Duisburg.

Gegen den Duisburger OB Sauerland gibt es nach der Loveparade-Tragödie offene Morddrohungen. Seine Familie ist nicht mehr in Duisburg. Auch andere Mitarbeiter der Stadtverwaltung erhalten wüste Beschimpfungen als „Mörder“.

Es gibt offene Morddrohungen gegen Oberbürgermeister Adolf Sauerland. „Ich will den Tod meines Kindes an Dir rächen“, formulierte ein Unbekannter in seinem Schreiben an den Duisburger Verwaltungschef. Adolf Sauerland selbst seit Sonntag unter Personenschutz. Seine Familie hält sich nach WAZ-Informationen versteckt.

Drei Tage nach der Loveparade-Tragödie wächst nicht nur der Druck auf den OB. Den bekommen inzwischen auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung zunehmend zu spüren. In wüsten Beschimpfungen werden sie selbst als Mörder tituliert. Man hat den Eindruck, als sehne die Belegschaft den Zeitpunkt herbei, dass Adolf Sauerland aufgibt und sein Amt zur Verfügung stellt. „Die Situation für uns ist unerträglich“, schilderte ein verzweifelter Mitarbeiter. Auch am Dienstag zogen zahlreiche Bürger zum Rathaus und forderten den Verwaltungschef zum Rücktritt auf.

Es ist unklar, ob Sauerland dem Druck tatsächlich standhält. Nach WAZ-Informationen hatte der Duisburger Oberbürgermeister bereits am Sonntag nach dem Un­glück seinen Rücktritt er­wogen, sei aber von Duisburg CDU-Chef Thomas Mahlberg überredet worden, im Amt zu bleiben.

Eklat bei Trauerfeier befüchtet

Hinter den Kulissen geht es nun um die Frage, ob der OB bei der Feier in Anwesenheit von Bundespräsident und Kanzlerin vor der Trauergemeinde und den Angehörigen der Todesopfer reden soll. Manche befürchten in diesem Fall einen Eklat: Es wird daran erinnert, dass Sauerland schon bei einem Besuch im Todestunnel an der Karl-Lehr-Straße am Sonntag von wütenden Passanten angegriffen wurde. Wenn er nicht zur Gedenkfeier komme, dann weil er die Trauernden nicht durch seine Anwesenheit stören wolle, sagte der OB am Dienstagabend. Sauerland erwägt nach Angaben seines Sprechers, nicht hinzugehen - aber eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Mittlerweile stellte sich heraus, dass der Oberbürgermeister in der heißen Genehmigungsphase gar nicht im Dienst war. Bereits zur Ruhr 2010-Veranstaltung Stillleben auf der A 40 weilte er mit seiner Familie an seinem Urlaubsort in Österreich. Erst am Tag der Loveparade, also am vergangenen Samstag, war er nach Duisburg zurückgekehrt. Anschließend wollte er sich ein paar Tage zu Hause in Walsum entspannen.

Haus verwaist

Daran ist nicht mehr zu denken: Selbst sein Privathaus wird wegen unzähliger schriftlicher und telefonischrn Drohungen inzwischen von der Polizei beobachtet, wie Nachbarn im Gespräch mit der WAZ berichten. Ob kontinuierlich oder nur sporadisch, dazu gibt es keine klaren Informationen. Mal sehe man Beamte, mal nicht. Die Polizei sagt nichts, aus „taktischen Gründen“.

Ob sich der Oberbürgermeister überhaupt noch in seinem Haus in einem sehr ruhigen Wohnviertel Walsums aufhält, wissen die Nachbarn nicht. Seit 17 Jahren wohne er dort, die Familie sei sehr leise, man sehe den Oberbürgermeister nur selten. Deshalb sei es schwer, eine klare Aussage zu treffen, so eine Frau. Allerdings ist den Menschen im Umfeld aufgefallen, dass Sauerlands Hunde nicht bellen - nicht einmal, wenn sich Fremde der Tür nähern. Das spreche dafür, dass das Haus derzeit verwaist sei. Zumal auch Rollläden heruntergelassen sind.

Spurlos vorbei geht die Situation an den Walsumern nicht. Sie haben im TV gesehen, wie Sauerland unter Polizeischutz am Sonntag von der Karl-Lehr-Straße flüchtete, wo er Blumen niedergelegt hatte. Protest in seinem Wohnviertel gab es bislang nicht. Aber die Nachbarn sind alarmiert: Argwöhnisch werden deshalb unbekannte Personen auf der Straße beobachtet, man schaut sich Fahrzeuge mit fremden Nummernschildern genau an.