Duisburg. Mit besonderen Herdenschutzhunden schützt Schäfer Maik Dünow seine Schafe vor dem Wolf in Duisburg. So kostspielig sind die Tiere für ihn.

Manchmal stehen sie sich gegenüber. Auge in Auge: Die Pyrenäenberghunde und der Wolf. In den weiten Auen von Walsum, wo die Schafherden die Deiche in Schuss halten. Aber dann zieht der Wolf den Schwanz ein und dreht ab. Sie sind doch eine Nummer zu groß – die kräftigen weißen Herdenschutzhunde, die früher als Wächter von Schlössern dienten, mit einer Schulterhöhe von bis zu 80 cm und einer imposanten Mähne.

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„Seit ich diese Hunde für meine Schafherden einsetze, ist nichts mehr passiert“, sagt Schäfer Maik Dünow. Das war noch vor wenigen Jahren anders, als 2018 die Wölfin Gloria 40 Schafe von Dünow in Schermbeck riss. Auch Walsum gehört mit zum Wolfsgebiet, die Hunde sind jetzt die Leibwächter der Schafe in den einsamen Rheinauen. Ein entspannender Gedanke für den 47-jährigen Schäfermeister, der beruflich nie etwas anderes machen wollte. Denn mit Schafen zu leben, liegt quasi in seinen Genen. Auch der Vater und zwei Brüder waren und sind Schäfer.

Maik Dünow ist in Duisburg Schäfer mit Leib und Seele

Nach der Wende ging Dünow in den Westen und übernahm später die Schäferei in Wesel. Er geht seinem Beruf mit Leib und Seele nach, obwohl die Tätigkeit mit Romantik nichts mehr zu tun hat. Er ist Unternehmer, für sich selbst, aber auch für seine Tiere verantwortlich. Seine Schafe und er – das bedeute Harmonie, sagt er. 1000 Mutterschafe hat er zurzeit, die er hegt und pflegt, die er auf den weiten Wiesen einsetzt. Er ist bei den Geburten dabei und begleitet sie auf ihrem letzten Gang. „Ich lass kein Tier alleine.“

Die Pyrenäenberghunde beschützen die Schafsherde in Duisburg vor dem Wolf. Walsum gehört auch zum Wolfsgebiet.
Die Pyrenäenberghunde beschützen die Schafsherde in Duisburg vor dem Wolf. Walsum gehört auch zum Wolfsgebiet. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Eine Verabredung mit ihm eine Woche im Voraus ist daher immer schwierig. „Die Schafe bestimmen meinen Tagesrhythmus“, erklärt er. Und der ist ganz unterschiedlich. Eine große Herausforderung war der Einzug des Wolfs nach Deutschland. Denn mit dem Problem hatte er früher nichts zu tun. Seit den schlimmen Übergriffen auf seine Herden in Schermbeck musste er sich zum Schutz seiner Tiere etwas einfallen lassen. Ein Wolfshasser ist er auch nach dem Angriff auf 40 seiner Schafe nicht geworden. „Der Wolf verhält sich wie der Fuchs im Hühnerstall. Er beißt alle tot, weil die Tiere nicht fliehen können und er sich auch nicht so verhält wie im Normalfall“, sagt Maik Dünow. Denn mit einer solchen Situation könnten die Tiere nicht umgehen.

Warum der Wolf für die Schafsherden zum Problem wird

In freier Wildbahn jage der Wolf zum Beispiel Rehe. Eins fängt er dann, die anderen laufen weg. Wenn aber der Wolf über den Zaun springt, wo Schafe grasen, die nicht weglaufen können, dann greife er alle die an, die nicht fliehen. Deshalb schaffte sich Maik Dünow die ersten Pyrenäenberghunde an, für die pro Tier circa 5000 Euro bezahlt werden müssen. Eine ausgesprochen kostspielige, aber effektive Lösung, um Wolfsangriffe zu verhindern. Diese Hunde sind das ganze Jahr über draußen in den Schafherden, werden dort geboren und lernen von den älteren Tieren das Verhalten. „Für sie gibt es keine Kommandos, sie funktionieren selber.“ Jede Herde hat deshalb immer einige junge und ältere Hunde.

