Duisburg. Ratsherr Levent Önder hat Israels Regierungschef Netanjahu bei Facebook mit Hitler verglichen. Was Önder selbst dazu sagt und was ihm nun droht.
In einem Facebook-Post hat der Duisburger Ratsherr Levent Önder den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu mit Adolf Hitler verglichen. Nach einer Strafanzeige gegen den 43-Jährigen, der im Rat das Wählerbündnis Sozial, Gerecht, Unabhängig (SGU) vertritt, werde der Staatsschutz Ermittlungen aufnehmen. Das hat am Montag die Polizei Duisburg auf Nachfrage bestätigt.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Duisburger Kommunalpolitiker will sich an Wortwahl „nicht mehr genau erinnern“
„Bewiesen: Israel hat das Krankenhaus zerbombt und Hunderte unschuldige Menschen gezielt getötet. Die Lügen Israels werden Stück für Stück entlarvt. Und wir alle wissen, dass der Rassist Netanjahu ein Lügner und Massenmörder ist. Benjamin Netanjahu ist boshafter als Hitler.“
Das ist der Text des Facebook-Postings, das Levent Öner im sozialen Netzwerk Facebook absetzte. Das Journalisten-Blog Ruhrbarone hat den Beitrag per Screenshot festgehalten.
Auch interessant
Er habe den Post kurz nach der Veröffentlichung „sehr zeitnah wieder gelöscht“, sagte der Ratsherr auf Anfrage unserer Redaktion zunächst am Montag. Gleichwohl bestätigte er, Autor des Textes zu sein. Er könne sich aber an seine Wortwahl „nicht mehr so genau erinnern“, so Önder am Montag: „Ich bin kein Antisemit, habe mich auch schon kritisch zur Hamas und dem Iran geäußert.“
Önder verbreitet nach Berichterstattung lange Entschuldigung
Am Dienstag, nach der Online-Veröffentlichung unseres Artikels auf waz.de/duisburg, verbreitete Önder eine sehr lange schriftliche Entschuldigung: „Das hätte so nicht passieren dürfen. […] Ich schrieb leider Dinge, die ich schnell bereut habe und von selbst wieder löschte. Ich möchte mich dafür bei allen Menschen, die ich dadurch verletzt habe aufrichtig entschuldigen.“
Den Hitler-Vergleich thematisiert Önder in seinem Entschuldigungsstatement allerdings nicht mit einem Wort, dafür seine eigene Biografie – offenbar, um Antisemitismus-Vorwürfen zu begegnen: „Ich bin als Muslim nicht nur in einer türkischen Familie groß geworden, sondern auch in einer jüdischen.“
Eine jüdische Frau und Freundin seiner Mutter habe ihn als Kind in 80ern betreut: „Diese Frau wurde wie eine zweite Mutter für mich.“ Er berichtet von einer 43-jährigen Freundschaft, seine Mutter habe seiner „Ziehmutter“ sogar eine Niere gespendet. „Auf Grund dieser Vergangenheit und meinem religiösen Hintergrund, wird es niemals rassistische oder antisemitische Parolen von mir geben.“
Viele offene Fragen nach Explosion am Al-Ahli-Krankenhaus
Mit seinem Post bezog sich Önder auf die Explosion einer Rakete in unmittelbarer Nähe der Al-Ahli-Klinik in Gaza am 17. Oktober. Dabei sollen nach Verlautbarungen der Terror-Organisation Hamas Hunderte Menschen ums Leben gekommen sein. Während Hamas die israelische Armee für den Beschuss verantwortlich macht, führt diese die Explosion auf eine fehlgeleitete Rakete der palästinensischen Terrororganisation Islamischer Dschihad zurück – die eigentlich Israel treffen sollte.
Auch interessant
Verschiedene unabhängige Untersuchungen sehen ebenfalls Indizien für die Version der fehlgeleiteten palästinensischen Rakete. Bislang ließ sich jedoch keine der beiden Versionen zweifelsfrei bestätigen. Das gilt auch für die Zahl der von Hamas genannten Opfer. „Bewiesen“ also war am 29. Oktober nichts – was Önder via Facebook also fälschlicherweise behauptet hatte.
Oberbürgermeister Sören Link: Äußerungen für ein Ratsmitglied nicht tolerabel
Als Vorsitzender des Stadtrates hat Oberbürgermeister Sören Link die Äußerung nach Bekanntwerden scharf verurteilt. „Die strafrechtliche Bewertung dieser Äußerung obliegt der zuständigen Staatsanwaltschaft. Klar ist aber auch: Äußert sich ein Mitglied des Rates in dieser Form, ist das für mich als Oberbürgermeister und Vorsitzender des Rates der Stadt Duisburg nicht tolerabel“, so der OB.
Auch interessant
„Der derzeitigen Eskalation im Nahen Osten ging ein feiger und menschenverachtender Angriff auf die israelische Bevölkerung durch die Terrororganisation Hamas voraus“, so Link weiter. „Vor diesem Hintergrund das Leid der Zivilbevölkerung für extremistische Hetze zu instrumentalisieren, spricht gegen alles wofür wir uns hier in Duisburg seit Jahren stark machen.“
Karl-Heinz Hagenbuck (SGU): Wollen mit dieser Haltung nichts zu tun haben
Auch interessant
Mit dem speziellen Verhältnis ihres politischen Weggefährten werde sich am Dienstag die SGU (Sozial, Gerecht, Unabhängig) bei der Sitzung der Ratsgruppe auseinandersetzen. „Mit dieser Haltung wollen wir nichts zu tun haben“, betont Karl-Heinz Hagenbuck auf Nachfrage. „Wir werden uns dazu verhalten müssen“, sagt das einstige SPD-Mitglied. Hagenbuck ist neben Önder der zweite SGU-Ratsherr.
Levent Önder war bei der Kommunalwahl 2020 zunächst auf dem Ticket der WGD, einer Wählergemeinschaft türkeistämmiger Duisburger, in den Rat eingezogen. Schon wenig später hatte er sich allerdings mit der WGD überworfen, dem Austritt folgte dem Anschluss an die SGU.