Duisburg. . Konkurrenz durch das Internet: Immer mehr Videotheken machen dicht. In Duisburg lassen sich verbliebene Betreiber einiges einfallen, um Kunden zu halten. So gibt es schon einmal Shampoo zum Frauenfilm oder Baumarkt-Gutscheine für die Herren.
Streng genommen betreiben Michael Wegner und Waldemar Frank Etikettenschwindel: „Videothek“ steht in dicken Lettern über dem Eingang an der Mülheimer Straße – dabei sind die guten alten VHS-Kassetten längst ausgemustert. 2007 sind die Brüder ins Verleih-Geschäft mit den DVDs eingestiegen. Da war der Zenit der Branche bereits überschritten. Mit Gutscheinen, Bonuskarten und Beratung versuchen sie dennoch, Film-Fans von ihrem Angebot zu begeistern.
In den Häusern selbst sieht es aus wie eh und je: In der Ecke steht eine lebensgroße „Oscar“-Figur. Batman begrüßt die Filmliebhaber, dutzende Poster rahmen die Regale voller DVDs ein. „Man muss sich schon was einfallen lassen, damit die Leute kommen“, weiß Waldemar Frank. Blockbuster, die neu herauskommen, bestellen sie 40fach, damit kein Couch-Cineast am Wochenende enttäuscht wieder abzieht, weil der Streifen vergriffen ist. Zudem gibt es thematische Aufmerksamkeiten. Alle Damen, die „Sex and the City“ ausleihen, bekommen eine Haarshampoo-Probe zum Film dazu. Männer, die das „A-Team“ sehen wollen, erhalten zusätzlich einen Gutschein für einen Baumarkt. Sehr klischeemäßig. Aber es funktioniert.
Der Erotik-Bereich ist bei älteren Kunden gefragt
„Es gibt immer noch Menschen, die wollen sich nicht durchs Internet klicken, sondern auch mal einen Film empfohlen bekommen oder den Klappentext lesen“, weiß Wegner. Selbst die Erotik-Abteilung sei im Internet-Zeitalter gut besucht. „Klar, die wird jetzt vor allem von älteren Kunden genutzt, aber die wollen eine andere Qualität als diese Internet-Filmchen.“ Immerhin 10.000 Kunden hätten sie noch in ihrer Kundendatei, rechnen die Geschäftsführer vor. Und wenn wieder ein paar Videotheken schließen (Wegner: „Im vergangenen Jahr haben allein in Duisburg zehn dicht gemacht“), dann kommen ein paar neue Kunden dazu.
Wie viele Verleiher es noch in Duisburg gibt, lässt sich schwer ermitteln. Bekannt ist noch eine in der Altstadt sowie weitere in Rheinhausen und Homberg. Der Blick in die Gelben Seiten führt allerdings in die Irre, zahlreiche Anschlüsse sind nicht mehr erreichbar. Auch die Stadt kann nicht weiterhelfen. „Wer Gewerbesteuer zahlt, gibt nicht an, welchen Betrieb er führt. Videotheken fallen oft unter Kleingewerbe“, sagt Stadtsprecherin Anja Huntgeburth. Der „Interessenverband des Video- und Medienfachhandels in Deutschland e.V.“ gibt bundesweite Zahlen heraus. 2005 gab es 4273 Anbieter, 2010 waren es nur noch 3009.
Spielkonsolen und Popcorn als Ergänzung
Für die besonderen Filmtipps ist Stephan Becker zuständig. „Der weiß, was die Studenten gucken wollen“, sagt Chef Michael Wegner amüsiert. „Es gibt Filme, die feiern nach einiger Zeit ein Revival“, hat Becker beobachtet. „In China essen sie Hunde“ sei so einer. „Der ist für alle, die schwarzen Humor mögen.“ Auch Vorgänger-Silberlinge laufen gut, wenn etwa Teil drei kommt. „Aber die Filme müssen auch gut sein. Für Saw hat sich zuletzt kaum einer interessiert.“ Der 24-Jährige hat sein Studium abgebrochen, um eine Ausbildung in der Videothek zu beginnen. Er hat den Schritt nicht bereut: „Das interessiert mich mehr als die Uni.“
Wie der Markt sonst funktioniert, ergibt sich aus Erfahrung: Spielekonsolen werden übers Wochenende geliehen, also bieten die Geschäftsführer drei Konsolen-Modelle an. Popcorn knabbern die Kunden lieber als Chips. Die Eimer stehen an der Kasse. In der Woche kann man Filme von montags bis mittwochs günstiger ausleihen. Und wenn ältere Filme ausgemustert werden, kann man sie in der Videothek erstehen. Wegner und Frank sehen für ihren sechs-Mann-Betrieb eine Geschichte mit Happy-End.