Duisburg. .
17 Tote, 40 Schwerstverletzte und 80 weitere verletzte Menschen: Diese Opferzahlen gab Duisburgs Stadtsprecher Frank Kopatschek kurz nach 22 Uhr am Samstag bekannt. Oerbürgermeister Sauerland: „Es ist eine der größten Tragödien unserer Stadt“.
Bei der Loveparade in Duisburg sind am Samstagnachmittag bei einer Massenpanik 17 Menschen getötet worden. Es würden außerdem 40 Schwerstverletzte und 80 weitere verletzte Menschen behandelt, erklärte Frank Kopatschek, Sprecher der Stadt Duisburg, am späten Abend.
Die Ursache für die Katastrophe sieht Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland nicht im Sicherheitskonzept oder im Handeln der Ordnungskräfte vor Ort. 15 Menschen seien offenbar gegen 17.15 Uhr am Tunnel über die Absperrung eine Mauer hoch geklettert und aus vermutlich acht bis neun Metern Höhe abgestürzt. Darauf deuteten die Berichte der Notärzte von Rückenmarksverletzungen hin: „Alle Sicherheitsvorkehrungen, die notwendig waren, sind von den Ordnungskräften eingeleitet worden. Es ist dafür gesorgt worden, dass nur die Größenordnungen in den Tunnel geleitet wurden, die der Tunnel verkraftet“, erklärte Sauerland auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz. „Aber soweit wir das Szenario kennen, sind die Toten entstanden, weil man Sicherheitsvorkehrungen überklettert hat und dann abgestürzt ist.“
Sicherheitsdezernent: „Keine Hinweis auf Panik“
Augenzeugen der Massenpanik berichten von schrecklichen Szenen. „Es waren Tausende Menschen im Tunnel. Viel zu viele auf jeden Fall. Die Leute sind reihenweise umgefallen. Und die Polizei hat von beiden Seiten immer mehr Leute in den Tunnel geschickt“, erklärt Loveparade-Besucher Mario sichtlich schockiert von den Ereignissen. „Wer umgefallen ist, wurde direkt niedergetrampelt“, ergänzt sein Begleiter Stefan. „Wir hatten alle Angst.“ Die Sanitäter seien zuerst auch nicht zu den Opfern der Massenpanik durchgekommen. „Dann ist ein Rettungswagen durch die Menge gefahren, aber dadurch wurden alle noch mehr zusammengedrängt. Alle waren total hysterisch“, erinnert sich Augenzeugin Rebecca. Eine Freundin habe noch versucht, Opfer aufzuhelfen, die auf den Boden gefallen waren.
Der Duisburger Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe widersprach auf der Pressekonferenz Berichten von Panik im Tunnel: „Wir haben keine Hinweise darauf, dass die Engpässe zu Panik geführt haben. Die Todesopfer haben Absperrungen überklettert.“ Die Kripo Duisburg hat die Ermittlungen am Unglücksort aufgenommen. Dazu sagte Innenminister Ralf Jäger: „Der Veranstalter hatte genug Ordnungskräfte vor Ort. Wir werden in den nächsten Tagen die Ursachen untersuchen müssen, aber Vorrang hat nun die Versorgung der Verletzten und die Betreuung der Angehörigen.“ Um die Besucher „nun sicher nach Hause zu bringen“, so Jäger, seien aus ganz NRW weitere Einsatzkräfte herangezogen worden.
Menschen liegen auf der Straße, Weinende stehen an der Unglücksstelle
Im Tunnel liegen die Leichen hinter Planen, sie sind am frühen Abend noch nicht abtransportiert. Besucher unter Schock sitzen auf dem Boden und sind in goldfarbene Rettungsfolien gehüllt - im Tunnel ist es kalt. DRK-Sprecher Rudolf Mrosek berichtet, dass es bis zum Unglück hauptsächlich die erwarteten Zwischenfälle gegeben hatte - überhitzte und stark betrunkene Besucher. In seinen Augen hatte sich die Lage schon entspannt: Kurz bevor das Unglück passierte, seien weniger Menschen in der Unterführung gewesen als noch eine Stunde zuvor. Noch gegen 19.30 Uhr wurden Verletzte in Zelte getragen. Weinende standen in der Nähe der Unterführung, Menschen lagen auf der Straße, augenscheinlich unter Schock.
Auf dem Gelände läuft die Loveparade bis in den späten Abend weiter. Nur vor dem Gelände wird den Ravern gesagt, dass sie vorbei ist und alle abreisen sollen. Die Nachricht von der Massenpanik verbreitet sich wie ein Lauffeuer unter den Besuchern. Verzweifelt versuchen Jugendliche am Hauptbahnhof ihre Freunde zu erreichen. Eltern wollen sich vergewissern, dass ihre Kinder nicht unter den Toten sind. Aber das Handy-Netz ist größtenteils zusammengebrochen.
Zugverkehr muss immer wieder unterbrochen werden
Der Zugverkehr am Duisburger Hauptbahnhof ist am Abend wieder angelaufen, muss aber immer wieder unterbrochen werden, weil Menschen auf den Gleisen unterwegs sind. „Die Bahnen fahren, soweit möglich. Allerdings nur langsam“, erklärt Jürgen Karlisch, Sprecher der Bundespolizei. Zu groß ist die Sorge von Polizei und Bahn, dass Loveparade-Besucher auf die Gleise geraten. Die Bundespolizei nimmt die Situation sehr ernst und arbeitet nach einem Notfallplan. Schließlich strömen nach der Massenpanik auf dem Veranstaltungsgelände Zehntausende Besucher zum Hauptbahnhof. 1200 Beamte sind im Einsatz, davon viele aus dem Umland.
Um die Menschenmenge vor dem Hauptbahnhof kontrollieren zu können, sind bereits Wellenbrecher aufgestellt worden. „Wir lassen immer nur eine überschaubare Anzahl an Fahrgästen in das Gebäude“, betont Karlisch. Zudem sind Buslinien bereit gestellt worden, um die Besucher an ihr Fahrtziel bringen zu können. Die Fahrzeuge wurden von Verkehrsbetrieben aus den umliegenden Städten bereitgestellt.