Duisburg. Es gibt Kritik am Kinderkarnevalszug durch Hamborn, Beschwerden über die Größe, Kamelle und das Publikum. Was die Organisatoren sagen.
Der Niederrheinische Kinderkarnevalszug durch Hamborn gehört unbestritten zu den Höhepunkten des Straßenkarnevals im Duisburger Norden. Doch die Traditionsveranstaltung, die schon zum 60. Mal stattfand, steht auch in der Kritik. Sie entlädt sich unter anderem auf der Plattform Facebook und überweigt dort gegenüber dem Lob.
So wird einerseits die geringe Größe moniert, zumal der Umzug früher als größter Kinderkarnevalszug von ganz Europa galt. Diesen Titel dürfte der närrische Lindwurm durch Hamborn an andere Karnevalshochburgen wie Köln oder Düsseldorf verloren haben. „Es war sehr enttäuschend gewesen. Der Zug war so kurz, ist nicht mehr was es mal war“, schreibt beispielsweise eine Besucherin auf der Facebook-Seite unserer Redaktion.
Kritik am Kinderzug durch Hamborn: Zu klein, zu wenig Kamelle, zu viel Geschubse
„Trauriger Minizug und es wurde kaum was geworfen“, stimmt eine Karnevalistin zu und spricht damit vielen aus der Seele, die dort ebenfalls kommentieren. „Die Stimmung [war ja] toll“, leitet eine andere Leserin ein, „aber dass [der Zug] immer mehr und mehr schrumpft, ist schade. Kaum noch Fußtruppen, geschweige denn Wagen.“
Anstoß nehmen die Kritiker jedoch nicht nur an der geschrumpften Größe und Bonbonausbeute, sondern vor allem am Publikum. Zwar hatten sich schon vor dem Startschuss viele Familien in bunten Kostümen auf dem Altmarkt vor der Bühne und den Imbissbuden versammelt, um sich in Stimmung zu bringen. Doch auch zahlreiche Menschen – auffällig viele schienen Migrationshintergrund zu haben – sind unverkleidet gekommen. Karneval ohne Kostüm? Das drückt so manchem aufs Gemüt
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Schwerer wiegen Beschwerden über inakzeptables Verhalten, das eine Teilnehmerin so beschreibt: „Ich dachte mir nur, wie asi die Erwachsenen geworden sind, schubsen die Kinder, stellen sich davor, pöbeln rum... ekelhaft war das.“ Dass Kinder sich ganz unvorsichtig auf die Bonbons stürzten und kaum jemand wisse, dass man beim Straßenkarneval Helau ruft, sind weitere Kritikpunkte.
Am Straßenrand überwog das Lob und die gute Stimmung
Doch es gibt auch Fans des Kinderkarnevalzugs. So betont eine Leserin, dass der Zug vor allem den Kindern gefallen solle „und das hat er bestimmt“. Und so mancher Elternteil führt an, dass ihr Kind mit den erbeuteten Bonbons zufrieden sei – Beweisfotos inklusive.
Tatsächlich haben ausnahmslos alle Mädchen, Jungen und Erwachsenen, die unser Reporter an Tulpensonntag am Straßenrand gesprochen hat, den Kinderkarnevalszug gelobt. Einige sind extra aus linksrheinischen Stadtteilen angereist, andere haben erstmals seit vielen Jahren teilgenommen. Entlang der Strecke gab es so manche fröhliche Hausparty. Regelmäßig ist es vorgekommen, dass Erwachsene die Bonbons, die ihnen vor die Füße fielen, an fremde Kinder verschenkt haben.
Die Organisatoren ziehen eine positive Bilanz
Die Jecken am Wegesrand hätten den Straßenkarneval „friedlich, freudig und strahlend“ gefeiert, freut sich Wolfgang Swakowski vom Organisationsteam am Mittwochmorgen. Der scheidende Seniorpräsident der
1. Großen Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß Hamborn-Marxloh
räumt natürlich ein, dass der Zug stark geschrumpft ist und vor vielen Jahrzehnten sogar noch Wagen aus Holland und Belgien zumieten musste, weil so viele Karnevalisten teilnehmen wollten.
Diese Zeiten sind lange vorbei, zumal Karnevalsvereine seit Corona mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben. Diesmal waren 14 Wagen und gut 20 Fußtruppen dabei, insgesamt rund 900 Karnevalisten. Aber der Zug habe immer noch tausende Kinder, Jugendliche und ihre Eltern erfreut. Deshalb könne er jetzt, da die Session beendet ist, „ruhigen Gewissens in Karnevalrente gehen“.
Einen durchweg „positiven Eindruck“ hat auch der Juniorpräsident Axel Koch. Besonders dankbar seien er und sein Verein, dass die Marxloherinnen und Marxloher zum Zug gekommen sind, obwohl die neue Strecke nicht mehr in den Stadtteil hineinführte. Im Vorjahr war es am Pollmannkreuz zu Übergriffen gekommen, woraufhin sechs Vereine mit einem Boykott drohten, sollte der Kinderzug erneut durch Marxloh rollen.
„Es gibt immer ein paar Idioten, die schubsen und drängeln – egal welcher Nation“, ordnet Axel Koch als erfahrener Karnevalist ein, doch der „ganz, ganz überweigenden Zahl“ der Teilnehmer und der Besucher habe der Zug gefallen. Dass viele zugezogene Familien keine Kostüme trugen, sieht er nicht als Beleg dafür, dass die Betroffenen den Karneval nicht in ihren Herzen hätten.
Duisburger Delegation unterstützt jetzt die Blumenkönigin von Teneriffa beim Straßenkarneval
So würden bei Herrensitzungen ebenfalls kaum Kostüme getragen. Die Bevölkerung in Hamborn und Marxloh hat sich verändert, und immer weniger Menschen kennen und leben deutsches Brauchtum von klein auf, „aber wir wollen auch die Zugezogenen gewinnen und überzeugen“. Den friedlichen und fröhlichen Kinderkarnevalszug mit den vielen „vollen Straßenrändern“ sieht er als gute Werbung für den Duisburger Karneval, denn ganz viele Menschen „hatten Spaß“.
Für gut 80 Duisburger Jecken geht der Spaß sogar nach Aschermittwoch noch weiter. Sie fahren als Delegation nach Teneriffa und unterstützen dort die Blumenkönigin Selena, die Sonntag mit Samba-Rhythmen durch Hamborn fuhr, ab sofort in Puerto de la Cruz beim spanischen Straßenkarneval. „Dort sammeln wir Kraft“, sagt Axel Koch und will später am Strand liegend bereits über den nächsten Hamborner Kinderkarnevalszug nachdenken.
>> Wurde zu wenig Kamelle geworfen?
- Allein die 1. Große Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß Hamborn-Marxloh hat für die jüngste Session nach eigenen Angaben insgesamt 160.000 Bonbons, Süßigkeiten und anderes Wurfmaterial besorgt. Das sind demnach 30.000 Bonbons mehr als im Vorjahr und ebenfalls mehr als 2020. Dabei seien „die Preise dramatisch gestiegen“.
- Bestückt wurden mit diesem Wurfmaterial insgesamt 13 Wagen auf vier Duisburger Zügen; fünf waren beim Kinderkarnevalszug in Hamborn dabei.