Duisburg. Brot statt Besteck: Im Restaurant Lemlem ist Essen ein Erlebnis. Nicht nur wegen der äthiopischen Gerichte gibt es kaum vergleichbare Lokale.

Ostafrikanische Küche wird in Deutschland nur selten angeboten. Das ist bedauerlich, denn der Geschmack unterscheidet sich sehr von den kulinarischen Gewohnheiten sowohl im übrigen Subsahara-Afrika als auch im orientalischen Raum. In Duisburg bietet das äthiopische Restaurant Lemlem die Möglichkeit, die besonderen Gewürzmischungen dieser Region kennenzulernen und die Gerichte – in traditionelles Fladenbrot gewickelt – mit den Fingern zu essen. So war der Testbesuch im Lokal an der Börsenstraße, am Rande der Baugrube für die zwei neuen Torhäuser:

Atmosphäre: Der kleine Laden mit nur fünf Tischen ist eigentlich eine typische Eckkneipe, die Einrichtung passt zur altehrwürdigen hölzernen Theke. Einen Kontrast dazu bildet die Dekoration, mit ostafrikanischem Schmuck sowie Bildern von äthiopischen Königen und anderen Menschen an der Wand. Auch die Landesfarben Rot, Gelb und Grün sind allgegenwärtig. Das alles mutet mitunter etwas kitschig an, hat aber gerade im Zusammenspiel mit der alten Kneipeneinrichtung auch wieder Charme. Schade: An diesem Abend bleiben alle anderen Tische leer.

Restaurant Lemlem in Duisburg: Injera ist Grundlage jeder Speise

Service: Die Wirtin ist zurückhaltend, aber freundlich. Sie bietet Hilfe bei der Essensauswahl an und beschreibt jedes Gericht, so gut es die Deutschkenntnisse zulassen. Außerdem erklärt sie, wie das Sauerteig-Fladenbrot Injera hergestellt wird, das die Grundlage jedes äthiopischen Essens bildet. Später sitzt sie etwas gelangweilt hinter der Theke, für weitere Getränkewünsche müssen wir zu ihr gehen. Angesichts des geringen Gästeaufkommen an diesem Abend ist das aber auch verzeihbar.

Die Einrichtung im Restaurant Lemlem ähnelt einer typischen Eckkneipe. Dekoriert ist es vor allem in den äthiopischen Landesfarben Rot, Gelb und Grün.
Die Einrichtung im Restaurant Lemlem ähnelt einer typischen Eckkneipe. Dekoriert ist es vor allem in den äthiopischen Landesfarben Rot, Gelb und Grün. © Christian Schmitt

Angebot und Geschmack: Die Karte im Lemlem ist überschaubar und enthält rund zehn Gerichte, es gibt weder Vorspeisen noch Desserts. Zur Auswahl stehen vegane Speisen mit Grünkohl, Linsen oder Roter Beete, aber auch Fleischgerichte mit Huhn, Rind oder Lamm. Wer möchte, kann von allem ein bisschen bestellen. Dafür entscheidet sich schließlich auch der Tester.

Das Essen wird zusammen mit dem Injera angerichtet, das mit seiner fluffigen Konsistenz ein wenig an Pfannkuchen erinnert, aber einen viel herzhafteren Geschmack hat. Die einzelnen Gerichte liegen darauf und werden, in kleine Stücke des Fladenbrots gewickelt, mit den Händen gegessen.

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Die Speisen sind abwechslungsreich gewürzt. Wer bei jedem Gericht die dominierende Geschmacksnote herausschmecken will, muss eine wirklich feine Zunge haben; auf jeden Fall hoch im Kurs liegen Kreuzkümmel, Kurkuma, Koriander und Kardamom sowie Pfeffer und Chilis.

Im Lemlem sind nicht nur die äthiopischen Speisen authentisch

Überwürzt ist das Essen jedoch nicht, gerade beim Grünkohl und bei der Roten Beete, aber auch bei einem Brei aus Kichererbsen bleibt dem Eigengeschmack genug Raum zur Entfaltung. Ein Schmorgericht mit gewürfeltem Rindfleisch hat eine leicht säuerliche Note. Wirklich scharf sind nur zwei Gerichte: Rote Linsen sowie eine Hähnchenkeule samt gekochtem Ei in dunkler Soße.

Authentisch wie das Essen ist hinterher auch der Kaffee, eine Spezialität in dem ostafrikanischen Land. Die Bohnen werden vor den Augen (und Nasen) der Gäste geröstet. Danach stellt die Wirtin ein Gefäß mit qualmendem Weihrauch auf den Tisch – die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche ist eine der ältesten Kirchen der Welt, die Verwendung von Weihrauch dort tief verankert. Der Kaffee schmeckt herb und vollmundig, aber mit nur wenigen bitteren oder sauren Noten, wie sie viele andere Kaffeesorten haben. Dazu gibt es salziges Popcorn.

Für das Essen sowie jeweils zwei Getränke und Kaffee zahlen zwei Personen knapp 70 Euro.

Der äthiopische Kaffee wird frisch geröstet, dazu kommt ein Gefäß mit qualmendem Weihrauch auf den Tisch.
Der äthiopische Kaffee wird frisch geröstet, dazu kommt ein Gefäß mit qualmendem Weihrauch auf den Tisch. © Christian Schmitt

Fazit: Seltene Gewürzmischungen, Essen mit den Fingern und Weihrauch zum Kaffee – es ist eine vielzitierte Floskel, aber der Besuch im Lemlem ist „mal etwas ganz anderes“; in und um Duisburg gibt es kaum vergleichbare Restaurants. Die Speisen sind authentisch und höchstens bei der Schärfe dem europäischen Gaumen angepasst. Ein kulinarisches Erlebnis in einfachem und ungezwungenem Ambiente.

Bewertung:

Geschmack: 4/5 Punkte

Atmosphäre: 3/5 Punkte

Service: 4/5 Punkte

Preis-Leistungs-Verhältnis: 5/5

Adresse: Börsenstraße 9, 47051 Duisburg

Kontakt: 0160 97 20 76 50

Öffnungszeiten: Sonntags bis donnerstags von 17 Uhr bis 0 Uhr, freitags und samstags von 17 Uhr bis 4 Uhr.

Hinweis der Redaktion: Diese Gastro-Kritik entspricht dem subjektiven Geschmacksurteil des Verfassers. Bei unseren Tests geben wir uns nicht zu erkennen, bewerten unabhängig und bezahlen das Essen selbst.