Duisburg-Neudorf. Auf einer vielbefahrenen Hauptstraße in Duisburg führt die Stadt Tempo 30 ein. Wie es zu der Entscheidung kam und welche Sorgen Anwohner haben.
Auf der Koloniestraße werden Autofahrer künftig deutlich langsamer vorankommen: Über mehrere Kilometer, genauer gesagt im Abschnitt zwischen Graben- und Kruppstraße, wird Tempo 30 eingeführt. Durch die Maßnahme sollen die Menschen, die an der vielbefahrenen Straße wohnen, vor Lärm geschützt werden.
Koloniestraße in Duisburg-Neudorf: Anwohner klagen über Lärm
Bereits im Januar vergangenen hatten Anwohner einen entsprechenden Bürgerantrag bei der Stadt eingereicht. Die Entscheidung sei dann Ende August 2022 gefallen, so Stadtsprecher Malte Werning auf Nachfrage dieser Redaktion. Zuvor war auf der gesamten Koloniestraße geprüft worden, wie viele Autos täglich über die Straße rauschen. Dabei stellte sich heraus, dass die Straße innerhalb von 24 Stunden von rund 18.000 Fahrzeuge genutzet wird, darunter drei Prozent Lkw. Das sind, grob gerechnet, 6,5 Millionen Fahrzeuge pro Jahr.
Zum Vergleich: Über die Brücke der Solidarität fahren pro Jahr 13,1 Millionen Lkw und Pkw. Aber auch die Ruhrorter Straße nutzen in der Spitze bis zu 9,1 Millionen Fahrzeuge. An der Kardinal-Galen-Straße sind es zwischen 5,4 und 8,8 Millionen.
Die Koloniestraße gehört damit also nicht zu den städtischen Spitzenreitern. Doch bei den Messungen wurden die Grenzwerte für Lärm (70 Dezibel am Tag und 60 in den Nachtstunden, wobei 55 Dezibel in etwa so laut sind wie ein Gespräch oder ein brummender Kühlschrank) überschritten. Deshalb soll künftig zwischen Graben- und Kruppstraße das Tempo gedrosselt werden.
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Der Bürgerverein Neudorf ist mit der Maßnahme „grundsätzlich einverstanden“, sagt Ottmar Birke, Vorsitzender des Vereins. Man habe von den Mitgliedern schon häufiger Beschwerden über Lärm an der Koloniestraße gehört, erzählt der 68-Jährige. „Vor allem wenn unten Lkw über die Straße brummen, klirren oben im Schrank die Gläser.“
Bürgerverein Neudorf: Rückstaus sind zu befürchten
Skeptisch sei man aber wegen der zu befürchtenden Emissionen, die durch das Tempolimit entstehen könnten. „Im Moment kommt man ja ganz flüssig durch“, sagt Ottmar Birke. „Wenn aber alle 30 fahren, könnten Rückstaus entstehen.“
Die Stadt hat da keinerlei Bedenken: „Durch die Temporeduzierung sind zusätzliche Staus nicht zu befürchten“, sagt Sprecher Malte Werning. In der Regel hätten „andere Faktoren“ einen größeren Einfluss auf stockenden Verkehr, „nämlich Parkvorgänge, Halten von Autos in zweiter Reihe, Ein- und Ausstiegsverkehr an Bushaltestellen und die Anzahl Fußgänger oder Radfahrer, die an Kreuzungen queren.“ Zudem solle die Ampelschaltung so angepasst werden, dass sich „Fahrzeitverzögerungen in engen Grenzen halten“.
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Auch die Verbindungsfunktion der Koloniestraße – sie ist ein wichtiger Zuweg unter anderem von Mülheim und der Autobahn A3 in die Stadtmitte – solle erhalten bleiben. „Durch das niedrigere Tempo wird außerdem nicht nur der Lärm reduziert, sondern die Straße auch deutlich sicherer“, beschreibt Werning die Vorteile aus Sicht der Stadt.
Bleibt noch die Frage der Umsetzung. Ottmar Birke ist gespannt, wie viele Autofahrer sich gerade anfangs an das neue Tempolimit halten werden. „Es wird ja dann sicher auch geblitzt, da wird es große Aufruhr geben und sie werden einige erwischen“, prognostiziert der Rentner, der an der Steinbruchstraße lebt. Er geht davon aus, dass vor allem die Anwohner Knöllchen kassieren werden: „Wenn man von auswärts kommt, guckt man ja ganz bewusst auf die Schilder, aber wir fahren ganz automatisch dort lang und müssen uns erst an das neue Tempo gewöhnen.“
>>> Zu viel Lärm an Hauptstraße – welche Maßnahmen gibt es?
- „Grundsätzlich sind verschiedene Maßnahmen denkbar, um Verkehrslärm zu senken. Dazu gehört die (teilweise) Verlagerung des Autoverkehrs, eine Verbesserung des ÖPNV-Angebotes oder eine Ausweitung von Sharing-Angeboten“, erklärt Stadtsprecher Werning.
- Dies alles seien aber Lösungen, die im Fall der Koloniestraße nicht kurzfristig umzusetzen seien und „voraussichtlich auch nicht den gewünschten Effekt erzielen“ würden.
- „Auch eine Umgestaltung der Koloniestraße, zum Beispiel indem der Straßenquerschnitt neu aufgeteilt wird, kommt zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage“, sagt Werning. Die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer sei hingegen eine direkt wirksame Maßnahme.