Duisburg. Die Duisburger Initiative „Kants Gärtner“ feiert Geburtstag. Die Bürger wollten sich den Park zurück erobern. Hat sich seitdem etwas verändert?
Vor zehn Jahren hat sich die Gruppe „Kants Gärtner“ gegründet. Seitdem wachsen an der Seite zur Tonhallenstraße üppige Stauden, im Sommer gedeiht dort in den Beeten auch Gemüse. Es gibt Fledermaus-Schutzkästen und Wildbienen-Häuser. Kinder und Erwachsene können die Natur neu entdecken. Die Ehrenamtler haben dabei nicht nur die Ökologie in dem stadtnahen Park im Blick, sondern wollten 2013 auch dafür sorgen, dass sich die Bürger ihre Grünfläche zurück erobern.
Damals wie heute halten sich im Kant-Park auch Menschen aus der Drogen- und Alkohol-Szene auf. In den Büschen, auf dem Spielplatz und in vielen Ecken fanden sich Nadeln und menschliche Hinterlassenschaften – in Ermangelung einer öffentlichen Toilette. Ein Rundgang zeigt, was sich in den vergangenen Jahren verändert und verbessert hat, und welche Probleme noch immer existieren.
Die Ehrenamtler: Duisburger legen sich in Kants Garten und im gesamten Park ins Zeug
Susanne Breidenbach ist Mit-Gründerin der Initiative „Kants Garten“. Für nicht wenige Park-Besucher ist sie das Gesicht des Kant-Parks – neben den Gärtnern der Wirtschaftsbetriebe natürlich, die hier regelmäßig den Rasen mähen und die Anlage in Schuss halten.
Wenn die Hobby-Gärtnerin durch den Park schlendert, freut sie sich über die blühenden Bereiche, die es so früher nicht gab. Sie weiß um die wichtige Funktion der bläulichen „gemeinen Wegwarte“ für die Insekten, entdeckt eine Hummel, die gerade auf einer Blüte sitzt. Sie würdigt selbst Brennnesseln, ohne diese es praktisch keine Schmetterlinge gäbe.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Die Duisburgerin erinnert sich an die Anfänge zurück: „Ich habe mich durch die Szene nie bedroht gefühlt, aber die Situation war einfach unangenehm, wenn man durch den Park gegangen ist. Wir wollten dem etwas entgegensetzen, indem wir den Bereich aufwerten“, erklärt Susanne Breidenbach ihre Motivation.
Seinerzeit haben sie und einige Mitstreiter sich den Rondellen gegenüber des Spielplatzes angenommen. Inzwischen wirkt der Bereich wie ein Bauerngarten. Ein Ort, an dem Spaziergänger gerne verweilen, sich auf der Bank niederlassen und einfach mal die Gedanken schweifen lassen können. Überhaupt sei seit der Umgestaltung des Parks an den Wochenenden viel mehr los als früher. „Meine Eltern hatten einen Garten, in dem ich gespielt und mitgeholfen habe. Ich möchte, dass Kinder, die in der Stadt aufwachsen und die keinen eigenen Garten haben, ähnliche Erfahrungen machen können.“
Mit den städtischen Wirtschaftsbetrieben sind Kants Gärtner in engem Austausch. Sie stifteten damals eine Bank, bereiteten die Bereiche so vor, dass die Ehrenamtler direkt los legen konnten. „Hier wird nicht nur gemeinsam gegärtnert, hier finden sich Menschen“, lobte Volker Heimann vom Amt für Umwelt und Grün den Einsatz kurz nach der Gründung.
Mittlerweile beschränkt sich das Engagement von Susanne Breidenbach nicht nur auf Kants Garten. An der Seite zur Düsseldorfer Straße gibt es im „Dell-Garten“ weitere blühende Staudenbeete. Auf einer langen Bank treffen sich bei gutem Wetter abends die Nachbarn, um gemeinsam zu quatschen oder zu picknicken. Auch die Tischtennisplatten und die Boule-Bahn werden gut angenommen.
Oberbürgermeister Sören Link gratuliert der Initiative zum Geburtstag und lobt das Engagement: „Toll, was Kants Gärtner hier in den letzten zehn Jahren geleistet haben. Auf immer mehr Flächen grünt und blüht es. Allen, die sich dort ehrenamtlich engagieren gilt mein herzliches Dankeschön für ihren unermüdlichen Einsatz.“.
Der ökologische Blick auf den Park
Susanne Breidenbach und die andere Mitstreiter engagieren sich auch in der Initiative „Duisburg summt“ – eine Aktion, die von der Unteren Naturschutzbehörde und der Biologischen Station westliches Ruhrgebiet in Duisburg gestartet wurde. Um die Biodiversität und die Zahl der Bienen und anderen Insekten zu erhöhen, werden beispielsweise einige Bereiche im Kant-Park seltener gemäht.
„Extensive Pflege“ nennen Experten diese Methode. „Wenn ich sehe, dass gerade etwas blüht, dann lasse ich die Pflanze stehen. Wäre doch schade, wenn alles platt gemacht wird“, erklärt Björn Hoffmann von den Wirtschaftsbetrieben. Er und sein Kollege Thomas Ummerlee drehen regelmäßig ihre Runden im Kant-Park. Sie ziehen Wege in die 60 Millimeter hohen Grashalme, die die Besucher ermutigen sollen, auch mal von den angelegten Pfaden abzuweichen. Außerdem finden die Insekten auf den Flächen Futter und neue Lebensräume. Parallel wird von der Biologischen Station ausgewertet, ob die Zahl der Insekten steigt. „Ziel ist die Erhöhung der Biodiversität ohne die Nutzungsmöglichkeiten für die Menschen zu weit einzuschränken“, heißt es von Seiten der Stadt.
