Duisburg. In Duisburg soll Deutschlands modernstes Gemeindezentrum entstehen. Was die interkulturelle Begegnungsstätte für jedermann alles bieten soll.

Die Alevitische Gemeinde Duisburg will mit einem ambitionierten Neubauprojekt in Rheinhausen Geschichte schreiben. Dort soll „das modernste Gemeindezentrum“ von ganz Deutschland entstehen, erklärt Vorstandsmitglied Ismail Emre und blickt zur großen Grafik auf der Leinwand, die das „besonders nachhaltige Gebäude mit begrüntem Flachdach und Solaranlage“ bereits zeigt. Unabhängig von diesen großen Ambitionen soll das Bauvorhaben einen Meilenstein in der Vereinsgeschichte markieren, und profitieren soll der gesamte Stadtteil.

Denn die Aleviten und Alevitinnen planen ein „multikulturelles Mehrgenerationen-Begegnungszentrum“ in Rheinhausen. Dafür investieren sie circa vier Millionen Euro und haben bereits der Stadt Duisburg ein Grundstück von rund 4000 Quadratmetern abgekauft. Es liegt direkt am Bahnhof Rheinhausen-Ost, an der Atroper Straße, Ecke Friedrich-Alfred-Straße. Gegenüber ist der Discounter Lidl. In der direkten Nachbarschaft befindet sich das aktuelle alevitische Gemeindehaus, das früher die Menage (Kantine) des Krupp-Werks war.

„Das ist perfekt und für unsere Zwecke optimal geeignet“, freut sich der Generalsekretär Ali Yaşar und ergänzt: „Das Projekt wird nicht nur ein Bauwerk sein, sondern ein Ort der Begegnung und des Austausches, der die Vielfalt widerspiegeln wird.“ Ganz bewusst sei es keine Moschee, sondern ein Treffpunkt für alle Menschen in Rheinhausen – für Männer wie Frauen, Jung wie Alt, ob Christen, Muslime, Andersgläubige oder Atheisten. Der Neubau soll dazu beitragen, dass „gemeinsames Handeln“ sowie „Teilhabe und Solidarität“ gefördert werden.

Barrierefrei und multikulturell: In Rheinhausen entsteht ein modernes Begegnungszentrum

Die geplante Nutzfläche beträgt rund 1400 Quadratmeter. Herzstück ist die zweistöckige, barrierefreie Begegnungsstätte, die der Duisburger Architekt Abdullah Baba entworfen hat. Daneben plant er ein Parkhaus mit 150 Autostellplätzen und einen Kinderspielplatz. Das Hauptgebäude soll „moderne Verwaltungs- und Seminarräume“ bekommen, ein Jugendzentrum und ein Besuchercafé beherbergen, unter anderem einen Musikraum, eine professionell ausgestattete Küche und einen Kondolenzraum für Trauerfeiern. Ein überkonfessioneller und interkultureller Meditationsraum wird den Gebetsraum ersetzen, den es aktuell noch am alten Standort gibt.

Die Alevitische Gemeinde hat für das Bauvorhaben der Stadt Duisburg ein Grundstück von gut 4000 Quadratmetern abgekauft. Es liegt am Bahnhof Rheinhausen-Ost, nahe dem jetzigen Gemeindehaus.
Die Alevitische Gemeinde hat für das Bauvorhaben der Stadt Duisburg ein Grundstück von gut 4000 Quadratmetern abgekauft. Es liegt am Bahnhof Rheinhausen-Ost, nahe dem jetzigen Gemeindehaus. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Wir bekommen vor allem mehr Platz für Kinder und Jugendliche“, freut sich die Vorsitzende Fatma Yaşar. „Wir bieten ihnen Sport, Musik, Tanz, Kunst, Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe.“ Mit ihren Angeboten wolle die Gemeinde, ergänzt der Vize-Vorsitzende Zeki Çakır, „Kinder von der Straße holen“, damit sie in Rheinhausen möglichst wenig mit „Drogen, Vandalismus und anderer Kriminalität“ in Kontakt kommen. Das alte Gemeindezentrum sei bereits ein beliebter Treffpunkt und auch eine Bildungsstätte. Daran will das Bauvorhaben nahtlos anknüpfen. Ihre Frauenarbeit und die Angebote für Senioren werde die Gemeinde ebenfalls fortführen, betonen die beiden Vereinsvorsitzenden.

