Duisburg. Was tun mit Kirchen, die nicht mehr gebraucht werden? Ein ehrgeiziges Projekt in Duisburg macht vor, wie Gotteshäuser neu genutzt werden können.
Ein entweihtes Gotteshaus für eine neue Nutzung fit zu machen, ist auch für erfahrene Architekten kein Alltagsgeschäft – erst recht nicht, wenn die ehemalige Kirche unter Denkmalschutz steht. Thomas Buschmann und sein Team aus Aldenrade beschäftigen sich schon seit zwei Jahren mit der St.-Elisabeth-Kirche in Vierlinden, die ab Ende 2024 das neue Zuhause von 20 pflegebedürftigen jungen Bewohnern werden soll.
Die 1927 erbaute Kirche gehörte zur Pfarrei St. Dionysius. Sie hat in den letzten Jahren ein „Standort- und Immobilienkonzept“ entwickelt und damit auf die sinkende Zahl der Kirchgänger und Ehrenamtlichen reagiert. Eine Maßnahme ist, vier Kirchen aufzugeben oder umzunutzen. St. Elisabeth ist eine von ihnen.
Duisburg-Vierlinden: In der ehemaligen Kirche werden bald junge Pflegebedürftige wohnen
„Die Gemeinde ist auf uns zugekommen und hat uns gefragt, ob wir eine Idee haben, was man mit der Kirche machen kann“, berichtet Thomas Buschmann, Architekt und Inhaber der Buschmann Project. Der Walsumer Bauunternehmer hatte eine Idee und kaufte das Gotteshaus.
Statt Pläne zu erstellen, investiert der Bauunternehmer erst einmal viel Zeit in Gespräche: „Bevor wir auch nur einen Strich gezogen haben, haben wir ausgiebig mit dem Denkmalamt darüber beraten, was möglich wäre. Normalerweise geht man andersherum vor.“ Aber schließlich gebe es zwei Faktoren, die über Wohl und Wehe eines so ehrgeizigen Projekts entscheiden: Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes.
Das alles ist inzwischen geklärt, der Bauantrag genehmigt. Momentan läuft der Rückbau. Wenn das Projekt wie geplant Ende 2024 fertig ist, können 20 Pflegebedürftige von 18 bis 60 Jahren ihr Zimmer beziehen. Jedes ist etwa 19 Quadratmeter groß und hat ein eigenes Bad. Dreizehn davon werden im Erdgeschoss sein, sieben im Obergeschoss. Dafür wird die Orgelempore ein Stück nach vorne gezogen, sodass die erste Etage halb ins Kirchenschiff hineinragt.
Der Außenputz der Kirche muss so bleiben, wie er ist
„Im Altarbereich wird die Decke so hoch bleiben, wie sie immer war“, sagt Buschmann, „das ist eine Vorgabe des Denkmalamtes. Hier werden wir die Gemeinschaftsräume einrichten.“ Zimmer für den Sozialen Dienst wird es im zweiten Obergeschoss geben.
Alles in allem war es für die Planer etwas kniffelig, genug Platz für alles zu schaffen, was das Wohn- und Teilhabegesetz für einen behindertengerechten Ausbau fordert. „Wir können die Kirche schließlich nicht aufblasen“, lacht Buschmann. So muss es zum Beispiel möglich sein, von drei Seiten an das Bett heranzutreten.
Auf der Rückseite des Gebäudes wird ein Aufzug angebracht. Hier entsteht auch eine 30 Quadratmeter große Dachterrasse. Teile des Daches werden begrünt. Überhaupt fließt der Klimaschutz natürlich in den Umbau ein. „Momentan wird das Gebäude mit Gas beheizt. Wir werden auf Fernwärme umstellen. Am Ende wird die Kirche den Standard ,Effizienzhaus Denkmal‘ erfüllen. Damit haben wir einen großen Beitrag geleistet, den ökologischen Fußabdruck zu verringern“, erklärt Innenarchitektin und Projektleiterin Stefanie Hendricks.
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Der markante Glockenturm der Elisabeth-Kirche bleibt erhalten, allerdings werden die Glocken stillgelegt. Das gilt auch für die Uhr: „Wir werden sie auf fünf vor zwölf stellen. Das regt einige Menschen vielleicht an, über gewisse Dinge nachzudenken“, so Buschmanns Hoffnung.
Nicht verändert werden darf der Außenputz der Kirche – zum Bedauern des Teams. Buschmann und Hendricks hätten sich für das Gebäude eine elegantere Farbe gewünscht. „Es ist so, wie es ist. Im Denkmalschutz zu bauen ist ein Geben und Nehmen“, hat Buschmann sich damit abgefunden. Insgesamt investiert er zweieinhalb Millionen Euro in die Kirche.
Heimstatt St. Barbara wird die Einrichtung für 20 Pflegebedürftige betreiben
Betreiben wird die Einrichtung die Heimstatt St. Barbara. „Für uns ist das Projekt natürlich auch ein besonderes“, sagt Daniel Wörmann, stellvertretender Vorstand der Heimstatt St. Barbara, „wer wohnt schon in einer Kirche? Einziehen sollen pflegebedürftige Menschen, die momentan ganz in der Nähe im Elisabeth-Groß-Haus leben.“ Diese sogenannte junge Pflege besteht aus 14 Plätzen, in der Kirche können also sechs weitere Menschen einziehen.
„Wir haben aktuell MS-Patienten, Schlaganfallpatienten, Patienten mit Pflegebedarf nach einem Verkehrsunfall oder Gewaltdelikten, Suchterkrankungen sowie zwei Patienten mit geplatzten Hirnaneurysma bei uns in der Pflege“, erklärt Wörmann. Da die Bewohner unter 60 sind, haben sie andere Bedürfnisse als pflegebedürftige Senioren. Dementsprechend wird das Freizeitangebot anders ausfallen. Um die Kirche herum gibt es eine Grünfläche und einen Vorplatz, der neu gestaltet werden soll. Hier möchte die Heimstatt St. Barbara einen Garten schaffen.
>> Buschmann Project hat sich auf integralen Ausbau spezialisiert
- Das Unternehmen aus Aldenrade ist schwerpunktmäßig in Düsseldorf aktiv. In der Landeshauptstadt baut es gerade die 21. bis 24. Etage des bekannten Dreischeibenhauses um. Weitere Projekte waren zum Beispiel der Ausbau der Apotheker- und Ärztebank oder des Rheinturm-Restaurants „Qomo“.
- „Integraler Ausbau bedeutet, dass wir unsere Projekte von innen nach außen denken und für unsere Kunden schlüsselfertig ausbauen“, erklärt Thomas Buschmann.
- Buschmanns Eltern haben die Firma 1964 als Fußboden- und Parkettbetrieb gegründet. Trotz der Weiterentwicklung und Neuausrichtung können Kunden bis heute ihren Bodenbelag bei den Buschmanns kaufen.
- Der Umbau von St. Elisabeth ist das letzte Projekt von Thomas Buschmann. Ende 2024 übergibt er die Buschmann Project an seine beiden Söhne Jan und Kai.