Duisburg. Der Ärger über die hohen Fernwärmepreise in Duisburg ist massiv. So reagiert ein Experte für Energierecht auf den Preisschock. Was er kritisiert.

Die derzeit hohen Fernwärmepreise haben viele Kunden in Duisburg entsetzt und schockiert. In einer Siedlung in Huckingen zum Beispiel sind rund 40 Haushalte betroffen. Die monatlichen Abschläge haben sich teilweise mehr als verdreifacht und bringen einige finanziell ans Limit. Eine 73 Jahre alte Huckingerin etwa muss bei einem Jahresverbrauch von zuletzt 18.800 Kilowattstunden 445 statt 135 Euro zahlen muss. Sie überlegt bereits, ihr Haus zu verkaufen (wir berichteten). Auf Nachfrage der Redaktion hat jetzt Gregor Hermanni, Referent für Energierecht bei der Verbraucherzentrale NRW, zum Preisschock Klartext geredet.

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So betont er, dass vor allem der Wegfall der staatlichen Preisbremse, die den Arbeitspreis für 80 Prozent des Fernwärmeverbrauchs bis Ende 2023 auf 9,5 Cent deckelte, massive Auswirkungen hatte. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Deckelung auf 9,5 Cent im Vergleich zu Strom und Gas niedriger, also besser war“, so Hermanni. Aktuell liegt der Arbeitspreis der Fernwärme GmbH im Versorgungsgebiet Mitte-Süd-West bei 17,66 Cent pro Kilowattstunde (kWh).

Massiver Ärger über hohe Fernwärmepreise in Duisburg: Das sagt ein Verbraucherschützer

Verbraucherschützer sehen die grundsätzlichen Probleme bei der Berechnung und Gestaltung der Fernwärmepreise, die zudem mit verschiedenen börsen- und nicht börsenorientierten Indizes sehr kompliziert und deshalb für viele Kunden gar nicht nachvollziehbar seien. Es geht in erster Linie um Preisänderungsklauseln, die durch eine mathematische Formel die Höhe der Preisänderung über die Vertragslaufzeit abbilden.

Die Ausgestaltung ist zwar gesetzlich geregelt. Demnach sind einerseits die Kosten der Wärmeerzeugung beziehungsweise Wärmebereitstellung – das sogenannte Kostenelement – abzubilden, bei der die eingesetzten Brennstoffe wie Steinkohle, Heizöl, Erdgas oder Holzpellets eine Rolle spielen. Andererseits müsse aber auch die generelle Entwicklung des Wärmemarktes – das sogenannte Marktelement – in den Preisgleitklauseln berücksichtigt werden. Das Verhältnis von Kosten- und Marktelement in den Preisgleitklauseln sei aber nicht gesetzlich geregelt. Dadurch gebe es große Unterschiede von Anbieter zu Anbieter.

Problem mit den Börsenpreisen

Gregor Hermanni von der Verbraucherzentrale NRW schlägt vor, die Börsenpreise etwa gar nicht mehr zu berücksichtigen, weil sie zu stark schwanken. Dabei gehe es vor allem um den Börsenindex „EGIX“ der Energy Exchange Leipzig AG für Erdgas, der in Deutschland von Bedeutung sei. Stattdessen sollen ausschließlich die Basisdaten des Statistischen Bundesamtes beziehungsweise die tatsächliche, aktuelle Kostenentwicklung etwa bei Gas berücksichtigt werden.

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Die Fernwärme Duisburg GmbH hält auf Nachfrage der Redaktion dagegen: Ein Index des Statistischen Bundesamtes stehe in keiner direkten Beziehung zu der am Großhandelsmarkt orientierten Energiebeschaffung für die Fernwärmeerzeugung und sei deshalb für eine Preisbildung ungeeignet.

Felix zur Nieden, Sprecher der Duisburg Fernwärme GmbH, nimmt zu den aktuell hohen Preisen Stellung.
Felix zur Nieden, Sprecher der Duisburg Fernwärme GmbH, nimmt zu den aktuell hohen Preisen Stellung. © Daniel Tomczak / DVV | Daniel Tomczak

Gleichzeitig betont Sprecher Felix zur Nieden, dass der Duisburger Versorger in seiner Preisgleitklausel Indizes verwende, die sich an der tatsächlichen Beschaffung der Rohstoffe für die Wärmebereitstellung orientieren. „Hierbei greift das Unternehmen auf die Daten an der European Energy Exchange (EEX) zu“, erklärt zur Nieden, „und betrachtet dabei ganz bewusst keine kurzfristigen Produkte oder Indizes wie zum Beispiel den EGIX, sondern Produkte mit langen Vorlaufzeiten auf dem Future Market.“

Diese Werte werden demnach zudem über einen Zeitraum von 24 Monaten gemittelt. „Extreme Preisspitzen und die enormen Preisschwankungen beim Gaspreis vor allem zu den Hochzeiten der Energiekrise werden damit für die Kundinnen und Kunden geglättet“, sagt zur Nieden. Andererseits bedeute dies aber auch, dass sich die extrem hohen Preise aus den Jahren 2021 und 2022 erst jetzt auswirken.

Überwunden sind die Nachwirkungen der Energiepreis-Krise wohl erst im kommenden Jahr. Im Versorgungsgebiet Mitte-Süd-West rechnet die Fernwärme Duisburg GmbH mit einer Preissenkung für 2025 um etwa 25 Prozent und für 2026 um rund 35 Prozent gegenüber dem Stand von 2024.

>> UNTERSCHIEDLICHE PREISE IN DEN ZWEI DUISBURGER FERNWÄRMENETZEN

  • In Duisburg gibt es zwei Fernwärmenetze. Im Versorgungsgebiet Mitte-Süd-West ist der Arbeitspreis vergleichsweise hoch. Er beträgt aktuell 17,66 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Dies liegt nach Angaben der Fernwärme Duisburg GmbH vor allem daran, dass hier die gelieferte Wärme hauptsächlich im gasbefeuerten Heizkraftwerk in Wanheim erzeugt wird.
  • Im Versorgungsgebiet Walsum Homberg könne vor allem Biomasse und industrielle Abwärme genutzt werden. Deshalb liege der Arbeitspreis dort aktuell nur bei 10,43 Cent/kWh.
  • Der Wärmeabsatz in beiden Netzen entspricht laut Fernwärme Duisburg GmbH rechnerisch dem Äquivalent von 77.000 Haushalten, davon etwa 80 Prozent im Netz Mitte/Süd/West.