber niemand ausschließen will. Für die Kirchensanierung müsste laut Pfarrer Andreas Willenberg (Chef der Großpfarrei) eine Million Euro ausgegeben werden (es gibt neben der „problematischen“ Decke noch Risse im Gemäuer und andere Mängel). Hinzu kämen rund 0,3 Millionen Euro für die „energetische Sanierung“ des Gemeindehauses. „So teuer sind die anderen Kirchen nicht“, sagt Willenberg. Die Deckensanierung allein soll etwa 250.000 Euro kosten, Sanierungsangebote würden jetzt eingeholt. Über die Zukunft der Großpfarrei wird erst im Herbst entschieden. So lange wollen die Neumühler jedoch nicht warten: Sie haben eine Unterschriftenaktion gestartet, um auf den Erhalt ihres Gotteshauses zu drängen.