Duisburg. .

Erneute Panne im Kraftwerk Walsum: Der Probebetrieb musste unterbrochen werden, weil der Kessel am neuen Block 10 undicht ist. Außerdem gibt es Kritik, weil die Steag wohl einen weiteren Block plant. Das Unternehmen dementiert dies.

Bei dem neuen Block 10 des Kraftwerks Walsum reihen sich die Pannen aneinander. Erst waren 1500 Schweißnähte undicht, jetzt ist der Erprobungsbetrieb wieder unterbrochen. „Grund sind Undichtigkeiten im Verdampferteil des Kessels“, bestätigte Jürgen Fröhlich, Sprecher von Evonik-Steag, auf Anfrage.

Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. „Derzeit werden der Umfang und die Ursachen der Undichtigkeiten untersucht“, so Fröhlich. Um welche Zeit die Inbetriebnahme sich jetzt wieder verzögert, darüber will man beim fünftgrößte deutsche Stromerzeuger erst gar nicht spekulieren. Aussagen zur weiteren Vorgehensweise könne man erst treffen, wenn die Untersuchungsergebnisse abschließend bewertet seien, erklärte der Sprecher.

Im März vergangenen Jahres waren nach der erfolgreichen Druckprobe Risse in den Schweißnähten aufgetreten. In dem 105 Meter hohen Kessel ist ein Hightech-Stahl mit der Bezeichnung „T24“ des Herstellers Hitachi verbaut worden. Der Schaden entstand, nachdem der Kessel mit einer speziellen Beize gereinigt wurde. Dabei sind chemische Verbindungen entstanden, die die Nähte angegriffen haben.

„Wuchtfahrten“ waren erfolgreich

Die Behandlung mit verdünnter Flusssäure sei ein traditionelles Beizverfahren, das sich aber mit dem Stahl nicht verträgt, bestätigte Hitachi-Sprecher Helge Schulz bereits im April gegenüber DerWesten. „Wir haben aus Walsum gelernt“. Probleme mit dem Stahl haben weitere neue Kraftwerke in Hamburg-Moorburg, Boxberg und Wilhelmshaven. Allerdings sei nicht immer das Beizverfahren ursächlich, heißt es.

Der Erprobungsbetrieb von Block 10 wurde nach der Reparatur in der zweiten Aprilwoche wieder aufgenommen. Dabei wurden unter anderem so genannte „Wuchtfahrten“ mit der Turbine durchgeführt, deren Niederdruckläuferteile im Herbst 2010 aufgrund von Schwingungen zur Nachwuchtung ausgebaut werden mussten, erklärt Steag-Sprecher Fröhlich. Die Wuchtfahrten seien erfolgreich abgeschlossen worden. Das Gesamtsystem zeige „ein sehr viel besseres Schwingungsverhalten“ als bei der Ersterprobung, heißt es. Jetzt steht wegen der erneut aufgetretenen Undichtigkeiten wieder alles still.

Im schlimmsten Fall, so wurde bereits im Vorfeld spekuliert, müsste der ganze Kessel ausgetauscht werden, die Stromproduktion würde sich dann um Jahre verzögern.

Die erneute Panne dürfte auch die sieben Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet aufschrecken, die sich zu einem Konsortium zusammengeschlossen haben und die mit ihrem erkauften 51-Prozent-anteil seit gerade einmal zweieinhalb Monaten rechtskräftiger Mehrheitseigner der Evonik-Steag und des Kraftwerks Walsum sind. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist der Duisburger DVV-Vorstandschef Hermann Janning.

Es existieren wohl Pläne für einen weiteren Block

Mit dem höchst umstrittenen Bau des neuen 790-Megawatt-Blocks, der Strom für einen Energieversorger in Niederösterreich liefern soll, sowie des 181 Meter hohen Kühlturms dürften sich Anwohner und Kritiker inzwischen abgefunden haben, weil sie ohnehin nichts mehr daran ändern können. Doch seit Freitag sind die Grünen wieder auf den Barrikaden. Nach ihren Angaben soll es konkrete Vorschläge geben, in Walsum einen weiteren Kohleblock in ähnlicher Dimension wie Block 10 zu bauen.

Das Vorhaben soll am Rande eines interfraktionellen Gespräches in der Bezirksvertretung Walsum bekannt geworden sein — und bringt die Grünen auf die Palme. „Was das für unsere Luftreinhaltung bedeuten würde, ist abzusehen. Wir sollen die Dreckecke der Nation werden“, wettert Ralf Welters vom Ortsverband Walsum. Er erinnert an die Versprechen, die beim Steag-Kauf durch die Stadtwerke abgegeben wurden: „In den Ratsbeschlüssen wurde festgehalten, dass man einen ökologischen Umbau der Steag durchführen wolle. Das wäre aber kein Umbau, sondern ein ökologisches Desaster“.

Unternehmenssprecher Jürgen Fröhlich allerdings hat Pläne für einen weiteren Block auf Nachfrage von DerWesten zurückgewiesen. „Wie bereits in der Vergangenheit mehrfach dementiert, bestehen bei Evonik Steag keine derartigen Planungen", erklärte er.