Duisburg. Der Kreislauf der Jugendlichen kollabierte: Nach einer Hot Chip Challenge an einer Schule kam der Rettungswagen. So reagieren Lehrer und Polizei.

Die Köpfe liefen knallrot an, Schweiß brach aus, sie mussten sich übergeben, der Kreislauf kollabierte: Die Gesamtschule Meiderich musste bereits zweimal einen Rettungswagen rufen, weil minderjährige Schüler sich an der „Hot-Chip-Challenge“ versucht hatten.

Das Produkt ist 500-mal schärfer als Tabasco-Soße, deshalb warnt sogar das Bundesinstitut für Risikobewertung vor dem Verzehr. Dennoch gibt es bundesweit immer wieder Berichte über Mutproben, die gefilmt werden – und manchmal auch im Krankenhaus enden.

Hot Chips Challenge: Schulleiter warnt vor dem Verzehr

Schulleiter Bernd Beckmann sah keine andere Lösung, als die Eltern über die Schulwebseite zu informieren: Aufgrund der extrem hohen Chilikonzentration führe bereits der Verzehr von einem Chip zu „erheblichen gesundheitlichen Schäden“. Er schreibt: „Bitte belehren Sie Ihre Kinder und verbieten Sie die Einnahme der Hot Chips Produkte.“

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Die betroffenen Jugendlichen aus den Klassen 7 und 8 hätten zum Glück keine bleibenden Schäden erlitten, „das ging am Ende glimpflich für den 13- und den 14-Jährigen aus“, sagt Beckmann. Wären sie vorerkrankt, hätte das anders ausgesehen, glaubt er. In den USA ist ein 14-Jähriger nach dem Verzehr verstorben.

Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich und Schulformsprecher, musste den Rettungsdienst rufen, nachdem Minderjährige sich an der Hot Chips Challenge versucht hatten.
Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich und Schulformsprecher, musste den Rettungsdienst rufen, nachdem Minderjährige sich an der Hot Chips Challenge versucht hatten. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Wie die Chips in den sargähnlichen Schachteln an die Schule kommen, wisse er nicht, bei Onlineversandhändlern könne man sie leider problemlos bestellen, musste der Schulleiter feststellen. Da aber auch Trinkhallen im Umfeld der Schule in Verdacht standen, die Chips an Minderjährige zu verkaufen, obwohl es erst ab 18 empfohlen wird, schaltete Beckmann auch die Polizei ein.

Polizei hat keine Handhabe gegen den Verkauf von Hot Chips

Julia Schindler, Pressesprecherin der Polizei, sagt allerdings, dass es keine gesetzliche Grundlage für ein Einschreiten gebe. Die Beschränkung auf den Verzehr ab 18 Jahren sei eine nicht bindende Empfehlung der Hersteller und tauche nicht wie Alkohol oder Tabak im Jugendschutzgesetz auf. Bezirkspolizisten hätten dennoch das Gespräch mit Kioskbetreibern gesucht, „denn die Dinger sind brandgefährlich“.

Die Stadt Duisburg und das Gesundheitsamt raten von solchen Wettessen ab, weil negative Folgen für die Gesundheit nicht auszuschließen seien und außerdem Rettungskräfte in solch vermeidbaren Einsätzen gebunden seien und in dem Moment anderen, schwer erkrankten oder verletzten Patienten möglicherweise nicht zur Verfügung stehen, schreibt Pressesprecher Sebastian Hiedels.

Sensibilisierung der Jugendlichen im Unterricht

Weitere Einsätze als die beiden in Meiderich seien in Duisburg nicht bekannt. Zur Behandlung der Kreislaufprobleme reiche meist eine Flüssigkeitsgabe über einen Venenkatheter durch die Rettungssanitäter, in schweren Fällen könnten kreislauf-stabilisierende Medikamente verabreicht werden. Auch gegen Schmerzen und Übelkeit gebe es Medikamente.

Eine nicht repräsentative Umfrage unter Schulleitern verschiedener Schulformen in Duisburg ergab, dass die Challenges zwar bekannt sind, aber „zum Glück noch nicht“ im Schulalltag für Aufsehen sorgten. Ralf Buchthal vom Steinbart-Gymnasium sagt, dass die Schule da null Toleranz zeige, auch bei absichtsvollen Verletzungen durch Beinchen stellen oder Nackenklatscher. Das kursiert derzeit wohl auch. Dr. Wibke Harnischmacher vom Mercator-Gymnasium ergänzt, dass es Gespräche im Unterricht gab und die Eltern sensibilisiert worden seien.

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>> TIKTOK-CHALLENGES – TIPPS FÜR LEHRER UND ELTERN

  • Eltern und Lehrkräfte können sich auf der Webseite www.klicksave.de informieren, wie man die Online-Kompetenz von Menschen fördern kann und sie im kritischen Umgang mit Internet-Angeboten ermutigt.
  • Die Landesanstalt für Medien NRW beantwortet auf www.fragzebra.de Fragen rund um Medien und den digitalen Alltag.
  • Die Seite www.jugendschutz.net informiert über aktuelle Themen und Trends. Hier können auch Videos gemeldet werden, die Challenges verharmlosen und Kinder oder Jugendliche zur Nachahmung ermuntern. Das Kompetenzzentrum von Bund und Ländern geht gegen Verstöße gegen den Jugendschutz vor.

>> ERSTE HILFE BEI HEFTIGEN REAKTIONEN AUF HOT CHIPS

  • Zeugen von solchen Vorkommnissen wird vom Gesundheitsamt geraten, sofort bei Eintreten von Beschwerden wie Kreislaufversagen, Übelkeit oder Erbrechen vorsorglich den Rettungsdienst unter 112 zu verständigen.
  • Wichtig ist, dass in der Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte Patienten bei Kreislaufproblemen in die Schocklage gebracht werden, also flach auf dem Rücken liegend mit 30° angehobenen Beinen. Bei Bewusstlosigkeit sollten die Personen in die stabile Seitenlage gebracht werden.