Duisburg. Die Vorwürfe wiegen schwer: Betrug und Vorteilsnahme. Der Rechnungsprüfungsbericht zur Behindertenwerkstatt untermauert die Anschuldigungen. Trotzdem ziehen sich die Ermittlungen gegen die 2009 gekündigte Prokuristin weiter in die Länge.

Die Mühlen der Justiz mahlen nicht in Lichtgeschwindigkeit. Bei den Ermittlungen zum Finanzskandal bei der Werkstatt für Behinderte bewegt sich die Duisburger Staatsanwaltschaft aber scheinbar im Schneckentempo. Denn obwohl die Vorwürfe Betrug und Vorteilsnahme gegen die fristlos gekündigte Prokuristin bereits im Dezember 2009 auf dem Tisch lagen, sind für die Staatsanwaltschaft noch nicht alle Fragen geklärt, wie ihr Sprecher Rolf Haferkamp gegenüber der NRZ erklärte.

Rechnungsprüfungsberichts lässt keine Zweifel offen

Fragen ergeben sich für die Staatsanwälte noch aus dem Bericht des städtischen Rechnungsprüfungsamtes, das die Werkstatt für Behinderte unter die Lupe genommen hatte, nachdem die neue Geschäftsführerin auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht hatte.

Das Fazit des Rechnungsprüfungsberichts spricht eine deutliche Sprache. Es sei „unstrittig, dass während der Arbeitszeit private Hausverwaltungstätigkeiten vorgenommen wurden, wofür sie Eigentum der WfbM wie z.B. Handy, PC, Fahrzeuge und auch Mitarbeiter aus den Betriebsstellen der WfbM einsetzte.“ So sollen Mitarbeiter unter anderem bei einem privaten Umzug mitgeholfen haben, ohne das die Arbeitsleistung bezahlt wurde.

Aufträge ohne Vergleichsangebote vergeben

Auch beauftragte die Prokuristin laut Prüfbericht Firmen für die Behindertenwerkstatt, ohne Vergleichsangebote einzuholen. „Im Gegenzug sollten zu ermäßigten Preisen für eigene Mietshäuser (...) private Beauftragungen erledigt werden.“ Auffällig war auch der hohe Anteil von Stundenlöhnen gegenüber den Leistungspositionen, die mit Einheitspreisen ausgewiesen waren. Mit Stundenlöhnen sind Firmen in der Lage überhöhte Endpreise abzurechen, weil Laien schlecht nachvollziehen können, wie lange man tatsächlich für eine Aufgabe braucht, zumal Stundenabrechnungen oder Arbeitszeitaufzeichnungen laut Prüfbericht nicht vorhanden waren: „Insofern scheint sich der Verdacht zu abgesprochenen Auftragspreisen zu bestätigen.“ Bei einer Firma entdeckten die Rechnungsprüfer Bauleistungen in Höhe von 90.000 Euro, die nach ortsüblichen Preisen lediglich 60.000 Euro hätten kosten dürfen.

Ein System der Vorteilsnahme?

Unwirtschaftliches Verhalten werfen die Rechnungsprüfer der ehemaligen Prokuristin ebenfalls vor. „So wurde für etwa 700.000 Euro ein Grundstück an der Albert-Hahn-Straße gekauft, um dort möglicherweise eine neue Werkstatt für 135 Menschen zu realisieren, ohne dass die personelle Auslastung der WfbM die Errichtung einer neuen Werkstatt zulässt“. Dafür gab es aber Fortbildungen für Funktionsträger in exklusiven Hotels am Timmendorfer Strand, Stralsund, Baden-Baden und Traben-Trabach. Vier Dienstwagen wurden gekauft, kaum gefahren und dann sehr günstig an Verwandte und Bekannte verkauft.

Da die ehemalige Prokuristin die Tochter des mittlerweile verstorbenen Geschäftsführers war und von diesem ohne Aufsichtsratsbeschluss ins Unternehmen geholt worden war, vermuten die Prüfer, dass bereits der Vater sich dieses System der Vorteilsnahme zunutze gemacht hatte.