Duisburg-Altstadt. In einem ausrangierten Linienbus will der Duisburger Verein Herzenswärme Obdachlose versorgen. Doch nun brauchen die Helfer selbst Hilfe.
Was für eine Idee. Am Anfang sind alle begeistert. Dann schläft die Unterstützung beinahe ein. Der Verein Herzenswärme Duisburg wollte eigentlich längst einen ausrangierten Linienbus nutzen, um Obdachlosen in der Innenstadt an zwei Tagen in der Woche eine warme Mahlzeit auszugeben. Doch die Renovierungsarbeiten am Bus gehen mit angezogener Handbremse voran. Der Grund: Es fehlen schlicht Hände.
Der alte Bus der Verkehrsbetriebe Wiesbaden, mit dem später Schulkinder im Großraum Stuttgart rumkutschiert wurden, steht noch immer in einer Halle in Beeck, aufgebockt ohne Räder. An diesem Samstag sind vier statt wie anfangs mehr als zehn Helfer am Werk.
Sven Bexte, der eigentlich Patienten im Krankenhaus von Behandlung zu Behandlung transportiert, schrubbt gerade an der Hinterradaufhängung. Dann kommen Rostumwandler und Schutzfarbe drauf. Sein Vater Ralf Bexte tüftelt an der Schublade mit den großen Batterien. Lastwagenfahrer Kai Friedrichsmeyer ist am Motor zugange. Vereinsvorsitzende Manuela Bexte, die Frau mit großem Herz, versprüht Optimismus. Die Stimmung ist gut.
Duisburger Verein Herzenswärme baut alten Linienbus um
Die 46-Jährige erstand den MAN-Bus von 1998 gemeinsam mit ihrem Mann Ralf vor drei Jahren einigermaßen günstig. „Den haben wir von unserem Geld gekauft, nicht aus Spenden an den Verein“, sagt die Ex-Küchenhilfe und frühere Reinigungskraft. Der Verein will mit dem Bus Obdachlosen, die am Dienstag- und Freitagabend am Schäferturm essen kommen, einen Raum zum Aufwärmen bieten. „Unsere Gäste sitzen dann für ein, zwei Stunden nicht auf dem Präsentierteller und haben Privatsphäre.“
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Zum Glück hat der Bus eine Heizung, die über einen zweiten Dieselgenerator betrieben werden kann. Das wird wichtig im Winter. Ein Obdachloser, der bis vor kurzem auf der Straße lebte, bezeichnete das Gefährt bereits treffend als „Bus der vergessenen Gesellschaft“.
„Viele unserer Gäste fragen immer wieder, wann der Bus kommt“, sagt Bexte. Am Anfang ging sie von sechs Monaten Renovierungszeit aus. „Uns wurde aber ziemlich schnell klar, dass das blauäugig und voller Adrenalin gedacht war.“
Nach einer Corona-Infektion leidet Tüftler Ralf Bexte unter Long Covid
Zu Beginn waren viele mit Enthusiasmus dabei. Dann kam Corona und die meisten Helfer sprangen ab. Zu allem Überdruss infizierte sich Ralf Bexte mit dem Virus und leidet seitdem unter Long Covid. „An einem schlechten Tag reicht die Kraft bei ihm vom Bett zur Coach. Wir leben nur noch von heute auf morgen und können nicht groß planen“, sagt seine Frau Manuela.
Dummerweise ist der 58-Jährige außerordentlich wichtig für das Projekt. Er tüftelt gerne und gut, kann schrauben und schweißen. Beispiel: Der ehemalige Landschaftsgärtner musste mal alte Mülltonnenkästen abmontieren und nutzt nun die Metallteile daraus als Halterung für die Batterien am Bus. Das kostete nur eine Idee und handwerkliches Geschick.
„Es ist so traurig“, sagt Ruth Schuchardt, die von ihrer bft-Tankstelle an der Arnold-Overbeck-Straße aus die Arbeiten beobachtet. „Der Mann will helfen und wird oft allein gelassen. Dabei ist das Projekt so klasse.“ Das Ehepaar Schuchardt betrieb bis Ende 2020 das Reiseunternehmen „Weltenbummler“ in Beeck und stellt dem Verein Halle mit Werkstatt kostenlos zur Verfügung.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ soll groß auf dem Bus stehen
Wo früher die Weltenbummler-Busse standen, parkt nun bereits seit zwei Jahren „Mucki“, wie der Bus liebevoll getauft wurde. Der Name ist aber nicht in Stein gemeißelt. „Wir denken darüber nach, die Namensrechte an Sponsoren zu vergeben“, sagt Bexte.
Der Außenanstrich des Zwölftonners ist schon neu. Das weiß-orange-blau aus Wiesbaden musste weiß-anthrazit weichen. Hier soll künftig auf jeder Seite in großen Buchstaben das Grundrecht „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ stehen.
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Innen ist noch viel zu tun. Überall liegen Werkzeuge, Schleifpapier, Farben herum. Im vorderen Teil werden zwei Edelstahlplatten für die Essenausgabe montiert, günstig bei Ebay erstanden. Zwei Kühlschränke und ein Herd mit zwei Platten werden eingebaut, um im Notfall eine Dose Ravioli oder Kakao aufwärmen zu können. Gekocht wird aber wie bisher in der Freien Christengemeinde in Ruhrort. Mit Spülbecken und einer Dunstabzugshaube wäre die Küche dann fertig. Dann folgen noch Sitzbänke zum Ausruhen, zwei Stehtische und Regale.
Wissen eines Schreiners, Elektrikers und Automechanikers würde helfen
Wann der Bus fertig wird? „Ich bin mittlerweile Realistin und freue mich, wenn er rollt“, so Bexte. Für die Restarbeiten sucht der Verein dringend Unterstützung. Es geht vornehmlich um den Innenausbau und die Stromversorgung, also wären das Know-how eines Schreiners oder Elektrikers gefragt – und natürlich das eines Automechanikers.
ThyssenKrupp Steel hat das Projekt mit 5.000 Euro gefördert. Davon konnten Ersatzteile und Material gekauft werden. „Wir haben von dem Geld noch viel übrig“, so Bexte. Der alte Linienbus hat stolze 943.000 Kilometer auf dem Tacho, mit einem zweiten Motor. Aber das bereitet dem Verein keinen Sorgen. Die mobile Essenausgabe wird künftig allein an zwei Tagen die Woche bewegt. Einen Stellplatz für nachts will Vereinsmitglied Kai Friedrichsmeyer besorgen. Der Lkw-Fahrer bei der Spedition Blüggel in Rheinhausen ist gut vernetzt. Seinem Chef konnte er bereits die erste Füllung des 270 Liter fassenden Tanks aus den Rippen leiern. „Der hat sofort zugesagt“, freut sich der 57-Jährige.
>> Verein Herzenswärme Duisburg sucht dringend Unterstützung:
- Die Helfer treffen sich samstags und sonntags in der Halle an der Arnold-Overbeck-Straße 67 in Duisburg-Beeck.
- Kontakt über die Vereinsvorsitzende Manuela Bexte per Mail an manuela.bexte@gmx.de oder telefonisch unter 0157 36 13 95 19.