Demnächst soll zudem am Rande des Steinbart-Gymnasiums noch ein so genanntes „Sandarium“ angelegt werden. Das ist für zahlreiche Wildbienenarten wichtig, da offene Erd- und Sandstellen für die Eiablage in der Stadt-Landschaft selten geworden sind. Betreut und gepflegt wird das „Sandarium“ später von der Umwelt-AG des Steinbart-Gymnasiums.
Drogen und Toilette: Einige Ärgernisse sind geblieben
In den vergangenen Jahren hat die Stadt den Kant-Park umgestaltet, 97 Bäume gefällt, die Grünfläche insgesamt luftiger und einsehbarer gestaltet. Ziel war es, Versteckmöglichkeiten zu reduzieren und das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Man dachte, die (Drogen-)Szene würde sich nicht mehr wohl fühlen. Der Besuch zeigt allerdings: Geändert hat sich nicht viel. Streetworker haben den Kant-Park in ihre Route aufgenommen und besuchen die Szene regelmäßig.
Auch Ordnungsamt und Polizei sind regelmäßig vor Ort. „Auch wenn sich vieles verbessert hat, gibt es weiterhin uneinsichtige Menschen, die sich nicht an die Regeln halten oder halten wollen. Das Bürger- und Ordnungsamt, die Polizei, das Umweltamt, die Wirtschaftsbetriebe sowie das Lehmbruck Museum arbeiten seit Jahren eng zusammen und haben die Situation ständig im Blick“, heißt es auf Nachfrage von Seiten der Stadt.
Auch interessant
Der städtische Außendienst des Bürger- und Ordnungsamtes sei bis Ende April zwei Mal täglich im Kant-Park unterwegs gewesen. Seit Anfang Mai wurde die Taktung auf drei bis viermal täglich erhöht, teilt die Stadt mit. „Momentan lässt sich noch keine signifikante Verbesserung im Vergleich zu den Vorjahren erkennen. Es ist jedoch ein Rückgang der Störungen in Verbindung mit Alkohol zu erkennen“, sagt ein Stadtsprecher.
Jonas Tepe, Sprecher der Polizei, erklärt: „Der Kant-Park ist ein Ort, an dem es wichtig ist, dass wir als Polizei sehr präsent sind, um Straftaten zu verhindern und das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu steigern.“ Polizisten seien regelmäßig zu Fuß, mit dem Streifenwagen oder auf dem Rad unterwegs, auch in zivil. „Im letzten halben Jahr waren wir neben Streifenfahrten auch zu etwa 30 Einsätzen im Kant-Park, weil Bürger die Polizei gerufen hatten.“ Zum Vergleich: Die Polizei Duisburg hat rund 500 Einsätze pro Tag in der gesamten Stadt. Bei den Einsätzen im Kant-Park ging es um verdächtige Personen, Körperverletzungen oder Streitigkeiten. „In der Regel konnten mit Gesprächen oder Platzverweisen die Situationen vor Ort beruhigt werden.“ Bei festgestellten seien Strafanzeigen geschrieben worden.
Mittlerweile hat der Rat entschieden, dass ein Drogenkonsumraum eingerichtet werden soll. Ein geeigneter Ort wird dafür derzeit gesucht. Susanne Breidenbach und ihre Mit-Gärtner haben immerhin beobachtet, dass sich die Situation im Bereich des Spielplatzes verbessert hat. Dort wurden früher Spritzen gefunden oder die Abhängigen nutzten die Wasserstellen, um ihr Besteck zu säubern. Das sei schon lange nicht mehr vorgekommen.
Das Thema Toilette ist im Vorfeld der Umgestaltung oft angesprochen worden. Doch an der Situation wird sich so bald nichts ändern. Die Stadt argumentiert: „Die Errichtung einer Toilettenanlage wurde aufgrund von fehlenden Finanzmitteln nicht realisiert. Mit der Toilettenanlage im Café Museum wird seit 2018 für die Öffentlichkeit eine ,Nette Toilette’ angeboten.“ Wer also mal muss, kann in Gaststätten und Geschäften, die ein entsprechendes Symbol am Eingang hängen haben, die Toilette benutzen.
Das wünschen sich „Kants Gärtner“ für die Zukunft
Seit der Umgestaltung ist der Kant-Park zwar licht durchlässiger, aber auch kahler. Ein bisschen lauschiger aus Sicht von „Kants Gärtnern“ könnte es gerne wieder werden. Susanne Breidenbach sagt: „Ich würde mir wünschen, dass wieder alles ein bisschen wächst, so dass man nicht immer die Sichtachse zur Straße hat.“ Positiv lasse sich vermerken, dass sich auf den Flächen, die seltener gemäht werden, viel mehr Insekten befinden und die Artenvielfalt gesteigert wurde. Susanne Breidenbach ist zufrieden: „Der Park ist lebendiger geworden, sowohl für die Tiere als auch für die Menschen.“