Für das Bauvorhaben sollen rund vier Millionen Euro investiert werden

„Ohne Fördergeld wäre uns der Neubau nicht möglich“, sagt Fatma Yaşar. Deshalb seien sie und ihre Gemeinde „zutiefst berührt und dankbar“, dass die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW das Bauprojekt mit 700.000 Euro unterstützt und sich auch die Stiftung der Deutschen Fernsehlotterie mit 300.000 Euro beteiligt. Die Sparkasse finanziert das neue Gemeindezentrum mit einem Darlehen über gut zwei Millionen Euro und die übrige Million wollen die Aleviten durch eigenes Geld und Spenden decken.

Die Gemeinde freut sich über 700.000 Euro Fördergeld der Stiftung Wohlfahrtspflege. Ali Yaşar (von links), Zeki Çakır und Fatma Yaşar sind dem Stiftungsratsvorsitzenden Marco Schmitz, hier mit Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link, dankbar.
Die Gemeinde freut sich über 700.000 Euro Fördergeld der Stiftung Wohlfahrtspflege. Ali Yaşar (von links), Zeki Çakır und Fatma Yaşar sind dem Stiftungsratsvorsitzenden Marco Schmitz, hier mit Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link, dankbar. © Landtagsbüro Marco Schmitz | Katharina Hallay

Tatsächlich habe die Alevitische Gemeinde den Höchstbetrag bekommen, den die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW an Einzelprojekte vergeben könne, sagt der Stiftungsratsvorsitzende und Düsseldorfer CDU-Landtagsabgeordneter Marco Schmitz, als er den Förderbescheid in Rheinhausen überbringt. Er lobt die Gemeinde dafür, dass sie auf die vielen Herausforderungen im Stadtteil „mit maßgeschneiderten Programmen und Initiativen“ reagiert. „Diese Angebote“, erläutert Schmitz weitere Gründe für die Förderung, „stärken die gesellschaftliche Integration“ und ermöglichen „allen Bewohnern Teilhabe und Chancengleichheit“.

Daran knüpft auch Oberbürgermeister Sören Link (SPD), der das künftige barrierefreie Interkulturelle Mehrgenerationen-Begegnungszentrum in Rheinhausen ebenfalls begrüßt. In diesen turbulenten Zeiten nach der Flüchlingskrise, nach der Corona-Pandemie sowie mitten im Ukrainekrieg und der Transformation in der Stahlindustrie, bei der viele Duisburger um ihren Arbeitsplatz fürchten, brauche Duisburg „ein funktionierendes Gemeinwesen“. Dafür leiste die Alevitische Gemeinde „nicht nur für Rheinhausen eine wichtige Arbeit, sondern für ganz Duisburg. Nicht nur für ihre Mitglieder, sondern für alle“.

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Zudem ist er mit einer guten Nachricht gekommen: Der Bauantrag liegt den Fachleuten im Rathaus vor und wird nun geprüft. Natürlich hofft die Gemeinde, dass mit dem Antrag alles glattgeht. Dann könnten die ersten Bagger noch vor den Sommerferien rollen. Die Bauarbeiten sollen 15 bis 18 Monate dauern.

Anschließend soll das jetzige Gemeindezentrum an der Friedrich-Alfred-Straße übrigens nicht leer stehen. Die „La Rose Eventlocation“, die bereits Räume in dem Gebäude gemietet hat, soll sich erweitern, um dann noch größere Hochzeitsfeiern und andere Partys ausrichten zu können.

>> Eine der ältesten und größten alevitischen Gemeinden in Deutschland

  • Die Alevitische Gemeinde Duisburg ist nach eigenen Angaben eine der ältesten alevitischen Gemeinden in Deutschland und zugleich eine der größten. Aktuell gehören gut 400 Familien dazu. Der Großteil stammt aus Duisburg und Umgebung, aber es gibt zum Beispiel auch Mitglieder aus Köln oder Mönchengladbach.
  • Frühere Gastarbeiter und politische Flüchtlinge, die nach dem Militärputsch von 1980 aus der Türkei kamen, haben die Gemeinde 1988 gegründet. Nach der Vereinsgründung trafen sich die Mitglieder zunächst an der Bertastraße in Rheinhausen, bevor die Aleviten 1996 die alte Menage des Krupp-Werkes kauften und zum Gemeindehaus machten.