Duisburg. Maik Dünow verlor 40 Schafe durch Wölfin Gloria. Er sagt: Die Abschussfreigabe sei überfällig. Was er von Politik und Ministerien fordert.
„Ja, Gloria ist abgezockt, eine kluge Wölfin eben“, sagt Schäfer Maik Dünow, der 800 Schafe plus Lämmer in Duisburg-Walsum und Schermbeck hat – und durch Gloria viele Tiere verloren hat. Die Wölfin „GW 954f“ hatte zuletzt innerhalb von vier Wochen sechsmal als sicher geltende Herdenschutzzäune überwunden und Schafe gerissen. Der Kreis Wesel werde in Kürze eine Allgemeinverfügung erlassen, um „Problemwölfin Gloria“ zu entnehmen, kündigte Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) am Mittwoch im Fachausschuss des Landtags an. Dünow sagt dazu: „Es ist längst überfällig, dass sie zum Abschuss freigegeben wird. Aber damit ist die Wolfsproblematik ja nicht gelöst.“
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Wolf in Walsum schon 2018 mit der Kamera aufgenommen
Schon 2018 wurde ein Wolf in den Walsumer Auen von einer Kamera aufgenommen. „Mittlerweile muss man überall und jederzeit mit Wölfen rechnen. Auch in Walsum“, sagt Dünow. Es würden sich dort Wölfe nicht niederlassen, aber auch ein durchziehender Wolf könne großen Schaden anrichten. Darum schützt er auch in den Duisburger Auen seine Schafe mit den großen Pyrenäen-Berghunden.
Politiker und Ministerien sollten endlich aufhören, die Gesellschaft für dumm zu verkaufen, ist der dringende Wunsch des 49-Jährigen. Die Verantwortlichen sollten ihre romantische Vorstellung vom Wolf ablegen und sich mit Tatsachen beschäftigen. Das alleine helfe weiter. „Wenn man den Wolf in Deutschland haben will, muss man sich auch um Herdenschutz kümmern. Das ist dann aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht die eines einzelnen Schäfers.“
Schäfer glaubt nicht an Abschuss der Problemwölfin
Hitzige und vor allem kontroverse Diskussionen gibt es seit Jahren über Gloria und ihr Rudel. Im Wolfsgebiet Schermbeck hat das Tier viel Schaden bei Nutztieren angerichtet. Alleine Dünow verlor 40 seiner Schafe durch die Wölfin. An den Abschuss der Wölfin glaubt er nicht. Er ist stattdessen überzeugt, dass Gloria eines ganz natürlichen Todes sterben wird: „Denn jetzt kommen wieder die Romantiker und ziehen vor Gericht, um den Abschuss zu verhindern.“
Dünow hat einen unverklärten Blick auf Schafe und Wölfe. „Gloria macht ja aus ihrer Sicht alles richtig. Sie sorgt für ihre Kinder, braucht schnelles Futter und hat gelernt, dass man leicht an Ponys, Schafe, Ziegen und andere Nutz- und Weidetiere kommt. Sie springt über Zäune und hat leichte Beute. „Man kann vom Schreibtisch in der fünften Etage eben keine vernünftige Wolfspolitik machen.“ Dazu müssten Politiker und Mitarbeiter der Ministerien endlich mal mit den Betroffenen vor Ort sprechen, um ein realistisches Bild von der Situation zu bekommen und kluge Lösungen zu finden.
Wie von Seiten der Politik in Düsseldorf zu hören sei, „bereitet den Experten die Tatsache Sorge, dass Gloria inzwischen selbst Weidezäune von 1,20 Meter überwindet“. Über solche Aussagen kann Maik Dünow nur den Kopf schüttelt. Er spottet: „Die Wölfin ist doch von den Ministerien selbst trainiert worden. Erst war angeblich ein Zaun von 90 Zentimetern für einen Wolf unüberwindbar. Dann waren es 1,08 Meter, danach 1,20 Meter.“
Schäfer kritisiert Nabu und Bürokratie
Auch dem, was der Naturschutzbund (Nabu) „immer an Weisheiten verbreite“, widerspricht der 49-Jährige vehement. Die Naturschutzorganisation sage immer, der Wolf reiße gerade mal ein Prozent der Nutztiere wie Schafe. Ansonsten ernähre er sich von Rehen, Rotwild und Wildschweinen. „Wenn er aber wie in Norddeutschland oder Holland nur an Schafe kommt, weil gar keine Wälder da sind oder hier schneller mal ein Pony reißen kann, dann besorgt er sich eben so seine Nahrung, wie man sieht.“
Der Schäfer glaubt auch nicht, dass es sich bei Gloria in erster Linie um Lernverhalten handelt. Denn der „Wolf als Urvater unserer Hunde“ sei schon immer ein schlauer Kopf gewesen. Aus dem Grunde hält der Schäfer auch die Regelung, dass man bei Wolfssichtungen mindestens ein halbes Jahr DNA-Spuren sichern muss, für „absoluten Schwachsinn“. Denn bis dahin habe der Wolf alles gelernt, was er zum Leben braucht. Aber erst nach einem halben Jahr könne man einen Zuschuss zu Schutzzäunen beantragen.
Politik „verkauft Leute für dumm“
Es gehe in Deutschland alles viel zu langsam und zu bürokratisch. Gloria sei von Niedersachsen gekommen, habe Straßen und Flüsse überquert, ohne dass ihr etwas passiert ist. „Kinder lernen von ihren Eltern. Das heißt, ihr Nachwuchs kann längst alles, was die Mutter ihnen zum Überleben beigebracht hat.“ Maik Dünow ärgert vor allem, dass die Politik die „Leute für dumm verkauft“. Schäfer seien nicht blöd. Sie würden von der Politik und den Ministerien aber alleine gelassen. Die Marge, die ein Schäfer bei seinem Verdienst habe, sei klein. Für Herdenschutz brauche man finanzielle Unterstützung.
Mittlerweile hätten die meisten in der Region ihre Schafhaltung aufgegeben. Er selbst hat sich die teuren Pyrenäen-Berghunde angeschafft. Zwischen 15 und 20 Hunde habe er zum Schutz seiner Herden. „Aber alleine für Futter gebe ich pro Monat zwischen 1000 und 1200 Euro aus. Von Hilfe durch das Land könne nicht die Rede sein. In Rumänien, das immer als Wolf-Vorzeigeland gepriesen werde, hätten die Schäfer immer ein Gewehr dabei. Das sei der Unterschied zu Deutschland.
>> Schäfer Dünow: „Wolfsschützer werden Wolfsfeinde sein“
- Man müsse sich nicht wundern, wenn man auch in Walsum einen Wolf zu Gesicht bekommt, so wie es schon 2018 der Fall war. „Wir haben ja keine Wildnis mehr, wo sich Wölfe verstecken können, sondern eine Kulturlandschaft. Die Wölfe vermehren sich immer weiter und dürfen nicht abgeschossen werden“, sagt Schäfer Maik Dünow.
- Für den Deichschutz sind Schafe überaus wichtig, weil sie unter anderem für deren Festigkeit und Sicherheit sorgen. „Aber, wer in der fünften Etage im Düsseldorfer Ministerium sitzt, bekommt eben keine nassen Füße, wenn ein Deich bricht.“ Durch das Ungleichgewicht zwischen Wolfsrudeln und Nutztieren werde es irgendwann keine Schafzucht mehr geben, davon ist der Schäfer überzeugt. „Diejenigen, die heute die größten Wolfsschützer sind, werden später die größten Wolfsfeinde sein“, so seine Prognose.