Duisburg. 150 Teilnehmer springen beim Neujahrsschwimmen des ASCD Duisburg in den 7 Grad kalten Barbarasee. Schwimmer von 17 bis 58 Jahren erzählen, warum.
Die Bekleidung ist ein echter Hingucker: dicke Pudelmütze und dazu ein knappes Badehöschen, alternativ ein Bikini für die Damenwelt. Beim Neujahrsschwimmen des ASCD versammelten sich neben vielen Besuchern diesem Jahr über 150 Hartgesottene um 13 Uhr auf der Wiese am Barbarasee, um ins 7 Grad frostige Wasser zu laufen.
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„Das alte Jahr lässt uns zurück, Neujahrsschwimmen bringt neues Glück. Im kalten Wasser, frisch und klar, begrüßen wir das neue Jahr“: Nach dem Ströphchen von Frank Salamon düst die Menge ins Wasser.
Unglaublich: Nur wenigen entgleiten bei der Kälte die Gesichtszüge. Der Spaß steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Viele tauchen einmal unter, schwimmen ein paar Züge und weg sind sie wieder, um unter die heiße Dusche zu springen. Andere aber, wie Initiator Frank Salamon, scheinen die Kälte nicht zu spüren. Weit draußen schwimmt er, immer zu erkennen an seinem riesigen grünen Hut.
Neujahrsschwimmen: Das ist der Reiz an eiskaltem Wasser
Was treibt so viele Menschen am Neujahrstag raus aus den warmen Federn und rein in den eiskalten See? Kirsten (58) hat die Antwort sofort parat. „Es macht frisch und man ist glücklich, wenn man sich überwunden hat. Meinen inneren Schweinehund habe ich zu Hause auf der Couch gelassen“, erklärt sie lachend.
Seit sie vor fünf Jahren zum ersten Mal diesen Hund auf dem Sofa ließ, hat es sie gepackt. „Beim ersten Mal bin ich nicht gestorben, dann kann ich auch weitermachen“, sagte sie sich und hat sichtlich Gefallen an ihrem kalten Hobby. Sie fährt oft von ihrer Wohnung mit dem Rad zum See und nutzt dann die Gelegenheit, eine Runde zu schwimmen. Gerne zieht sie ihre Kreise auch im Parallelkanal.
Viele Schaulustige haben sich an der Anlage versammelt, um den Mutigen zuzugucken. Immer mit viel Respekt, wie man an der Mimik ablesen kann. Viele beginnen 2024 mit dem positiven Gefühl, sich ihre Disziplin gleich zu Beginn des neuen Jahres unter Beweis gestellt zu haben. Für Niklas (45) allerdings ist so ein Gang ins kalte Wasser eine lieb gewordene Routine. „Ich bin eigentlich eine Frostbeule, aber seit langem Kaltwasserschwimmer und nehme an Wettkämpfen teil“, erzählt er. Schon am kommenden Wochenende bricht er zu seinem dritten Wettkampf in diesem jungen Jahr auf, im Februar ist die Saison vorbei.
„Wenn das Wasser unter fünf Grad ist, spricht man vom Eisschwimmen, über fünf Grad ist es Winterschwimmen“, erklärt Frank Salamon den Sport. Seit 2018 ist er dabei. Angefangen hat er mit Gymnastik, die er mit älteren Damen zusammen machte, weil er ein kaputtes Knie hatte. Dann begann er mit dem Kaltwasserschwimmen und – siehe da – sein Knie erholte sich zusehends. „Ich habe es selbst nicht glauben können, aber es macht etwas mit einem“, sagt er.
Schwimmen in eisigem Wasser: Vorsicht, Suchtgefahr
„Das Schwimmen in kaltem Wasser kann wirklich zur Sucht werden. Nach ungefähr 30 Sekunden stellt sich ein wohliges Gefühl ein, das nach weiteren zwei bis drei Minuten noch einmal verstärkt wird“, analysiert er seine Leidenschaft. Und dann gerät er völlig ins Schwärmen, was das Schwimmen anbetrifft.
Jeden Tag einmal ins Wasser zu gehen, ist für ihn mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Wenn er Zeit hat, zieht es ihn schon morgens zum Schwimmen, ansonsten nach der Arbeit. „Man bekommt eine ganz andere Einstellung, wenn man im kalten Wasser schwimmt. Man darf sich nicht zu schnell bewegen, kann ruhig atmen und denken und richtig runterfahren“, schwärmt er. „Sport sollte jeder machen, und gerade in Wedau hat man alle Möglichkeiten dazu.“
Ähnlich begeistert vom Neujahrsschwimmen bei 7 Grad kaltem Wasser sind auch Lena (17) und Daniela (35) aus Oberhausen. Für Lena, die sich gerade etwas Wärmeres über ihren nassen Bikini gezogen hat, ist es das erste Mal, dass sie den Sprung ins kalte Wasser gewagt hat. „Aber definitiv nicht das letzte Mal“, sagt sie spontan und voller Begeisterung. Daniela, die das zweite Mal dabei ist, hat sie überredet – und offenbar mühelos überzeugen können.
Genauso abgehärtet wie Papa Frank Salamon ist auch Tochter Jenny. Die 29-Jährige erzählt von einem Trip in den Osterferien des vergangenen Jahres. Da waren die beiden in Irland in der Nähe von Dublin und fanden durch puren Zufall „Forty Foot“, einen berühmten Einstieg ins Meer. Das Schwimmen dort war schon im 19. Jahrhundert beliebt. Ursprünglich handelte es sich um eine Badestelle, die nur Männern vorbehalten war. Aber in den 1970er Jahren protestierte eine Gruppe von Frauenrechtlerinnen gegen den Ausschluss von Frauen und Kindern. Jetzt können alle dort schwimmen und genießen es.
„Wir waren bei 7 Grad kaltem Wasser in der irischen See. Bei den Temperaturen baden auch sehr viele alte Menschen. Das hat so viele positive Aspekte. Ich hoffe, dass diese Tradition auch zu uns rüberschwappt“, sagt Jenny. Sie scheint damit richtig zu liegen. Denn das Neujahrsschwimmen in Wedau erfährt in jedem Jahr mehr Zuspruch.
>> EISBADEN: SCHWIMMEN BEI BIS ZU NULL GRAD
- Eisbaden oder Winterschwimmen nennt man das Baden in freien Gewässern bei Wassertemperaturen von bis zu null Grad.
- Das Winterbaden – über 7 Grad – beginnt im Herbst und dauert bis zum Frühjahr. Winterschwimmer nutzen oft Kanäle oder Flüsse, die im Winter nicht so schnell zufrieren.
- Es gibt seit langem beliebte Winterschwimm-Veranstaltungen wie beispielsweise das Donau-Schwimmen in Neuburg, an denen immer Tausende teilnehmen. Am 6. Januar, der in manchen Bundesländern ein Feiertag ist, wird häufig das sogenannte Dreikönigsschwimmen veranstaltet.