Duisburg. . Die Außengastronomie ist derzeit ein zweigeteiltes Geschäft. Hier die restlos überfüllten Plätze in der Sonne, dort die verwaisten Tische und Stühle im Schatten. Wir haben uns in der City und im Innenhafen umgeschaut.

Der Mensch achtet bei der Wahl nach dem besten Lokal zum Speisen, Schlürfen und Schlemmen unter freiem Himmel fast ausschließlich auf die Sonneneinstrahlung. Die Redaktion hat sich in der City und im Innenhafen am Dienstag umgeschaut.

"Jedes Jahr dasselbe"

„Es ist jedes Jahr dasselbe“, weiß Heike Dobbelstein (42), die das „Café Dobbelstein“ auf der Königstraße in der Innenstadt führt. „Die ersten schönen Tage sind für uns die besten.“ Bereits um 12 Uhr sind fast alle 120 Freiluft-Stühle belegt. Das Café hat Glück, von morgens bis nachmittags in der prallen Sonne zu liegen. Am Anfang und Ende der warmen Saison herrscht auf der Außenfläche stets der größte Hochbetrieb. „Nach dem Winter lechzt jeder nach Sonne, am Ende des Sommers haben die Leute Angst, es könne bald kälter werden“, meint sie. Auch beim „Eiscafé Panciera“ sitzen in der Mittagszeit schon einige Gäste draußen. Von 27 Tischen in der Sonne sind neun belegt. An den 21 Schattenplätzen sitzt keiner.

Ein Plätzchen in der Sonne ergattert hat auch Luisa Britz (46). Die Bäckerei Döbbe hat drei Tische draußen platziert, alle liegen im Sonnenschein. „Herrlich!“, meint sie, „bei dem Wetter muss man raus. Im Schatten ist es mir aber noch zu kalt, man muss die Sonnenstrahlen ausnutzen.“

Besonders beliebt ist auch die Rasenfläche vorm Stadttheater. Hier haben es sich Saskia Schröder (18) und Katharina Hagendorn (19) gemütlich gemacht. Beide schlürfen einen Oreo-Eisshake. „Wir wollten auf der Wiese sitzen“, begründen sie ihre Platzwahl. Das Wetter fänden sie super, es könne aber ruhig noch ein bisschen wärmer sein. „Wenn es so schön bleibt, werde ich am Freitag bei uns im Garten die Grillsaison eröffnen“, meint Saskia Schröder.

Sitzkissen mitgebracht

Ein frischer Wind bläst hier. Es ist gefühlt deutlich kälter als die angezeigten 10 Grad. Trotzdem sitzen Friedhelm Junker (74) und seine Frau hier draußen im „Café Bolten“ im Schatten. „Wir sitzen schon seit einer Stunde hier“. Mitgebracht hat er sich ein Sitzkissen, aber trotzdem sei der „Hintern kalt“. Nach der Verabschiedung der Freunde geht es daher schnell in die Sonne. Kein Problem mit schattigen Temperaturen hat Petra Kunz (50): „Ich vertrage keine Wärme, für mich ist es daher hier warm genug.“ Gemeinsam mit ihrer Mutter schlürft sie Kaffee im Schatten, da es um diese Uhrzeit hier keine Sonnenplätze gibt. „Nur früh morgens scheint auf der Fußgängerseite der Kö die Sonne. Ab 10 Uhr ist sie futsch.“ Helga Kunz (78) findet, es könne wärmer sein, aber es ließe sich aushalten.

Auch bei „Nordsee“ gibt es zur Mittagszeit keine sonnigen Plätze. Das Ehepaar Bernecker isst seine Fischgerichte im Schatten. „Für längere Zeit ist es im Schatten noch zu kühl“, gesteht Manfred Bernecker (58), „aber dennoch lässt es sich besser draußen essen als drinnen.“ Die Wanderung der Sonne beeinflusst auch das Geschäft des „Eiscafés Dolce“ am Forum. Die Sitzplätze befinden sich halb in der Sonne, halb im Schatten. „Im Schatten sitzt keiner, um Eis zu essen“, sagt Christian Mazzuco (31).

