Duisburg. Die Brautmodenmeile und der Altmarkt werden umgebaut. Für das Projekt erringt die Stadt Duisburg einen Etappensieg. Doch es bleiben Fragen.
Nach hitzigen Debatten, Streits und vielen, vielen Gesprächen hat die Stadt Duisburg für den millionenschweren Umbau der Marxloher Brautmodenmeile und des Hamborner Altmarkts jetzt einen wichtigen Etappensieg errungen. In einer Sondersitzung am Donnerstagnachmittag hat die Bezirksvertretung Hamborn den aktuellen Plänen der Stadtverwaltung zugestimmt. Zwar entscheidet abschließend der Rat am 19. Februar (15 Uhr, Mercatorhalle). Jedoch soll es unter den meisten Parteien bereits die Absprache geben, dass sich die Ratsfraktionen dem Votum aus Hamborn anschließen werden..
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Mit dem Ratsbeschluss wäre der Weg frei, um jeweils einen Architektenwettbewerb für Marxloh und Alt-Hamborn auszuloben, dessen Grundlagen mit den Unterlagen aus der Stadtverwaltung festgelegt werden. Die konkreten Details werden im Wettbewerb ausgestaltet.
Die Hamborner Fraktionen begrüßen die beiden geplanten Umgestaltungen und Verkehrsberuhigungen. Lediglich die AfD hat die Beschlussvorlagen abgelehnt, weil die Großprojekte unter anderem das erklärte Ziel haben, den Autoverkehr zu reduzieren. „Das Auto zurückzudrängen, geht an der Lebensrealität der Leute vorbei“, begründet Alexander Schaary, warum er nicht zugestimmt hat. Die anderen Parteien begrüßen die Umbaupläne.
Grundlagen für Umbau von Marxloh und Alt-Hamborn beschlossen: Stadtrat hat letztes Wort
Die Verkehrsleitlinien aus dem Rathaus sehen für Marxloh vor, dass der August-Bebel-Platz autofrei wird und dass seine Bushaltestellen an die Weseler Straße verlegt werden. Er müsse aber weiter „ein Platz für Feste“ bleiben, fordert Nazan Şirin (Grüne).
Die Weseler Straße soll zwischen der Dahlmannstraße und der alten Wolfbahntrasse ein Tempolimit von 20 km/h bekommen und ab dieser Trasse Tempo 30 bis zum Willy-Brandt-Ring und zu der Umgehungsstraße.
Außerdem verschwinden die Radwege zugunsten breiterer Bürgersteige und eines Multifunktionsbereichs, der etwa für Außengastronomie oder als Ladezone genutzt werden soll.
Für Radfahrer wird eine neue Route parallel zur Brautmodenmeile entstehen. Sie dürfen aber weiterhin auf der Weseler Straße fahren, teilen sich die Fahrbahn dann aber mit Autos, Straßenbahn und Lieferverkehr.
Genau das kritisiert die Linke. So erinnert Bezirksvertreter Herbert Fürmann daran, dass die ehemalige B8 für viele Mädchen und Jungen ein Schulweg sei, den sie auch mit dem Fahrrad bewältigten. Innerorts sei gesetzlich geregelt, dass Radler nur mit mindestens anderthalb Metern Abstand überholt werden dürfen oder gar nicht. Sitzen Kinder auf den Fahrrädern, seien es sogar zwei Meter.
Dass Autofahrer sich daran halten und geduldig und langsam hinter den Schülern herfahren, weil es nicht genug Überholabstand gibt, hält nicht nur Fürmann für unrealistisch. „Heute ist ja schon Chaos“, sagt er, „mir fehlt die Fantasie, wie das funktionieren soll.“ Sollte die Stadt das so umsetzen, fordert er regelmäßige Kontrollen. Außerdem hat die Bezirksvertretung auf seine Initiative beschlossen, dass zusätzlich die Schulwege kenntlich gemacht werden, um andere Verkehrsteilnehmer zu sensibilisieren.
Neues Parakhaus in Marxloh ist Bedingung für Zustimmung zu den städtischen Umbauplänen
Neu in den Unterlagen, die die Stadt nach massiver Kritik aus der Bevölkerung und der Bezirksvertretung überarbeitet hat, ist ein weiteres Parkhaus für Marxloh. „Für uns ist das Parkhaus ein Muss“, betont CDU-Ratsherr Frank Heidenreich. Diese Meinung vertreten auch CDU, Grüne, Linke und SGU. Zwar kann es nicht aus dem Förderetat von „Stark im Norden“ bezahlt werden, die Stadt möchte es dennoch bauen. Sie liebäugelt mit demselben Grundstück gegenüber der Grillo-Verwaltung, auf dem auch Aldi Süd eine neue Vorzeige-Filiale bauen möchte, dafür aber wohl keine Baugenehmigung bekommt.
