Duisburg. Elf Jahre lang hat Karl Hußmann die Leibniz-Gesamtschule in Hamborn geleitet. Das sagt er zum Abschied über Bildung und Begeisterung.
„Ich gehe, solange noch jemand traurig darüber ist“, sagt er mit dem ihm eigenen rheinischen Humor. Die Leibniz-Gesamtschule hat Karl Hußmann am Donnerstag mit einem großen Abschiedsfest verabschiedet. Nach 14 Jahren an der Schule, davon elf als ihr Leiter, geht der 63-Jährige zum Halbjahreswechsel in den Ruhestand. Jahrelang war er auch einer der Sprecher der Duisburger Gesamtschulen.
Leibniz-Gesamtschule: Mit 1600 Schülern und 150 Lehrkräften größte Schule in Duisburg
„Warum soll ich noch ein Jahr länger machen?“, hat er sich gefragt – und keinen triftigen Grund gefunden. „Ich möchte mich neu erfinden können, solange es mir gut geht.“ Sein Leben habe sich schon sehr stark um den Job gedreht – mit fast 1600 Schülern und 150 Lehrkräften ist die Hamborner Schule die größte in Duisburg.
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„Wer das hier als eine Bildungsfabrik sieht, hat das System nicht verstanden“, sagt Karl Hußmann. „Schule, das ist Emotion und Kommunikation. Wenn du nicht lernen willst, dann lernst du nichts.“ Das sind Überzeugungen aus den ersten eigenen pädagogischen Erfahrungen als Klavierlehrer: Nach dem Studium (Englisch und Musik) in Aachen, der Stadt, die ihn aufwachsen sah, gründete er zunächst mit einem Freund eine Musikschule. „Wer von den Eltern zum Unterricht gezwungen wurde, hat es da nicht weit gebracht.“
Schulleiter lobt: „Wir kriegen von den Kindern emotional sehr viel zurück. Das ist cool.“
Weil aus dem ursprünglichen Plan, „mit einer Rockband berühmt zu werden“ nichts wurde, folgte der fast erwartbare Kurswechsel für den Sohn und Enkel eines Schulleiters. Noch drei weitere seiner vier Geschwister entschieden sich für den Lehrerberuf, über dessen Reiz er sagt: „Wir kriegen von den Kindern emotional sehr viel zurück. Das ist cool.“
Ein Klima des gegenseitigen Respekts hat er gefordert und durchgesetzt, mit klaren Regeln zum Umgang miteinander. „Wir haben schon den Ruf, die Hardcore-Bude hier im Duisburger Norden zu sein“, sagt er etwa mit Blick auf das Jogginghosen-Verbot. Täglich begrüßt ein Mitglied des sechsköpfigen Schulleitungsteams, oft der Chef selbst, die Schüler morgens am Eingang.
Die Schule ist Spiegel des multikulturellen Umfelds, auf dessen Entwicklung Hußmann mit Sorge sieht: „Die gesellschaftlichen Gruppen bewegen sich nicht aufeinander zu.“ Gezielt bemüht sich die Schule um junge Lehrer, die selbst aus dem Duisburger Norden stammen: „Sie sind tolle Vorbilder für unsere Schüler.“
„Wenn wir ein Kind verlieren, rettet es niemand mehr.“
Respekt ist keine Einbahnstraße. Einfacher wird’s, wenn er aus Überzeugung gelebt, nicht autoritär durchgesetzt wird. Begeisterung für Bildung zu wecken, das müsse Schule schaffen, betont Karl Hußmann. „Wir sind eine der letzten Stellschrauben. Wenn wir ein Kind verlieren, rettet es niemand mehr.“
Siebenzügig wurde die Leibniz-Gesamtschule unter seiner Regie, alljährlich liegen die Anmeldezahlen weit über den Kapazitäten. Die Tradition des ehemaligen Gymnasiums mag dabei noch hilfreich sein, auch die gute Erreichbarkeit in Hamborn. Und ja, wer viel Zuspruch erhält, muss auch nicht jeden Bewerber nehmen. Dass auch die Oberstufe fünfzügig ist, alljährlich eine etwa dreistellige Zahl von Abiturienten verabschiedet wird, ist dennoch keine Selbstverständlichkeit.
Langjähriger Stellvertreter ist der designierte Nachfolger
Dass die Hamborner Gesamtschule als eine von ganz wenigen in Duisburg ohne Zweitstandort und lästigen Pendelverkehr arbeiten kann, ist Hußmanns Verdienst. Hartnäckig hat er sich der städtischen Schulverwaltung widersetzt, ihm die einstige Comenius-Hauptschule „aufs Auge zu drücken“. Er habe „viel gelernt über die politischen Gremien dieser Stadt“, sagt er rückblickend. Unter Regie der neuen Schulbau-Gesellschaft ist mittlerweile auch die Stadt bestrebt, die Satelliten aufzulösen, auch für die Leibniz-Gesamtschule werden zwei Erweiterungen auf dem Schulgelände geplant, die ab 2027 gebaut werden könnten.
In seinem Jahrzehnt hat der scheidende Schulleiter einen Generationswechsel erlebt. Nur wenige Mitglieder des aktuellen Kollegiums haben seinen Amtsantritt erlebt. Einer von ihnen ist Sascha Busse, seither sein Stellvertreter. Dass er sein Nachfolger wird, gilt als sicher, bis zur offiziellen Ernennung leitet der 47-Jährige die Schule kommissarisch. Die Digitalisierung, die große Aufgabe der nächsten Zeit, hat er mit einem Arbeitskreis bereits vorbereitet.
NRW-Koordinator für Uneso-Schulen und Zeit für schräge Musik
Die Schule wird Karl Hußmann auch im Ruhestand nicht ganz loslassen. Sein Amt als NRW-Landeskoordinator im weltweiten Netzwerk der Unesco-Projektschulen, das er seit 24 Jahren innehat, übt er weiter aus, vielleicht wird er sich als Begleiter von Seiteneinsteigern in seinem Berufsstand engagieren.
Mehr Zeit wird sein für die Musik: mit Spaß, ernsthaft, aber nicht todernst und gern mit einem Augenzwinkern und der nötigen Portion rheinischen Humors. Auf der Bühne steht Karl Hußmann am Keyboard. Seine Beschreibung für das musikalische Projekt: „Ein Quartett für schräge Musik.“