18.000 Euro Miete

Schauplatz Innenhafen: Die Lokale am nördlichen Ufer liegen mitten in der prallen Sonne. Etwa das „Mississippi“: Der Businessdress vieler Kunden verrät, dass hier ein beliebter Treffpunkt in der Mittagspause für umliegende Büro-Belegschaften ist. „Die Sonne ist für uns sehr wichtig. Die Leute geben bei tollem Wetter einfach mehr aus. Sie gönnen sich etwas“, sagt Hakan Karakus. Der 29-Jährige ist Assistent der Geschäftsführung in diesem Gastronomiebetrieb, der Reastaurant und Cocktailbar sein will. Der „Platz in der Sonne“ habe aber auch seinen Preis. Die Miete liege bei rund 18.000 Euro monatlich. „Die auf der anderen Uferseite zahlen nur rund die Hälfte“, weiß Karakus. Dort trifft die Sonne erst ab 18 Uhr auf die Terrassen, während „seine“ Seite, so Karakus, von morgens bis zum frühen Abend vom Stand der Sonne profitiert.

Über rund 250 Sitzplätze im Außenbereich verfügt die benachbarte „Cubar“. Manfred Ocepek ist seit diesem Jahr der Geschäftsführer. „Und wenn schlechtes Wetter ist, kommt kaum jemand in den Innenhafen. Deshalb ist die Sonne für alle Gastronomen hier extrem wichtig“, so der 28-Jährige.

Yury Vera Vera aus dem Serviceteam der „Mezzobar“ weiß genau, dass ein Plus an Sonne ein noch dickeres Plus bei den Umsätzen bedeutet. „Vor allem am Wochenende, wenn die Ausflügler dazukommen, sind die Plätze draußen heiß begehrt.“ Doch auch gestern ist ein Großteil der rund 120 Außenplätze belegt.

"Drang nach Gesellschaft"

Die Lokale am südlichen Ufer des Innenhafens haben zur Mittagszeit fast allesamt geschlossen – etwa das „Mongo’s“. Auf dessen Terrasse stehen nur zwei Sonnenschirme neben einem verwaisten Holztisch. Personal und Kunden kommen erst am Abend. Menschenleer ist zu dieser Stunde auch die „Faktorei“ oder die Tapas-Bar „Bodega“. Sie setzen beim Betrieb ihrer Außenbereiche vor allem im Sommer auf die Stunden nach 18 Uhr. Doch jetzt, im frischen Frühling, entwickelt die Sonne nur am Mittag schon genügend Kraft, um die Genießer ihrer Strahlen aufzuwärmen.

Das „Bolero“ hat hingegen schon geöffnet – weil es neben der „Küppersmühle“ als einzige Gastronomie an dieser Seite über eine seitliche Terrasse verfügt, die zumindest ein bisschen Mittagssonne abbekommt. Zwei einzelne Gäste haben es sich dort gemütlich gemacht. „Viele setzen sich lieber dorthin, wo schon andere Gäste sind. Das ist so ein Drang nach Gesellschaft“, schildert Thomas Szarzynski, seit zwei Jahren Barkeeper im „Bolero“, seine Beobachtungen. Die Wichtigkeit der Sonne als Kundenmagnet unterstreicht das Lokal sogar auf seiner Werbetafel am Eingang: Unter dem Namen „Bolero“ steht „ Sunshine Bar“. . .

Die Sonne...

. . .ist für Gastronomie-Gast Adrian Berger Segen und Fluch zugleich. Sie wärmt ihn einerseits, blendet ihn aber gleichzeitig beim Zeitunglesen. „Deshalb hat mein idealer Platz Sonne und Schatten.“