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Sofern die Stadt Duisburg das Grundstück kaufen kann, sei angesichts des nahen Chemiewerks, einem Störfallbetrieb, dennoch ein Parkhaus mit 200 bis 300 Stellplätzen möglich. „Ohne Parkhaus ist [das Großprojekt] eine Fehlgeburt“, sagt Christopher Hagenacker (SPD), doch da es nun vorgesehen sei, bedeute der Umbau „einen Gewinn für den Stadtteil“, einen belebteren August-Bebel-Platz und eine bessere Situation auf und an der Weseler Straße.
Dem stimmt auch Frank Heidenreich (CDU) zu, sieht in den Fördermillionen „gut investiertes Geld“, das für die Menschen „eine Verbesserung“ bewirken werde, mit der sich möglichst alle wohlfühlen. Daher begrüßt er auch das angedachte Parkleitsystem, das alle Auto- und Lastwagenfahrer aus Marxlohs Zentrum heraushalten soll, die dort nichts zu erledigen haben oder dort wohnen.
Diskussionsbedarf bei Verkehrsführung am Hamborner Altmarkt
Größerer Diskussionsbedarf herrschte dagegen in der jüngsten Sitzung, als über die städtischen Pläne für den Hamborner Altmarkt abgestimmt werden sollte. Demnach soll es künftig von der Jägerstraße bis zur Parallelstraße eine durchgehende Fußgängerzone geben, die allein auf der Mitte des Marktplatzes auf gut 4800 Quadratmeter anwächst. Nördlich und südlich davon sind insgesamt 190 Autostellplätze vorgesehen.
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Die örtlichen Kaufleute fordern, dass diese durchgehende Fußgängerzone nicht die Durchfahrt längs des Altmarkts, entlang der Ladenzeilen, verhindern dürfe. In der Beschlussvorlage heißt es jedoch: „Die Verwaltung favorisiert aus fachlichen Gründen die Sperrung der Durchfahrt über die seitlichen Fahrgassen in der Platzmitte.“ Immerhin: Die Option einer Durchfahrt wird als Alternative in den Wettbewerb einfließen. Ist dies bereits eine Beeinflussung der Wettbewerbsteilnehmer? Genauso sieht das die Fraktion Linke/SGU.
Letztlich ist an dieser Streitfrage die Zustimmung zu den städtischen Plänen für Alt-Hamborn aber nicht gescheitert. Die Wettbewerbsteilnehmer lesen nämlich nicht nur die Beschlussvorlage mit dem besagten Satz, sondern auch die Sitzungsprotokolle und Zeitungsartikel. „Sie werden also wissen, dass dies eine Kontroverse im Stadtteil ist“, sagt Christopher Hagenacker (SPD). Er betont aber auch, dass die Bezirksvertretung Hamborn sich mehrheitlich „beide Varianten vorstellen kann“ und deshalb gespannt sei auf den Wettbewerb und seine Ergebnisse.
Vertrauensvorschuss für die Stadtplaner im Duisburger Rathaus
Wie der Altmarkt und der August-Bebel-Platz letztlich aussehen werden, klärt sich erst durch den Wettbewerb. Deshalb bleiben jetzt noch viele Fragen offen. „Ich muss einen Vertrauensvorschuss leisten“, sagt Nazan Şirin (Grüne). Dabei zweifele sie beispielsweise stark daran, dass auf der großen autofreien Fläche in der Mitte des Altmarkts – wie von der Stadt erhofft – Gastronomen Stühle und Tische aufstellen und dort bedienen. „Das ist völlig an der Realität vorbei.“
Doch bis dort tatsächlich keine Autos mehr parken und Tische stehen, ist es noch lange hin. „Wir werden das weiter begleiten. Wir können noch an vielen Stellschrauben drehen und noch auf vieles einwirken.“ Dieses Vertrauen schenkt die AfD der Stadt nicht, wie Alexander Schaary betont: „Von der Verwaltung wurde schon vieles versprochen und nichts, gar nichts ist passiert.“
Das letzte Wort, bevor die Bagger rollen, hat allerdings der Rat der Stadt. Er kann sogar noch den späteren Siegerentwurf verändern, und ohne einen Ratsbeschluss verschwindet mit Geldern von „Stark im Norden“ sowohl in Marxloh als auch in Alt-Hamborn kein einziger Parkplatz.