Duisburg. Bis zum Jahr 2035 will Duisburg klimaneutral sein. Das kostet Milliarden Euro. Warum Grüne und Linke der SPD und CDU Versagen vorwerfen.
Kaum hat die Stadt Duisburg ihren Haushalt so weit saniert, dass es ein wenig Geld zu verteilen gibt, da streitet die Fraktionen im Stadtrat heftig um die Bereiche, die Investitionen am nötigsten haben: Bei der Verabschiedung des Haushalts am Montagabend stand die kommunale Klimapolitik im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.
Bis 2035 will Duisburg klimaneutral sein. Da werde bereits genug getan, meint die SPD/CDU-Mehrheit, während ihr Grüne und Linke politisches Versagen vorwerfen.
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Für die „Umsetzung politisch beschlossener Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz“ stellt die GroKo 300.000 Euro zur Verfügung. Mit dem Klimaanpassungskonzept und dem Duisburger Weg zum Klimaschutz „haben wir uns auf den Weg gemacht, Duisburg bis 2035 klimaneutral zu machen“, hieß es im Antrag von SPD und CDU.
Formulierungen, die nicht nur Stephan Wedding (Junges Duisburg) auf den Plan riefen. „Wenn Maßnahmen politisch beschlossen sind, sollte die Verwaltung sie eigentlich umsetzen“, so der JuDu-Fraktionschef. Allerdings liege etwa eine „Grünsatzung“, seit der vor Jahren abgeschafften Baumschutz-Satzung versprochen, noch immer nicht vor.
Grüne: Duisburg droht die Klimaziele für das Jahr 2035 zu verpassen
„Niemand hat sich auf den Weg gemacht“, schimpfte Dana Backasch (Grüne). Klimakonzepte würden einfach nur „zur Kenntnis genommen“, ihre Umsetzung dann aber ausgebremst. Die vier Klimamanager im Umweltamt seien bereits auf dem Absprung. „Völlig unzureichend“ sei das Handeln von Ratsmehrheit und Verwaltung, meint auch Mathias Schneider (Grüne): „Wenn sich nichts Signifikantes tut, können wir die Klimaziele 2035 nicht erreichen.“
Seit die GroKo den Umweltdezernenten Mathias Börger „vergrätzt“ habe und nunmehr „mit 54 % Ratsmehrheit 100 % des Verwaltungsvorstandes stellt, ist genau nichts mehr passiert“, ätzte der Grüne Fraktionschef Felix Lütke in seiner Haushaltsrede. Auf Börger folgte unlängst Linda Wagner. Abzuwarten bleibt, welche umweltpolitischen Ambitionen die parteilose Juristin entwickeln will und kann. Große Sprünge sind mit 300.000 Euro kaum möglich.
SPD verweist auf Investitionen in Straßen und Grünflächen
Klimapolitisches Versagen werfen auch die Linken im Rat GroKo und Verwaltung vor. „Mehrere Milliarden Euro sind für den Klimaschutz, den Schulneubau, die Sanierung öffentlicher Gebäude oder die Verkehrswende notwendig, um Duisburg zukunftsfest zu machen“, sagt Fraktionschef Erkan Kocalar. „Für jeden Euro, den wir jetzt nicht investieren in Klimaschutzmaßnahmen, einen nachhaltigen Gebäudebestand, eine echte Verkehrswende, die Energie- und Wärmewende, werden wir in wenigen Jahren ein Vielfaches für die Folgekosten ausgeben“, warnt Felix Lütke.
SPD und CDU sehen das anders. „Wir beschließen in diesem Haushalt auch wieder eine Vielzahl von Sanierungen an Straßen, Brücken und Radwegen“, erinnerte Bruno Sagurna. Auch weitere Ladesäulen seien „ein Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität“, so der SPD-Fraktionschef. Außerdem gebe es mehr Geld für mehr Grün und Grünflächen, Spielplätze und Straßenbäume, auch auf geschenkte Obstbäume dürften sich die Duisburger 2024 wieder freuen. Und mit klimafreundlicher Technologie sorgten die Stadtwerke dafür, „dass tausende Tonnen weniger CO2 produziert werden.“
CDU: Positive Effekte durch Transformation von Hafen und Industrie
Den in Teilen maroden kommunalen Gebäudebestand und das Klimaziel 2035 klammert CDU-Fraktionschef Thomas Mahlberg in seiner Haushaltsrede völlig aus. „Wir wollen nicht vergessen den Bereich Umwelt- und Naturschutz mit mehr Geld auszustatten, um beispielsweise für mehr Grün in Duisburg zu sorgen“, sagt er. Außerdem lasse ja die Weiterentwicklung von Logistik und Hafen, die Wasserstoffwirtschaft und die Transformation zu einer klimaneutralen Industrie „in Duisburg positive Effekte erwarten“.
Bemühungen, die vor allem die Stadttöchter entfalten, erkennen auch die Grünen an: Die kommunale Wärmeplanung bei der DVV, die Sanierung von Kitas und eigenem Gebäudebestand bei der Gebag, die Umstellung der Flotten von DVG und Wirtschaftsbetrieben (WBD) auf E- oder Wasserstoff-Antriebe. Die Sanierung der kommunalen Gebäude muss das IMD stemmen. Was der städtische Krisenbetrieb bewältigen kann, der 2024 unter das Dach der WBD wechselt, bleibt abzuwarten.
Begehrlichkeiten der Politik zur Finanzierung des Sanierungsprogramms richten sich auf einen möglicherweise dreistelligen Millionenbetrag, der 2024 aus dem Verkauf der Steag-Anteile in die Kasse der Stadtwerke fließt.
Dabei hat der Versorger bereits eigene Ideen. Für den anstehenden Ausbau von Fernwärme- und Stromnetz, der wohl rund 1,5 Milliarden Euro erfordert, könne der Steag-Erlös „den Grundstein für eine Anschubfinanzierung leisten und damit eine Belastung des kommunalen Haushalts sowie der Bürger abfedern“, hat DVV-Chef Marcus Wittig bereits deutlich gemacht.
>> RISIKEN FÜR DEN HAUSHALT: ALTSCHULDEN UND CORONA-KOSTEN
- „Es wäre fatal, die errungenen Handlungsspielräume wieder zu verlieren“, warnt SPD-Fraktionschef Bruno Sagurna in seiner Haushaltsrede. Die GroKo baue deshalb „keine Luftschlösser, ohne Kompensationsvorschläge zu machen“.
- Zwar rechnet Stadtkämmerer Martin Murrack auch in den kommenden Jahren mit leichten Überschüssen, Risiken aber bleiben. Etwa durch rund 850 Millionen Euro Altschulden, für die die Zinsen weiter steigen könnten.
- Fast 77 Millionen Euro muss die Stadt ab dem Haushaltsjahr 2026 abbauen: Kosten zur Bewältigung der Corona-Pandemie, die auf Geheiß der Landesregierung in den kommunalen Haushalten „isoliert“ wurden. Ansonsten wären viele NRW-Städte in die Haushaltssicherung gerutscht.
- Gleichzeitig stehen erhebliche Investitionen in den Gebäudebestand an. Größtes Projekt ist ein neues Verwaltungsgebäude im „Loch“ an der Steinschen Gasse, das einen dreistelligen Millionenbetrag kosten dürfte.