Duisburg. Galeria in Duisburg steht vor der Schließung. Der Ausverkauf endet zeitnah. Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft – und suchen Jobs.

„Nur noch 2 Tage“ steht im Schaufenster der Galeria in Duisburg, dann soll das traditionsreiche Warenhaus an der Düsseldorfer Straße seine Türen für immer schließen. Wenn bis Samstag keine Ware mehr da ist, könnte die historische Schließung sogar vorverlegt werden.

Die Rolltreppen stehen bereits still, das markante Geräusch der laufenden Stufen ist längst verstummt. Bis auf das Erdgeschoss erinnern die übrigen Etagen schon an einen verlassenen Ort. Der Rückbau hat begonnen. Parterre wird noch das Sammelsurium an Dingen, die bislang keinen Käufer gefunden haben, mit bis zu 90 Prozent Rabatt angeboten.

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Alles muss raus, so lautet die Devise seit dem Mitte März verkündeten Aus. Und fast alles wurde bereits verkauft. Am Donnerstagmorgen sind die Schmuckvitrinen leer, lediglich wenige Ringe sind noch zu haben. An Kleiderstangen hängen Hosen, es gibt Wühltische mit Unterwäsche. Ladenhüter sind die wärmenden Mützen. An den Winter mag bei diesen Temperaturen wohl niemand denken. Es gibt Karten für feierliche Anlässe und Konfetti. Wie unpassend.

Galeria in Duisburg: Mitarbeiter vor ungewisser Zukunft

Trotz des spärlichen Angebots wittern viele Kundinnen und Kunden noch ein Schnäppchen. Der Trubel im Erdgeschoss ist groß, vier Mitarbeiter stehen an den Kassen. Statt der Stammbelegschaft bedienen derzeit Beschäftigte von drei Zeitarbeitsfirmen. So war es auch in den vergangenen Wochen, um den Abbau von Urlaubstagen zu ermöglichen.

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die Situation belastend, erklärt die stellvertretende Betriebsrätin Anja Dobroschke. Sie müssen dabei zuschauen, wie das Haus zerlegt wird. Wie die gemeinsame Vergangenheit verschwindet – und viele vor einer ungewissen Zukunft stehen: Ein Großteil der Kollegen habe bislang keine neue Anstellung gefunden.

64 Beschäftigte zählte die Belegschaft zuletzt. Neben den Auszubildenden, die bei Karstadt im Forum untergekommen sind, wird nur eine Mitarbeiterin weiter bei Galeria – in einer Filiale in Bonn – beschäftigt bleiben. Ein paar wenige gehen in den Vorruhestand. Für den Rest bedeutet der Abschied einen beruflichen Neuanfang.

Fachkräftemangel? Beschäftigte erleben „Bewerbungsmarathon“

„Sie erleben einen Bewerbungsmarathon“, sagt die Betriebsrätin. Ihre Chancen, rasch einen neuen Job zu finden, stünden wegen des Fachkräftemangels zum Glück gut, war stets aus der Politik zu hören. Die Realität sei eine andere: „Der Handel sucht Fachkräfte – möchte sie aber nicht gut bezahlen.“ Tarifflucht ist das Stichwort.

Das größte Plus für die langjährigen Beschäftigten ist aber ihr Fachwissen, ihre gute Ausbildung. Doch Erfahrung geht auch einher mit einem hohen Alter der Belegschaft – und mit dem Alter sinken die Chancen auf einen Wiedereinstieg.

Jobmessen seien organisiert worden, Unterstützung haben auch die Agentur für Arbeit und die Stadt Duisburg zugesichert. Angeklopft hatten Krankenkassen, die Deutsche Bahn, Möbelgeschäfte und auch Vorwerk. Trotzdem wartet wohl erstmal auf viele der Betroffenen die Transfergesellschaft. Dabei orientieren sich die Beschäftigten bei ihrer Suche deutlich breiter, sie seien nicht nur auf den Einzelhandel fixiert. „Es gibt Mitarbeiter, die abends Word- und Excelkurse belegen“, erklärt Dobroschke.

Anfang April und kurz nach Erhalt der Kündigungen hatten die Mitarbeiter der Galeria Kaufhof vor dem Warenhaus protestiert und auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Noch immer sind viele ohne neue Stelle.
Anfang April und kurz nach Erhalt der Kündigungen hatten die Mitarbeiter der Galeria Kaufhof vor dem Warenhaus protestiert und auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Noch immer sind viele ohne neue Stelle. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Galeria hat „Empathie“ gefehlt – großer Zusammenhalt der Mitarbeiter

Das nahende Ende führt automatisch zu Rückblicken: Vonseiten des Konzerns habe am Ende die „Empathie“ gefehlt, kritisiert die Betriebsrätin. Sie erinnert an das Kündigungsschreiben, in dem der Warenhauskonzern den langjährigen Beschäftigten nicht mal Glück für die Zukunft gewünscht hatte.

Und trotzdem sagt sie: „Nachtreten ist nicht. Ich wünsche, dass das Unternehmen bestehen bleibt.“ Sie denkt dabei auch an die Kollegen in den Warenhäusern, die eine Zukunft, eine erneute Chance erhalten und eine „solche Phase“ nicht durchleben sollen.

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„Geweint wurde viel“, sagt die Betriebsrätin über die Zeit seit der Entscheidung. Seit 1985 ist sie an der Düsseldorfer Straße tätig. Damals stand noch „Horten“ an der Fassade. Viele ihrer Kollegen blicken auf eine ähnlich lange Betriebszugehörigkeit. Zusammen haben sie viel erleben dürfen. Haben Hochzeiten gefeiert, um Kollegen getrauert und sich in schwierigen Phasen beigestanden. Erlebnisse wie aus einem Familienalbum. „Das geht einem auf den letzten Metern durch den Kopf.“

Nach der Schließung der Filiale wird das Team noch einmal gemeinsam an all diese Momente erinnern wollen, vor allem an die schönen. Am 24. Juni plant die Belegschaft eine Abschiedsfeier. „Wir kommen noch einmal alle zusammen. Das werden wir genießen.“

>> JOBS FÜR GALERIA-MITARBEITER

Unternehmen in Duisburg und Umgebung, die den Beschäftigten der Galeria ein Jobangebot unterbreiten möchte, können sich per E-Mail an die Betriebsrätin wenden: anja.dobroschke@web.de. Sie will die Ausschreibungen an die noch suchenden Kollegen weiterleiten.