5000 Euro kostet ein Pyrenäenberghund, weitere 2500 Euro pro Jahr und Tier kommen hinzu.
5000 Euro kostet ein Pyrenäenberghund, weitere 2500 Euro pro Jahr und Tier kommen hinzu. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Nähert sich ein Wolf, treiben zwei Hunde die Schafe zusammen, die anderen beiden halten den hungrigen Jäger in Schach. Dass Schäfer kein Beruf für Menschen ist, die Millionäre werden wollen, war dem 47-Jährigen von Anfang an klar. Aber die Schutzmaßnahmen, die er jetzt wegen der Wölfe ergreifen muss, sind unfassbar kostspielig. Die ersten Hunde hat er mit Unterstützung des Landes anschaffen können. Seitdem züchtet er die wertvollen Vierbeiner selbst. Zwanzig Pyrenäenberghunde hat er mittlerweile, aber alleine die Unterhaltung der „weißen Riesen“ ist finanziell eine Herausforderung. Pro Jahr gibt der Schäfer 2500 Euro pro Hund aus. „Das ist auf Dauer kaum durchzuhalten.“

Schäfer in Duisburg hält „wolfsabweisende Zäune“ für wenig effektiv

Die Anzahl der Hunde braucht er aber, weil das Wolfsgebiet fast 1000 Quadratkilometer umfasst. Denn nachdem Gloria 2018 kam, ist das Rudel mittlerweile auf sechs Tiere angewachsen. Und das weitere Einzugsgebiet ist riesig: Es reicht von Wesel über Hünxe, Dinslaken, Rees, Dorsten bis nach Bottrop-Kirchhellen und Oberhausen. Auch Duisburg-Walsum, wo seine Herden grasen, liegt im Wolfsgebiet. Es seien schon mehrere Ponys gerissen worden – in direkter Nähe zu Wohngebieten. Die „wolfsabweisenden Zäune“, die von der Landesregierung gefördert werden, hält der erfahrende Schäfer für wenig effektiv. „Die halten keinen Wolf ab, wie man mittlerweile weiß. Die müssten drei Meter hoch und mindestens ein Meter tief in die Erde reichen.“ Auf Dauer, erklärt der Schäfer, müsse eine politische Lösung gefunden werden. Die Entwicklung könne man nicht sich selbst überlassen.

>>>> WOLF: VIELE SCHÄFER GEBEN AUF

  • „Das Konfliktpotenzial Wolf und Mensch kann man nicht einfach sich selbst überlassen.“ Davon ist Schäfer Maik Dünow überzeugt. Immer mehr Schäfer würden aufgeben, denn nicht jeder habe die Mittel, sich die teuren Herdenschutzhunde anzuschaffen und sie zu unterhalten. Und ohne sie sind die Schafherden mittlerweile schutzlos Wolfsangriffen ausgeliefert.
  • Auf Dauer müsse man über den Abschuss von Wölfen nachdenken. „Denn Schäfer erfüllen mit ihren Herden eine maßgebliche Schutzfunktion für Natur, Landschaft, Deiche und Hochwasser. Die Schafe treten die durch Wühlmäuse gelockerten Deiche wieder fest, sie düngen die Flächen und sind zudem eine touristische Attraktion“, sagt Dünow. Für ihre wertvolle Arbeit bekommen Schäfer Gelder vom Land und von der EU.
  • Aber mit immer weniger Schäfern in Deutschland gehe auch das Wissen verloren. „Gerade einmal 14 Auszubildende gibt es in Deutschland zurzeit bei 900 Berufsschäfern. Kaum noch jemand bildet aus, denn das Durchschnittsalter liegt bei 65 Jahren“, berichtet Maik Dünow.
  • Der 47-Jährige ist überzeugt, dass es eine politisch klare Linie in Bezug auf den Wolf geben muss. Zurzeit gilt, dass die Tiere nicht abgeschossen werden dürfen. „Man will den Wolf nicht abschießen, aber man will auch nicht dafür zahlen.“ Das könne auf Dauer so nicht gehen.